Die Retrospektive im Nassauischen Kunstverein, eine überarbeitete Fassung der Ausstellung des Museums of Contemporary Art in Houston (Wer hat ´s dort auch gesehen”¦? – Der Obama) liefert biografische Details und vor allem eine gelungene Auswahl von Werken, für die man sich wirklich Zeit nehmen sollte. Die witzig-hintergründigen Konstruktionen aus den unterschiedlichsten Alltagsprodukten wollen genau und von allen Seiten betrachtet werden.
Zurück zum Landesmuseum und dem von Patterson entworfenen Eingangspavillon: Er besteht aus drei Industrie-Containern und einem darüber gewölbten Dach aus transparentem Kunststoff. Mitten drin, da nicht transportabel, das große Goethe-Denkmal. (Oder war er auch schon ein früher Fluxuskünstler?) Gefragt, was an der Konstruktion fluxustypisch sei, verwies Patterson darauf, dass es sich auch hier um eine Konstruktion aus „Ready-Mades“ handle. Der Pavillon soll nach den Vorstellungen des Museumsdirektors Alexander Klar während der Ausstellungszeit zum Kommunikationsort werden, dazu verfüge er über ein Cafe, eine Buchhandlung und eine Medienstation. Mit dieser sei zugleich (mit Unterstützung einschlägiger Medienfachbereiche der umliegenden Universitäten) die Brücke zu „Fluxus heute“ geschlagen, denn You Tube und Web 2.0 seien heute die Fluxuselemente, die eine Einbeziehung des Publikums tragen, ebenso wie überall in den Ausstellungsorten aufgestellte Web-Cams, die die Orte und ihre Besucher vernetzen sollen. Na ja ”¦
Das Landesmuseum bietet ein „Labyrinth“ mit zentralen Illustrationen aus der Initialveranstaltung von 1962 sowie künstlerbezogenen Kojen und nutzt darüber hinaus den Anlass, ein wenig Forschung in eigener Sache zu betreiben, schließlich gelten die hier vor 50 Jahren abgehaltenen „Festspiele Neuer Musik“ als die Geburtsstunde der Fluxusbewegung. Das macht Sinn, denn nach der Ära Rattemeyer stehen das Museum und sein neuer Direktor vor der Aufgabe, für sich ein erneuertes Profil zu entwickeln. Da kann ein bisschen Meditation über einen historischen Moment, in dem sich aus einer „Off-Veranstaltung“ in der Provinz etwas entwickelte, was schließlich (auch ohne Facebook und Web 2.0) in New York und Paris Beachtung fand, gar nicht schaden.
Alles in allem zwei lohnenswerte Anlässe, sich mal wieder mit den goldenen sechziger Jahren zu befassen. Die Jüngeren unter uns werden staunen, was Herren in dunklen Anzügen und Hornbrillen alles anstellten (über Charlotte Moorman reden wir an dieser Stelle nicht) und wir Älteren dürfen ruhig ein bisschen nostalgisch werden. Die Ausstellungen laufen noch bis Ende September.