Uns schienen die Aufstellung der Mannschaft und der Spieleifer in etwa gleich. Beide Mannschaften waren gut aufgelegt, aber insgesamt hatten die Mainzer einen größeren Zusammenhalt, blieben als Mannschaft geschlossener, während bei der Eintracht einzelne Spieler eine eigene Klasse entfalteten und so das Spiel würzten. Beispielsweise fiel auf der linken Seite immer wieder Ümit Korkmaz auf, der pfeilschnell am Ball war, richtig gut seine Gegner austrippelte, dann aber öfter sich den Ball abnehmen ließ oder falsch abgab, so daß der Eindruck entstand, der Mann braucht tatsächlich Spielpraxis, damit sich seine guten Anlagen entfalten können. Dies scheint Trainer Michael Skibbe wohl auch so zu sehen, denn es ist auffällig, daß die Nummer 11 endlich mitspielen darf, noch dazu von Beginn an. In der sechsten Minute wäre das erste Eintrachttor fällig gewesen, als Zlatan Bajramovic einen Knallschuß rechts am Tor vorbeidonnerte. Und so kam es in diesem Speil öfter. Die Schußfreudigkeit war groß, aber die Trefferquote gering.
Trotzdem waren erst einmal alle zufrieden, daß das Derby sich so gut anließ. Bis auf die Peinlichkeit für die Mainzer Fans, schon in der 7. Minute durch verbotenes „Abbrennen von Pyrotechnik“ einen solchen Rauch zu entwickeln, daß das Spielfeld von oben nicht mehr durchgängig sichtbar blieb. Dumme Jungensstreiche und unnötig dazu. In der 9. Minute gab es das zweite Fast-Tor für die Eintracht. Nikos Liberopoulos, ein wendiger und torgefährlicher Spieler, köpfte blitzschnell und in die richtige Richtung, aber der Mainzer Tormann Heinz Müller klärte sagenhaft gut, so daß Szenenapplaus für beide galt. Gleich drauf waren die Mainzer vor dem Frankfurter Tor, aber Chadli Amri, der sich freigespielt hatte und mutterseelenallein alle Chancen für sich hatte, schoß nicht knapp, sondern weitläufig vorbei. In diesen beiden Szenen zeigten sich die Gemeinsamkeit und die Differenz beider Parteien. Spielfreudig waren beide Mannschaften, die Mainzer zudem oft im Mannschaftsspiel überlegen, aber bei den Einzelaktionen waren die Eintrachtler erfolgreicher und auch pfiffiger.
So war das erste Tor nach weiteren Fast-Toren in der 14. Minute und danach, einer richtig schönen, wenngleich erfolglosen Dreierkette bei der Eintracht in der 27. Minute dann in der 29. Minute endlich da: Marco Russ hatten einen geschmeidigen Paß butterweich nach innen gegeben und Außenverteidiger Maik Franz stand richtig, nahm den Ball paßgenau auf und schoß unhaltbar zum 1:0. Kein sensationelles Tor, aber ein richtig schönes. Das war es dann erst einmal auf Frankfurter Seite. Statt Druck zu machen und die Heimhoheit auszunutzen, ließen die Frankfurter den Ball erst einmal laufen und es waren die Mainzer im Ball Behalten und ergebnislos in den eigenen Reihen Bewahren, einfach besser. Was nichts bringt, aber gut aussieht.
Immerhin versuchten sie es, denn neben der Chance, die Niko Bungert in der 52. Minute zum Ausgleich hatte, war es vor allem Tim Hoogland in der 70. Minute, der einen gut gezielten Schuß abgab, der für Eintrachttormann Oka Nikolov genau richtig kam, um wieder einmal zu zeigen, wie wach und abwehrmächtig er ist. Maik Franz auch, denn der ließ kaum eine Gelegenheit aus, seine Gegner so richtig hochzubringen, verbal und auch im Kerngeschäft: der Abwehr. Seine Rolle war auf Mainzer Seite auf die Nummern 22 und 23 verteilt, auf Chadli Amri und Aristide Bancè. Erstere mußte dann in der 68. Minute das Feld räumen. Schwer zu kommentieren, ob das nötig war. Auf jeden Fall hatten die Mainzer dann mit zehn Mann alle zu tun, das nächste Tor zu verhindern, kamen zu wenig zum eigenen Torschuß und mußten sich in der 90. Minute dann auch noch durch Alexander Maier das 2:0 gefallen lassen. Wie gesagt: Glück gehabt. Die Eintracht.
Wenn anschließend der Chef der Mainzer, Christian Heidel, sagte: „Eigentlich hätte Mainz 05 als Sieger vom Platz gehen müssen.“, nimmt er die gute spielerische Leistung seiner Mannschaft auf, vergißt aber hinzuzufügen: „Ohne Tore kann man nicht gewinnen“. Daß trotz der 3 Punkte für die Eintracht – wichtig, wichtig! – dennoch Mainz noch immer mit einem Punkt um einen Platz vor der Eintracht auf Position 9 rangiert, zeigt, wie begründet die Mainzer Hoffnungen vor dem Spiel waren, einen Sieg ins benachbarte Mainz mitzunehmen. Pech gehabt.