Berlin, Deutschland (Weltexpress). Seefahrtsfans, neudeutsch shiplover genannt, kennen das Portal www.marinetraffic.com. Wer diese Karte mit den Schiffsbewegungen im östlichen Stralsunder Seegebiet verfolgt hat, wird sich gewundert haben über ein Spezialfahrzeug, als hellblaues Symbol markiert, das pausenlos zwischen Ziegelgrabenbrücke und Palmerortrinne pendelt. Ein Exot, wie man anhand seiner Daten schnell feststellen kann: der 95 Meter lange spanische 4000-Tonnen-Laderumsaugbagger „Costa la Luz“, übersetzt „Küste des Lichts“. Die erstreckt sich mit ihren weißen Stränden zwischen Huelva und Cadiz südlich von Sevilla. Mit dem Heimathafen Santa Cruz des Tenerife wird noch eins draufgesetzt. Der liegt auf der sonnigen Kanareninsel Teneriffa, ein bevorzugtes Ziel deutscher Urlauber.
Ausgerechnet zu dieser unfreundlichen Jahreszeit hat er sich an die Küste von Sund und Bodden begeben. Hannes Nehls, Fachgebietsleiter Wasserstraßen beim Wasserstraßen- und Schifffahrtsamt Ostsee (WSA), weiß mehr dazu: „Ursprünglich sollte ein anderer Bagger eingesetzt werden, doch der stand nicht mehr zur Verfügung“.
Baggern und umlagern
Der Bagger hat seit dem 28. Oktober die Aufgabe, das 20 Kilometer lange Fahrwasserteilstück der insgesamt 29 Kilometer langen Ostansteuerung Stralsund zu sanieren. „Mit dem Ziel“, so Hannes Nehls, „den ca. 20 km langen Fahrwasserabschnitt zwischen Kilometer 10,5 bis 28,9 mit einer Fahrwasserbreite von zunächst 70 Metern und einer Tiefe von 7,50 Metern wiederherzustellen“. Durch Rutschungen an den Flanken der Rinne haben sich im Laufe der Jahre Querschnitt und Wassertiefe verringert. Die in der Seekarte angegebenen Werte sind jedoch Navigationsgrundlage und haben den Charakter einer Garantie. Die zu gewährleisten, müssen immer wieder sogenannte Unterhaltungsbaggerungen durchgeführt werden, um bestehende Untiefen zu beseitigen. Diese Fahrwasserbereiche sind in drei Bauabschnitte und acht Baggerfelder unterteilt. Insgesamt sollen voraussichtlich bis Ende dieses Jahres für 1,6 Mio. Euro 250.000 Kubikmeter Sediment gebaggert und umgelagert werden, wie es in der amtlichen Mitteilung heißt. „Umlagern“ bedeutet, dass das Schiff, im Fachjargon ein „selbstfahrender Laderaumsaug- oder Hopperbagger“ (TSHD), 35 Kilometer fahren muss, um das wie mit einem Staubsauger in den 3700 Kubikmeter fassenden Laderaum gepumpte Material, meistens Sand, an anderer Stelle wieder in die See zu verklappen. Die Stelle ist genau vorgeschrieben: ein rechteckiges Gebiet mit der Bezeichnung KS 527 östlich von Thiessow auf Rügen und westlich der Greifswalder Oie.
Parameter herstellen
Ein Projekte wie dieses ist meistens das Ergebnis einer sechsmonatigen Vorbereitungsphase. Daran sind Ingenieure und Experten verschiedener Fachrichtungen im WSA beteiligt, beispielsweise aus der Nassbaggerei oder der Gewässerkunde. Weitere Fachbehörden werden einbezogen, die Maßnahmen vorbereitet und bis zur Fertigstellung koordiniert. Dahinter steckt also jede Menge Arbeit.
Die in die Wege zu leiten und zu überwachen, ist Aufgabe des Staates, hier des neu geschaffenen Großamtes Ostsee unter ihrem Leiter Stefan Grammann. Der muss letztlich dafür geradestehen, dass alles Maritime zwischen Lübecker und Pommerscher Bucht „läuft“. Im Amtsdeutsch heißt das: „Parameter herstellen für die Sicherheit und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs“. Wovon letztlich auch der Stralsunder Hafen profitiert. Mehr und größere Schiffe – eine Binsenweisheit – bedeuten mehr wirtschaftlichen Erfolg.
Infos:
MS „Costa La Luz“; Typ: Laderaumsaug- oder Hopperbagger (TSHD);
Verdrängung: 4060 tdw
Länge: 94,85 m
Breite: 17,02 m
Tiefgang: 5,68 m (max.)
Antriebsleistung: 2 x 1.150 kW
Baggerpumpen Leistung total : 5436 kW
Laderaum: 3.738 m³
Geschwindigkeit: 11 kn (max.)
Reederei: Van Oord, internationales Unternehmen, Rotterdam, Niederlande