Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Berg an Demokratie zerstörenden Gesetzen, die von Innenministerin Nancy Faeser auf den Weg gebracht werden, wird von Monat zu Monat höher. Aber endlich merken manche, was da eigentlich geschieht ‒ obwohl der Abgrund, in den man da blickt, noch tiefer ist.
Langsam (und, so steht zu befürchten, viel zu spät) beginnt zumindest in Teilen der deutschen Öffentlichkeit eine Debatte über das Unheil, das die Gesetze aus dem Hause von Bundesinnenministerin Nancy Faeser über das Land bringen. So gab es vor einigen Tagen einen Artikel in der Neuen Zürcher Zeitung, der die Änderungen des Beamtendisziplinarrechts thematisierte, und einen in der Berliner Zeitung, der die Öffentlichkeit darüber informiert, dass der Deutsche Beamtenbund wie die Deutsche Polizeigewerkschaft die gesetzlichen Änderungen kritisch sehen.
Wenn man einen Blick in das Bundestagsprotokoll über die Debatte zu diesen Änderungen wirft, eröffnet sich ein interessanter historischer Horizont, der in diesem Zusammenhang auch deshalb wichtig ist, weil man am Ende dieser Betrachtung an einen Punkt gerät, der den wahren Charakter dieser rechtlichen Maßnahme klar erkennen lässt. Und, nur nebenbei, Ministerin Faeser, nicht nur studierte Juristin, sondern auch langjähriges Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ), müsste mit diesen Zusammenhängen bestens vertraut sein und kann sich keinesfalls auf Ahnungslosigkeit herausreden.
Der Kern der Änderungen lässt sich recht kurz zusammenfassen. Die „Entfernung aus dem Beamtenverhältnis“ wird bedeutend erleichtert, es braucht dafür kein gerichtliches Verfahren mehr, sondern ist durch eine Verordnung möglich. Die Formulierung zur Treuepflicht wird in diesem Zusammenhang erweitert hin zu einer „Pflicht des Beamten“, „sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten“. Die Verordnung, die aus dem Dienst entfernen soll, hat sofort zur Folge, dass die Bezüge gekürzt werden, und auch ehemalige Beamte können diszipliniert werden, was bisher nicht möglich war.
Aber gehen wir in das Protokoll. Der Solinger SPD-Abgeordnete Ingo Schäfer, dessen Biografie sich liest wie aus einem alten sozialdemokratischen Musterbuch (Schlosser, dann Feuerwehrmann, Personalrat) hielt als Redner der größten Regierungsfraktion den ersten Beitrag, und schon dieser zieht die erforderlichen Verbindungslinien. Nachdem er auf einen Einwurf der AfD-Abgeordneten Storch mit dem Satz erwidert, „glauben Sie mir, da ist auch ein richtig schöner Passus für Sie dabei“, zitiert er aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts: „Die Treuepflicht fordert vom Beamten – so hat es das Bundesverfassungsgericht festgestellt, ich zitiere –: ‚dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.'“
Zynisch könnte man sagen, da ist er wieder bei Willy Brandt, allerdings bei dessen finsterer Seite. Das Zitat, das Schäfer anführt, stammt nämlich aus einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 1975; in diesem konkreten Fall ging es um einen Jurastudenten, der nach dem ersten Staatsexamen wegen der Berufsverbots-Regelungen aus dem Jahr 1972 nicht zum Referendariat zugelassen wurde.
Was Schäfer nicht erwähnt, was aber zu diesem Zitat und seiner historischen Bedeutung dazugehört, ist die jahrelange Auseinandersetzung, die auf die Einführung der damals „Radikalenerlass“ genannten Regelung folgte, die letztlich zumindest juristisch durch einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Jahr 1995 endete. Und zwar gegen den von Schäfer zitierten Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, der damit, so die Rechtshierarchie, nicht länger gültig ist.
