Der Aufstiegsanwärter aus dem Ruhrpott – ähnlich schlecht in die Saison gestartet wie die Gastgeber – wurde von Beginn an stürmisch attackiert. Man sah, dass die Mannschaft um Kapitän Torsten Mattuschka unbedingt den Sieg wollten. "Wir mussten uns selbst in den Arsch treten", drückte er das deftig aus und ging selbst forsch voran und nahm mehrfach das Gehäuse von Bochums Schlussmann Andreas Luthe unter Beschuss. In der 17. Minute verfehlte der scharf getretene Ball nur knapp den Torwinkel. Auch Simons Terodde verfehlte frei vor Luthe um Zentimeter das Tor. Er hatte sein Pech noch kaum begriffen, da enteilte im Gegenzug Bochums Japaner Takahashi Inui seinem Bewacher Christoph Menz und verwandelte gleich die erste Chance seiner Mannschaft zum 0:1. Es war die 38. Minute des Spiels.
Das Publikum erstarrte für einen Moment. Sollte es wieder so passieren, wie schon gegen Fürth oder in Dresden? „Klar, in so einer Situation kommt man dann schon kurz ins Grübeln“, gestand nach dem Spiel Unions Mittelfeldspieler Michael Parensen. „Aber wir haben nach dem Rückstand sehr gut reagiert und einfach so weiter gespielt wie zuvor.“ Kapitän Mattuschka bewies das kurz nach dem Gegentor als er mit einem seiner gefürchteten Freistöße aus etwa 22 Metern in halbrechter Position Bochums Torhüter zu einer Glanzparade zwang. Das Publikum stand schon längst wieder wie ein Mann hinter seinen Kickern. Es folgte mehrere Eckstöße in Folge. Der Druck auf die Bochumer Abwehr war zwang sogar Innenverteidiger Lukas Sinkiewicz zu einem unfreiwilligen Querschläger, der beinahe im eigenen Tor gelandet wäre. Und in der letzten Minute der ersten Halbzeit riss derselbe Spieler den langen Unioner Christian Stuff im Strafraum zu Boden, so dass Schiedsrichter Deniz Aytekin auf den Punkt zeigte – Strafstoß.
Silvio legte sich seelenruhig den Ball zurecht, lief ein paar Schritte an, verzögerte leicht und schoss den Ball vorbei am schon zu Boden gegangenen Luthe in die linke untere Ecke.
Der Ausgleich Sekunden vor der Halbzeit war der verdiente Lohn und bedeute moralisch ein deutliches Plus für die Eisernen. Nach der Pause versuchten die Gäste zwar, ihr eigenes Spiel zu finden, allein Union ließ sich den Schneid nicht mehr abkaufen. Silvio und Terodde kamen zu weiteren Chancen, und wenn einige Bochumer Konter gefährlich nahe dem Tor von Jan Glinker kamen, dann war der Keeper sicher zur Stelle. Aber meist hatten seine Vorderleute, vor allem Ahmed Madouni oder Marc Pferzel, die Gefahr rechtzeitig beseitigt.
Was dann zwischen der 63. Und 64. Minute passierte, brachte die Köpenicker Fußballfreunde aus dem Häuschen. Gerade einmal 47 Sekunden befand sich John Jairo Mosquera auf dem Spielfeld, da hatte er einen herrlichen Pass vom einige Minuten zuvor eingewechselten Markus Karl angenommen, seinen Gegenspieler Marcel Maltritz sowie Torwart Luthe ausgespielt und den Ball unter die Latte ins Netz des VfL gehämmert. Ausgerechnet Mosquera werden viele gedacht haben. Der junge Stürmer war bislang in ähnlichen Situationen oft gescheitert. Diesmal wurde er zum Matchwinner. Wie viele Steine in diesem Moment von seinem Herzen gefallen waren, weiß wohl er nur allein.
Nun war es natürlich an den Gästen, Betrieb zu machen. Union zog sich klugerweise nicht völlig zurück, machte aber den Raum enger und attackierte den Gegner erst in der eigenen Hälfte, um jederzeit mit schnellen Kontern immer wieder vor dem Bochumer Tor aufzutauchen. So konnte Luthe den durchgebrochenen Terodde nur mit einem Foul vor der Strafraumgrenze stoppen. Statt Rot zeigte der Schiri dem Bochumer Tormann gnädigerweise nur Gelb. Das Stadion kochte. Auch als Markus Karl beinahe den dritten Treffer für die Hausherren erzielt hätte. Sein Kopfball aus zwei Metern Entfernung krachte aber nur an den Pfosten.
Nach dem Schlusspfiff saßen die Bochumer völlig fertig auf dem Rasen, während die Unioner sich in den Armen lagen. Auf einmal hatten sich alle wieder lieb. Auch ihr Trainer war erleichtert: „Es war schon ein besonderes Spiel nach all den Diskussionen zuvor“, sagte er und ergänzt: „Man wird eben nur für Arbeit belohnt und ich bin hier noch nicht fertig.“