Überblickt man die guten Schauspielerinnen, dann kann man diejenigen, die sich immer ähneln von denen, die man kaum in den Rollen wiedererkennt unterscheiden. Ein Beispiel für Erstere wären Brigit Bardot, Marilyn Monroe, Sophia Loren, auch Isabelle Huppert und bei aller Brillanz Meryl Streep, ein Beispiel für Zweitere wären Helen Mirror, die ganz junge Johanna Wokalek und tendenziell auch Nina Hoss. Sagt man bei den einen, die Schauspielerin leihe den Rollen ihr Gesicht, gelingt es den anderen, sich in die Rollen zu verwandeln und das eigene Gesicht und das eigene Ich hinter sich zu lassen. Das ist wenigstens unser Empfinden, wenn wir das Spiel von Nina Hoss auf der Leinwand verfolgen.
Dazu ist nun in Frankfurt in einer Hommage wochenlang Gelegenheit. Anlaß ist der Abschluß der Reihe, in der am 25. Oktober ein Buch vorgestellt wird: „Nina Hoss: Ich muß mir jeden Satz glauben“, das Rainer Rother, Direktor der deutschen Kinemathek – Museum für Film- und Fernsehen, Berlin im Verlag Henschel herausgegeben hat. Mit diesem Satz bezeichnet Nina Hoss den Anspruch an sich selbst, für sich erst einmal in der gespielten Rolle zu Hause zu sein und für sich selbst in ihr Glaubwürdigkeit zu gewinnen. In neun Filmen kann man dies in Frankfurt nachempfinden, die auch eine kleine Filmgeschichte der Bundesrepublik ergeben. Und wir sagen es gleich, daß sie uns in der Rolle der deutschen Pilotin im geheimen Widerstand in Frankreich „Die Frau des Anarchisten“ besonders gut gefällt, wie sie absolut unprätentiös in einer verwickelten Liebesgeschichte, die eigentlich nur der Spiegel für die verwickelte und immer noch nicht aufgearbeitete politische Geschichte Spaniens ist, eine starke, in sich selbst ruhende Frau gibt.
Alle Filme im Überblick
Fr 2.10. 18.00 Uhr | Sa 3.10. 22.30 Uhr
NACKT – DE 2002, R: Doris Dörrie, Da: Heike Makatsch, Benno Führmann, Nina Hoss, 100 min
Das Kammerspiel NACKT (2002) von Doris Dörrie, angelehnt an ihr Buch Happy, stellt drei Paarkonstellationen in den Vordergrund. Emilia und Felix haben sich schon getrennt, können aber nicht voneinander lassen. Die Neureichen Charlotte (Nina Hoss) und Dylan sind zwar zu Geld gekommen, fühlen sich jedoch sinnentleert, und auch bei Annette und Boris bröckelt es hinter der Mittelklasse-Fassade. Ein gemeinsames Abendessen im Haus von Charlotte und Dylan wird zum Abend der Erkenntnis und Demaskierung, lässt aber auch wahre Gefühle zu Tage treten.
Di 6.10. 18.00 Uhr | Klassiker & Raritäten
DER VULKAN – DE/FR 1999, R: Ottokar Runze, Da: Nina Hoss, Christian Nickel, 103 min
In der Verfilmung des autobiografisch gefärbten Romans von Klaus Mann DER VULKAN (1999) steht die Kabarettistin Marion von Kammerer im Vordergrund, mit Eleganz und Courage verkörpert von Nina Hoss. Von Kammerer flieht über die Schweiz in das Paris der dreißiger Jahre, wo verschiedene Schicksale, politische und künstlerische Energien aufeinander treffen. Dort beteiligt sie sich gemeinsam mit dem homosexuellen Schriftsteller Martin Korella am Aufbau eines antifaschistischen Radiosenders und tritt nebenher in dem Lokal der Berliner Wirtin „Mutter Schwalbe” auf. Während für Marion die Emigration eine Herausforderung darstellt, zerbricht der junge Dichter zusehends.
Mi 7.10. 20.30 Uhr
DAS HERZ IST EIN DUNKLER WALD – DE 2007, R: Nicolette Krebitz, Da: Nina Hoss, Devid Striesow, 83 min
Durch Zufall erfährt Marie (Nina Hoss), eine junge Mutter zweier Kinder, vom Doppelleben ihres Mannes (Devid Striesow). Sie versucht sich an das Positive ihrer Beziehung zu erinnern, gleitet aber immer mehr in eine irreale Welt ab – bis sie zum denkbar radikalsten Mittel greift. DAS HERZ IST EIN DUNKLER WALD (2007), das für die eigenständige Bildsprache von Regisseurin Nicolette Krebitz und das intensive Spiel der Darsteller gelobt wurde, erhielt den Spezialpreis der deutschen Filmkritik: „Zwischen Surrealität, dunkler Romantik und hell kühlem Realismus besticht diese Arbeit durch ihre stilistische Spannbreite und den souveränen Umgang mit filmgeschichtlichen Referenzen.”
