Ein wenig Terror für die Nerven war es, nach der unüblich früh beginnenden Pressevorführung des überlangen Films ins Ritz Carlton zur Pressekonferenz zu eilen. Wegen außergewöhnlichen Andrangs könnten nicht alle Medien berücksichtigt werden, hieß es. Eine Warteschlange länger als die zur Pabstaudienz bildete sich jedoch nicht. Nicht einmal die Vertreter des Verlages der Buchvorlage “Die Päpstin”, der in Berlin beheimatete Aufbau Verlag, mussten mit Presseexemplaren geizen. Trotz Neuedition, quasi als unterhaltungsliterarischer Dreifaltigkeit, in zwei bebilderten Variationen und einer “Geschenkedition”. Geschenkeditionen atmen den Geist der Selbstkasteiung: “Das schöne Exemplar bitte einpacken. Das stinknormale ist für mich.“ Regisseur Sönke Wortmann, Produzent Martin Moskowicz und Donna Woolfolk Cross, Autorin der Romanvorlage, saßen einer übersichtlichen Journalistenmenge gegenüber. Ungeschickt konterte Produzent Martin Moskowicz die schmeichelnde Eröffnungsfrage nach der Zusammenarbeit mit dem Filmverleih, welcher mit “Der Name der Rose”, “Das Geisterhaus” und “Das Parfum” erfolgreiche Romanverfilmungen vermarktet hat: “Dass das alles Bestseller waren, war nicht ausschlaggebend.” Warum hochgelobte, aber auf dem Markt erfolglose Bücher bisher nicht auf der Verfilmungsliste standen, bleibt rätselhaft.
Um Geld geht es weiterhin: wie viel es kostete, “Die Päpstin” zu drehen? Moskowicz folgt dem Schweigegelübde, ob selbst oder fremd auferlegt. Man würde den Produktionswert in Ausstattung und Kostümen sehen. Im finsteren Mittelalter kleideten sich einfache Bauern offenbar sehr kostbar, glaubt man den Filmemachern, dass es ihnen “Wirklich schwer fiel, die neuen Sachen zu zerreißen und in den Schmutz zu werfen, damit sie realistisch aussehen.” Realistisch war ansonsten wenig in “Die Päpstin”. Auch nicht die Schlachten, die Regisseur Wortmann ganz entspannt inszenierte: “Da sitz ich in meinem Stuhl und schau erst mal zu. Da gibt es ´nen Schlachtenkoordinator und das ist verhältnismäßig leicht.“ Wenn Leute reden, sei es schwieriger. Wie wahr. Bei den Gefechten kämpften auf der Kinoleinwand ähnlich wenige Soldaten, wie Journalisten um Plätze bei der Pressekonferenz. Obwohl die Besetzungsliste laut Pressetext “sich wie das `Who ´s who? ´ Hollywoods liest”. Zutreffend, falls dies meint, man brauche das Personenlexikon, um die meisten Darsteller zu kennen. Ein Hollywoodstar ist Johanna Wokalek kaum, David Wenham spielt für “Die Päpstin” wie meist eine Nebenrolle, Ian Glen kämpfte sich durch “Lara Croft: Tomb Raider” und zwei “Resident Evil” – Filme und Anatole Taubmann erwartet seinen Durchbruch noch mit der Verfilmung Ridley und Tony Scotts von “Die Säulen der Erde”. Noch ein Bestseller.
Zu Verhaspelungen aufgrund der Namensgleichheit der Päpstin und ihrer Darstellerin kam es nicht. Johanna wurde zu “Joan” anglisiert. Womöglich, um Assoziationen mit der realen Geschichtsfigur Joan of Arc wie Jean D ´Arc im Englischen heißt, zu wecken und so neben den Buchausgaben die Johannas – Wokalek, “Die Päpstin“, von Orleans – zur Dreifaltigkeit auszubauen. Oder, um den amerikanischen Charakter der Filmproduktion zu betonen. Wie es für einen amerikanischer Serienstar sei, in einer deutschen Produktion mitzuwirken, fragt die englische Journalistin John Goodmann. Der imposante Komiker bringt als einziger Humor mit: “Ich durfte keine Sonnenbrille tragen.” Donna Woolfolk Cross hingegen nimmt ihren Fantasieroman ernst. Als sei “Die Päpstin” in der Realität totgeschwiegen worden, spricht sie über ihre “Recherche“. Ihrem Roman soll das nicht widerfahren “Wenn die katholische Kirche etwas gegen das Buch sagt, werden sich umso mehr Kopien verkaufen. Dan Browns Roman verbot die Kirche auch.” Kritisch sehen die Kirche anscheinend weder Romanautorin noch Hauptdarstellerin Johanna Wokalek: “Ich denke, dass etwas über uns gibt. Und so ist es.“ Das obere Stockwerk des Ritz Carlton meint Wokalek damit wohl nicht. Warum “Die Päpstin“ Selbstverleugnung und Asexualisierung als Weg und Konsequenz ihrer Macht inszeniert? Und vorgibt, eine weibliche Selbstverwirklichungsgeschichte zu sein, jedoch die Päpstin Johanna für das Ausleben ihrer Sexualität bestraft? Wenn eine Frau bis an die Spitze aufsteige, sei dies immer irgendwie selbstsüchtig. “Das spricht viele Frauen an und Johannas Rolle ist sehr inspirierend für viele Frauen.” Bis dank ihrer Inspiration eine Päpstin im Vatikan einzieht, verlässt sich die Autorin auf irdische Güter und schreibt an ihrem nächsten Historienroman. Da hilft nur beten, dass sich “Die Päpstin” auf dessen Absatz nicht auswirkt, wie auf den der zur Pressekonferenz ausgegebenen Verlagsexemplare. Zum Ende ist keines vergriffen. Nicht einmal die Geschenkedition. Manche Bücher tut man seinem ärgsten Feind nicht an.
Romanvorlage erschienen in verschiedenen Editionen im Aufbau Verlag, Berlin.
Titel: Die Päbstin
Start: 22. Oktober
Regie und Drehbuch: Sönke Wortmann
Darsteller: Johanna Wokalek, Ian Glen, David Wenham, Edward Patherbridge, John Goodmann
Verleih: Constantin
www.paepstin.film.de
www.constantin.com