Dieser Beschluss aus dem Jahr 1975 hatte unter anderem deshalb weitreichende Folgen, weil er den Begriff der Verfassungsfeindlichkeit juristisch etablierte. Weshalb seine Aufhebung im Jahr 1995 eigentlich auch eine Debatte um diesen Begriff hätte anstoßen müssen; allerdings war damals der Höhepunkt der Bewegung gegen die Berufsverbote schon längst vorüber, nach wie vor hatten einige Bundesländer die berüchtigte Regelanfrage beim Verfassungsschutz im Repertoire, und ohnehin hatte der gesamte politische Diskurs in Deutschland nach 1989 schon den Rückmarsch in die Adenauer-Jahre angetreten. Dennoch, in weiten Teilen der Republik war der Radikalenerlass erst einmal vom Tisch. Bis ihn Frau Faeser wieder aus der Schublade holte.
Nachdem in einigen westdeutschen Bundesländern sogar die Mitgliedschaft bei den Jusos genügen konnte, um den Radikalenerlass anzuwenden, müsste Frau Faeser innerhalb der ASJ noch einigen damaligen Opfern begegnet sein, die ihre juristische Ausbildung oft nur durch einen Wechsel in ein anderes Bundesland beenden konnten. Der ausgeprägte Mangel an juristischem Sachverstand, der mittlerweile das auszeichnet, was als bundesdeutsche Linke übrig geblieben ist (und dabei meine ich den Teil, der nicht mit Jubelaufzügen für die Regierung befasst ist), ist auch eine Folge der Berufsverbote, die nicht nur den Zugang zum letzten Abschnitt der Ausbildung erschwerten, sondern auch dazu beitrugen, einen ganzen Flügel deutscher Rechtstradition aus den akademischen Institutionen zu entfernen.
Aber zurück zur Vorgeschichte der Faeser’schen Berufsverbote. In dem Urteil von 1975 wird ein Beschluss der Bundesregierung vom 19. September 1950 zitiert. Der Zweite Weltkrieg ist gerade fünf Jahre vorbei. Im Mai desselben Jahres wurde ein Beamtengesetz verabschiedet, das folgenden Satz beinhaltete: „Die im Dienste des Bundes stehenden Personen müssen sich durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsauffassung bekennen.“ Das war noch die unschuldige Version. Der Regierungsbeschluss geht aber deutlich weiter: „Die Gegner der Bundesrepublik verstärken ihre Bemühungen, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu untergraben. Jede Teilnahme an solchen Bestrebungen ist unvereinbar mit den Pflichten des öffentlichen Diestes. Alle in unmittelbarem oder mittelbarem Bundesdienst stehenden Personen haben sich gemäß § 3 des vorläufigen Bundespersonalgesetzes durch ihr gesamtes Verhalten zur demokratischen Staatsordnung zu bekennen. Wer als Beamter, Angestellter oder Arbeiter im Bundesdienst an Organisationen oder Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Staatsordnung teilnimmt, sich für sie betätigt oder sie sonst unterstützt, wer insbesondere im Auftrage oder im Sinne der auf Gewalthandlungen abzielenden Beschlüsse des 3. Parteitages der kommunistischen SED und des sogenannten ‚Nationalkongresses‘ wirkt, macht sich einer schweren Pflichtverletzung schuldig.“
Ausformuliert wird hier von der „demokratischen Staatsauffassung“ erst auf die „demokratische Grundordnung“ erweitert, dann auf „die freiheitlich demokratische Staatsordnung“, und zum Schluss wird eindeutig geklärt, gegen wen sich dieser Beschluss richtet: gegen Kommunisten im Staatsdienst.
Man kann diesen Beschluss, der tatsächlich dazu diente, Kommunisten aus dem Staatsapparat der Westrepublik zu entfernen (in den sie gekommen waren, weil man bei ihnen sicher sein konnte, keine Nazis zu beschäftigen, und wir reden hier von den originalen Verbrechern), nicht lesen, ohne gleichzeitig den Artikel 131 Grundgesetz zu erwähnen, der – ja, Geschichte reimt sich – am 1. April 1951 in Kraft getreten ist und alle Nazibeamten auf ihre alten Positionen zurückbeförderte. Das Bundesverfassungsgerichtsurteil, auf das sich Schäfer bezog, berief sich seinerseits auf einen Regierungsbeschluss (kein Gesetz, sondern reines Exekutivhandeln!), der über das Prinzip „Rot raus, Braun rein“ eine der entscheidenden Weichenstellungen der jungen Bundesrepublik vornahm. In diesem Zusammenhang sollte man vielleicht darauf hinweisen, dass im westlichen Nachbarland Frankreich die Kommunistische Partei immer wieder Teil der Regierung war.
