Inspiriert vom wohl bekanntesten Buch über Nahtod-Erfahrungen aus dem Jahre 1979, Raymond Moodys “Leben nach dem Tod”, arbeitet Coppes seither als Wirtschaftsbeobachter und engagiert sich in der Society for Worldwide Dentistry. Seit 2008 ist er Präsident der International Association for Near-Death-Studies (IANDS) in den Niederlanden.
Wir stecken in einer Sackgasse, stellt Coppes in seinem flott lesbaren Sachbuch eingangs fest. „Wir haben uns zu lange um unseren kurzfristigen Eigennutz gekümmert und dadurch eine Gleichgültigkeits-Gesellschaft geschaffen.“ Die gute Nachricht ist, so formuliert der Autor wenig später, „Wir werden uns ändern.“ Wenn wir intensiv daran arbeiten, solche Krisen zu vermeiden, können wir eine weniger selbstsüchtige Welt erleben. Die Quelle dieser Erkenntnisse bilden für Coppes die außergewöhnlichen Nahtod-Erfahrungen gewöhnlicher Menschen, die er gesammelt und ausgewertet hat.
Ausgehend von positiven außerkörperlichen Erfahrungen, denn die beschriebenen Phänomene treten nicht ausschließlich unter lebensbedrohlichen Umständen auf, berichten die Betroffenen von erlebter „bedingungsloser Liebe des LICHTS“. Das klingt so toll wie verrückt und der unvoreingenommene Leser wäre wohl dafür begeisterungsfähig, wenn in kurzen Abschnitten wie diesem nicht auf jeder fünften Zeile die Erkenntnis wiederholt werden würde. Zu den bereits von anderen geschilderten Merkmalen eines Nahtod-Erlebnisses wie Tunnel, Lichtwesen und Lebensrückblick kommen bei Christophor Coppes zwei wesentliche neue Erkenntnisse hinzu: die „dunkle Seite“ der geistigen Welt sowie die Überschreitung des irdischen Zeit-Verständnisses.
Lesen sich die liebenden Auswirkungen des Lichts, das umfassende Gemeinschaftsgefühl und die (selbst)heilenden Fähigkeiten Nahtod-Reisender noch sehr erfreulich bis stimulierend, beginnen den Leser schon bei den Vorahnungen und Zeitverschiebungen, die von vielen Betroffenen erlebt werden, mulmige Gefühle zu beschleichen. Bedrückend wird es mit dem Abschnitt „Negative Dunkelheit – es gibt sie wirklich.“ Hier ist von Nahtod-Erfahrungen die Rede, die mehr oder weniger intensiv ins Dunkle führten. Ohne Liebe und ohne Licht erging es den „Reisenden“ schrecklich, die dort verbrachte Zeit wurde zu einer bleibenden Belastung. Niemand kennt den wahren Grund dafür, wer welche Erfahrungen durchmacht, stellt Coppes fest, schlägt dennoch drei Erklärungs-Modelle vor; Zufall, Abkehr vom Licht mit dem einschneidenden Beispiel des Freitodes und Heilung. Insbesondere die Wiedergabe der Freitod-Erfahrungen erweckt schlichtweg Furcht.
Die Mischung aus allumfassender Zusammengehörigkeit gegenüber einem erreichten Katastrophenzustand auf Erden und dem Wechselbad von bedingungsloser Liebe oder Höllenqualen in einer Jenseits-Vorstellung erzeugt eine Polarisierung, die in quasi-religiöse Bereiche abrutscht. Etwas mehr Distanz und weniger Ratschläge/Wiederholungen hätten dem Bericht gut getan, es steckt einiges an beachtenswerten wie poetischen Gedanken in diesen Ausflugsberichten in eine völlig fremde Galaxie.
Christopher Coppes, Der Himmel ist ganz anders, Nahtod-Erfahrungen, 192 Seiten, Aquamarin Verlag, 2012, 17,95 €