„Große Klappe und nichts dahinter.“ – Uli Edels Filmbiografie „Zeiten ändern Dich“ von, mit und über (Selbst)Darsteller Bushido

Nach der Schlägerei in der Schule wird Anis (Elyas M ´Barek) von einem älteren Mann auf der Straße gefragt, was mit dem anderen an dem Streit beteiligt Kind sei. „Krankenhaus“, erwidert Anis. Der alte Mann nickt anerkennend. Die fragwürdige Szenen steht emblematisch für das Wertverständnis, welches Edel in seiner filmischen Biografie Bushidos anwendet. Verurteilt wird nicht Gewalt, sondern Schwäche. Wer am härtesten draufhauen kann, verdient Respekt. Nur Busidos Vater (Adolfo Assor) nicht, der die Mutter (Hannelore Elsner) misshandelt hat, doch ihm wollte Bushido schon als 3-jähriger Einhalt gebieten. Ein Brief des Vaters gibt den Auftakt zu einer Rückblende in die Kindheit und Jugend Bushidos, der nach einer Vorstrafe wegen Drogenbesitzes zum erfolgreichen Musiker Aufstieg. Dass der Begriff ‚Opfer‘ als eine der geläufigsten Beschimpfungen verwendet wird, ist anhand der Gewaltbereitschaft der Protagonisten, welche der Film bedenkenlos romantisiert, logisch. Dass der Hauptcharakter ein Opfer war, darf natürlich niemand denken. Trotzdem war alles, was in Bushidos Leben schief lief, die Schuld der anderen, die von Anfang an gegen ihn waren. Eine selbstkritische Perspektive nimmt der Rapper auch gegenüber seiner Dealer-Vergangenheit nicht ein. Er war jung und brauchte das Geld. Das versteht sogar Mama, der er die Lukrativität des Drogenhandels am Küchentisch erklärt, und zahlt bereitwillig das Startkapital.

Dass er mit Drogen handelte, wird so nebenher inszeniert, als würden hier Überraschungseier getauscht. Geld, Gras, geile Bräute. Gleich drei Dinge auf einmal. Mit sechzehn hat Bushido alles – angeblich. Sein Erfolg ist so unglaubwürdig inszeniert wie der Drogenkonsum in „Zeiten ändern Dich“. Wer an einem Joint zieht, führt sich auf wie ein Protagonist aus „Reefer Madness“. Womöglich hat der Rapper im wahren Leben Gras nur auf der Wiese gesehen. Und die Frauen? „Ich hätte sie alle haben können.“, behauptet Bushido. Jede will mit ihm ins Bett. Alles Schlampen. Die verdienen Null Respekt. Der Junge von der Straße verliebt sich in ein Mädchen aus gutem Hause.Weil Bushidos Familie gut gestellt ist, müssen die Eltern des Mädchens in einer schicken Villa mit Butler und Köchin sitzen, um Bushido unterprivilegiert wirken zu lassen. „Bist du arm“ ist ja auch eine Beschimpfung. Als wäre mit den Reichen an einem Tisch sitzen zu müssen für Bushido nicht Kränkung genug, äußert der Familienvater diskriminierende Vorurteile über „Ausländer“. Bushido wirft ihm mit Drogen verdientes Geld hin, anstatt den Affront verbal zu parieren.

Die Vorurteile ihm gegenüber aufgrund seines familiären und sozialen Hintergrunds, welche Bushido den andern vorwirft, bestätigt er in „Zeiten ändern Dich“ indirekt: krimineller Jugendlicher mit Emigrantenhintergrund, schlechter Schüler, Drogendealer, gewalttätig und was wird er mal? Ein Gangster-Rapper, dessen Texte der Alptraum der FSK sind. Nur wirkt sein Verhalten infantil statt Respekt einflößend. Selbst seine Freundin kann seine Großtuerei nur belächeln: „Du bist ganz schön krass unterwegs.“ Leider auch im Kino.

Titel: Zeiten ändern Dich

Land/ Jahr: Deutschland 2010

Genre: Drama

Kinostart: 4. Februar 2010

Regie: Uli Edel

Drehbuch: Bernd Eichinger

Darsteller: Bushido, Moritz Bleibtreu, Hannelore Elsner, Katja Flint, Uwe Ochsenknecht, Fler, Kaye One, Karoline Schuch

Laufzeit: 94 Minuten

Verleih: Constantin

www.zeiten-aendern-dich.de

www.constantin.de

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