Selbst überzeugten Anhängern des Grundgesetzes müsste eigentlich die schrittweise Erweiterung in diesem Beschluss sauer aufstoßen. Das Grundgesetz, immerhin nicht durch ein Referendum zu Verfassungsrang erhoben, konnte Legitimität nicht anders als durch die Praxis erlangen. Nach eineinhalb Jahren eine Treue einzufordern, die über die im Beamtengesetz verlangte Zustimmung zur demokratischen Staatsordnung hinausgeht, entbehrt nicht einer gewissen Absurdität.
Noch dazu, weil das, was die Adenauer-Regierung, um deren Beschluss es sich dabei handelt, an den Kommunisten besonders störend fand, zwei Punkte waren: Der Erste war das Bestehen auf einer deutschen Einheit, der Zweite war die Ablehnung der Wiederbewaffnung. Einen Monat nach dem oben zitierten Regierungsbeschluss sollte einer der ehrenhaftesten Politiker in der Geschichte der Bundesrepublik, der damalige Innenminister Gustav Heinemann, wegen der Wiederbewaffnung seinen Rücktritt einreichen. Adenauer, der sich schon zu Weimarer Zeiten den Franzosen verdingt hatte, wollte vor allem die von ihm eingeleitete Spaltung zum Zwecke der Westanbindung absichern. Was den obigen Beschluss wie auch den Artikel 131 als logische Konsequenz mit sich brachte.
Aber damit, wahrzunehmen, dass sich eine sozialdemokratische Bundesregierung im Jahr 1972 durch kommunistische Lokführer und Adenauer durch Bestrebungen zur deutschen Einheit bedroht fühlten, und die Aussage von Ingo Schäfer durchaus zutreffend zu diesen historischen Vorbildern führt, ist man noch lange nicht am Ende oder vielmehr Ausgangspunkt dieser Geschichte angekommen, auch wenn die Folgen des Beschlusses von 1950 einen deutlichen Hinweis geben, welche Folgen derartige Bestimmungen in der deutschen Geschichte hatten. In der Bewegung gegen die Berufsverbote wurde immer wieder auf ein weiteres Gesetz verwiesen, das in seiner vollen Pracht erst von den aktuellen Änderungen erreicht (und in Details sogar übertroffen) wurde.
„Beamte, die nach ihrer bisherigen politischen Betätigung nicht die Gewähr dafür bieten, daß sie jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten, können aus dem Dienst entlassen werden.“
Richtig, es handelt sich um das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933. Ein Gesetz, dem Frau Faeser im Zuge ihrer juristischen Ausbildung begegnet sein muss, es handelt sich dabei nämlich um das Gesetz, mit dem die Nazis den staatlichen Apparat unter Kontrolle brachten – schlicht, indem sie auf Grundlage eines unscharfen Rechtsbegriffs („jederzeit rückhaltlos für den nationalen Staat eintreten“) mögliche Gegner aus diesem Apparat entfernten. Die Erweiterung auf das Verhalten außerhalb des Dienstes nimmt die aktuelle Regelung genauso vor, wenn auch mit einer etwas anderen Formulierung: „durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu bekennen und für deren Erhaltung einzutreten“. Das ist inhaltlich genau das „jederzeit rückhaltlos“ des Gesetzes von 1933. Und auch der Schritt, eine Entlassung auf Verwaltungsbeschluss zu ermöglichen, hat sein Gegenstück: „Zur Wiederherstellung eines nationalen Berufsbeamtentums und zur Vereinfachung der Verwaltung können Beamte nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen aus dem Amt entlassen werden, auch wenn die nach dem geltenden Recht hierfür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.“
Der einzige Unterschied besteht noch darin, dass in der damaligen Version kein weiterer Rechtsweg möglich war: „Die Entlassung aus dem Amte, die Versetzung in ein anderes Amt und die Versetzung in den Ruhestand wird durch die oberste Reichs- oder Landesbehörde ausgesprochen, die endgültig unter Ausschluß des Rechtsweges entscheidet.“ Variante Faeser kennt zumindest noch den Klageweg vor der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da allerdings auch dessen Richter Beamte sind, mithin dem gleichen Recht unterliegen, und aus jüngerer Zeit genug Fälle bekannt sind, in denen Richter gemaßregelt wurden, wenn sie vom Pfad der Tugend abwichen, handelt es sich hier um ein Muster von begrenztem Wert.
Auch ein weiteres Detail der Faeser’schen Regelung, der Durchgriff auf die bereits pensionierten Beamten, findet sich in dieser historischen Vorlage: „(1) Gegen die auf Grund dieses Gesetzes in den Ruhestand versetzten oder entlassenen Beamten ist auch nach ihrer Versetzung in den Ruhestand oder nach ihrer Entlassung die Einleitung eines Dienststrafverfahrens wegen der während des Dienstverhältnisses begangenen Verfehlungen mit dem Ziele der Aberkennung des Ruhegeldes, der Hinterbliebenenversorgung, der Amtbezeichnung, des Titels, der Dienstkleidung und des Dienstabzeichens zulässig. Die Einleitung des Dienststrafverfahrens muß spätestens am 31. Dezember 1933 erfolgen.
(2) Abs. 1 gilt auch für Personen, die innerhalb eines Jahres vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes in den Ruhestand getreten sind und auf die die §§ 2 bis 4 anzuwenden gewesen wären, wenn dieses Personen beim Inkrafttreten dieses Gesetzes noch im Dienst gewesen wären.“
Wie gesagt, Nancy Faeser kann sich nicht darauf berufen, von dieser Historie nichts gewusst zu haben. Aber keine der oben erwähnten Variationen der politischen Kontrolle des Apparats, die in der Geschichte der Bundesrepublik zu finden sind, ist so nahe an den jüngsten Veränderungen wie das Gesetz von 1933. Das ist kein irgendwie begründeter Nazivergleich, und keine Verharmlosung, denn dieses Gesetz zeigt den Beginn der Entwicklung; die Dokumente sind verlinkt, wer mag, kann sie selbst nachlesen und überprüfen.
Allerdings sind die Voraussetzungen ganz andere als 1933. Nicht deshalb, weil generell behauptet wird, diese Bestimmungen richteten sich gegen „Rechte“ (wobei es schon interessant ist, dass in der aktuellen Kampagne, eine rechtsextreme Unterwanderung der Polizei zu konstruieren, um damit die Durchsetzung der Versionen für die Landesbeamten einzuleiten, auf „Anhänger von Verschwörungstheorien“ zurückgegriffen werden muss, um überhaupt 400 Verdächtige vollzukriegen); nein, die Informationen, auf die zurückgegriffen werden kann, um die zu identifizieren, die aussortiert werden sollen, sind weitaus umfangreicher.
Denn das ebenfalls von Frau Faeser veranlasste neue Verfassungsschutzgesetz, richtig, das mit „Wir rufen jeden an, Arbeitgeber, Bank und Schwiegermutter“, beinhaltet die Berechtigung, „öffentlich verfügbare“ Daten ohne rechtliche Begrenzungen zu verwenden. Und diese Formulierung ist nicht nur wegen der Nebengeheimdienste gefährlich, die sich die Zeit damit vertreiben, vermeintliche Zusammenhänge zu konstruieren und Personen zu diffamieren, wenn nicht gar deren Adressen und weitere persönliche Informationen offenzulegen; diese Formulierung dürfte noch viel weiter reichen.
Denn auch Daten, die auf dem Datenmarkt verkauft werden, gelten als „öffentlich verfügbar“. So wurden mittlerweile Fälle in den USA bekannt (und in Deutschland dürfte es sie bald geben, wenn es sie nicht schon gegeben hat), in denen Autohersteller von internetfähigen Fahrzeugen die Daten über das Fahrverhalten herunterluden und diese über Datenhändler anboten, wo sie dann von Versicherungen erworben wurden, die daraufhin ihren Kunden die Prämien erhöhten.
Man kann das verallgemeinern. Nicht nur internetfähige Fahrzeuge, auch Smartphones sind gigantische Datenstaubsauger, die aufzeichnen und weitergeben, in welchen Lokalen man essen war, welchen Weg man zur Arbeit nimmt oder wem man öfter begegnet. Da all diese Daten bei Datenhändlern landen, müssen sie nur noch über besagte Nebengeheimdienste erworben und ausgewertet werden, und schon hat in der Folge eine Bundesbehörde die Ergebnisse einer umfangreichen Überwachung, ohne eine einzige Mannstunde dafür aufgewandt oder an irgendeiner Stelle eine gerichtliche Genehmigung benötigt zu haben.
Und dann ist da noch das beabsichtigte Gesetz zur Überwachung von Kontenbewegungen, das ganz problemlos die Daten liefert, wer jemals Geld an irgendwen oder irgendwas gespendet oder gezahlt hat, das nicht genehm ist. Damit verwandeln sich die Banken in den verlängerten Arm des Inlandsgeheimdienstes, wobei auch hier die Ausweitung darüber läuft, dass ein bestimmtes Zielkonto für verdächtig erklärt wird, weit unterhalb der Strafbarkeit, und dann die Daten der Spender oder der Mitglieder gewissermaßen als kostenlose Dreingabe fließen.
1933 gab es noch die Möglichkeit, die Unterlagen in Parteibüros zu vernichten. Den Aufwand kann man sich mittlerweile schenken, egal, ob physisch oder digital. Die Kopplung von gesetzlichen Bestimmungen aus dem Jahr 1933 mit den technischen Möglichkeiten des Jahres 2024, das ist eine ganz neue Qualität, die es nicht mehr nötig hat, auf physischen Terror zurückzugreifen, weil es nicht nur möglich, sondern auch angestrebt ist, unliebsame Personen mit anderen Mitteln zu vernichten.
Das wird klar, wenn man sich einmal vorstellt, wie eine Bündelung all des jetzt Möglichen wirkt. Man denke sich einen Beamten, der unter maximalen Bedingungen, also unter vollständiger Streichung der Bezüge, entlassen wird. Dem die Bank das Konto kündigt, weil sie vom Verfassungsschutz „informiert“ wird (faktisch ist das eine Anweisung), der dann drei Monate lang nicht einmal Bürgergeld erhält, weil er ja die Entlassung durch sein Verhalten selbst herbeigeführt habe, der daraufhin die Wohnung verliert und auch keine mehr bekommt, weil Wohnungsverlust und Kontokündigung für einen negativen Schufa-Eintrag sorgen, und der aus denselben Gründen auch kein anderweitiges Arbeitsverhältnis mehr findet (Bedingungen, unter denen man auch schwer ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht führen kann). Ist das nun ein Äquivalent einer Inhaftierung ohne Gerichtsverfahren? Oder geht das nicht schon deutlich weiter?
Man darf derartige rechtliche Schritte nicht so betrachten, als stünden sie allein. Als käme immer nur eines dieser neuen Gesetze zur Anwendung. Um wirklich zu begreifen, was da geschieht, muss man sie sich gebündelt betrachten und fragen, was macht das mit einem Menschen. Und was bedeutet es, wenn der staatliche Apparat in Fällen, in denen nicht einmal eine Straftat vorliegt, mit Vollmachten ausgestattet wird, deren Folgen weit über jene hinausgehen, die eine Straftat auslöst? Es ist, zugegeben, eine raffiniertere Lösung, als Schutzhaft in die Gesetze zu schreiben. Es braucht dafür keine uniformierten Schlägertrupps, und niemand hat Blut an den Händen. Zumindest nicht auf eine Art und Weise, dass es für andere sichtbar wird. Aber die Ähnlichkeit zwischen dem, was das Haus Faeser in die Reste des deutschen Rechtsstaats injiziert, und dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums ist nicht nur formal. Es ist eine tiefe innere Übereinstimmung.
Anmerkungen:
Vorstehender Beitrag von Dagmar Henn wurde am 8.4.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.
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