So 18.10. 18.00 Uhr
DIE WEISSE MASSAI – DE 2005, R: Hermine Huntgeburth, Da: Nina Hoss, Jacky Ido, 131 min
Die Verfilmung des autobiografischen Bestsellers der Schweizer Autorin Corinna Hoffmann DIE WEISSE MASSAI (2005) erzählt von der blonden Boutiquebesitzerin Carola, die bei einem Afrikaurlaub ihr altes Leben zurücklässt und, ihrem Gefühl folgend, den stolzen Massai-Krieger Lemalian heiratet. Als dessen Ehefrau wird sie jedoch bald mit der Realität konfrontiert, und die kulturellen Gegensätze prallen immer stärker aufeinander. Die anfängliche Faszination des Fremden und die Vorstellung einer romantischen Liebe weichen der zunehmend feindlichen und eifersüchtigen Übernahme. Als selbständige und aktive Frau stößt sie immer mehr an die Grenzen einer auf patriarchalen Strukturen basierenden Dorfgemeinschaft.
Fr 16.10. 20.30 Uhr
HANNAH – DE 2006, R: Erica von Moeller, Da: Nina Hoss, Wolfgang Koch, 90 min
HANNAH (2006) handelt von einer jungen, attraktiven, aber unnahbaren Frau, die sich in eine eigene Welt zurückgezogen hat, zu der weder Freunde und Kollegen, noch ihr Lebenspartner und ihre Tochter Zugang finden. Eines Tages beginnt sie, sich beobachtet und verfolgt zu fühlen. Mysteriöse Ereignisse scheinen auf einen Eindringling in ihrer Wohnung und ihren Arbeitsplatz hinzudeuten, wobei unklar bleibt, ob diese „Bedrohung” real ist – oder ob es Hannahs innere Dämonen sind, die sich allmählich Bahn brechen.
Mi 28.10. 20.30 Uhr
ANONYMA – EINE FRAU IN BERLIN – DE 2008, R: Max Färberböck, Da: Nina Hoss, Jevgenij Sidichin, Irm Hermann, 131 min
ANONYMA – EINE FRAU IN BERLIN (2008) beruht auf dem anonymen Tagebuch einer jungen Berliner Journalistin und schildert die Situation bei Kriegsende mit dem Einmarsch der Roten Armee und den Vergewaltigungen durch die Soldaten. In der Nachkriegszeit stieß der Tatsachenbericht auf Ablehnung, zumal das Thema zu diesem Zeitpunkt ein Tabu darstellte. Erst in seiner zweiten Auflage 2003 wurde das außergewöhnliche Buch ein Erfolg. Nina Hoss spielt eine junge ausgebombte Frau, die in den letzten Kriegstagen mit anderen Frauen eine Zwangsgemeinschaft in dem Keller eines Haus bildet. Um die Frauen vor der Verfolgung durch russische Soldaten zu schützen, wendet sie sich an einen russischen Offizier, der die Soldaten unter Kontrolle hält. Langsam kommen sich die beiden näher.
Sa 24.10. 20.30 Uhr
DIE FRAU DES ANARCHISTEN – DE/ES/FR 2008, R: Marie Noëlle, Peter Sehr, Da: Nina Hoss, Juan Diego Botto, Maria Valverde, 115 min DF
DIE FRAU DES ANARCHISTEN (2008) ist als eine epische Geschichte einer großen Liebe vor dem Hintergrund des spanischen Bürgerkriegs angelegt und spannt den Bogen von der Belagerung Madrids 1937 bis zu der Diktatur Francos. Die junge Manuela versucht sich mit ihrer Tochter durchzuschlagen, während ihr Mann, der Rechtsanwalt Justo, sich dem idealistischen Kampf gegen Franco widmet. Sie verlieren sich nach und nach aus den Augen und begegnen sich erst Jahre später in Frankreich wieder. Dort kämpft Justo in der Résistance und plant nun mit der deutschen Kommunistin Lenin (Nina Hoss) Aktionen gegen das Franco-Regime.
Do 29.10. 20.30 Uhr | Fr 30.10. 22.30 Uhr
YELLA – DE 2007, R: Christian Petzold, Da: Nina Hoss, Devid Striesow, 88 min
YELLA (2007) möchte aus der Enge der Provinz und ihrer gescheiterten Ehe ausbrechen, um sich im Westen eine Zukunft aufzubauen. Sie lernt Philip kennen, der für eine private Equity- Firma arbeitet, und wird dessen Assistentin. Yella taucht ein in eine Welt der Zahlen und leichten Gewinne, der gläsernen Büros und ausgeleuchteten Hotellobbys. Doch immer wieder bricht etwas auf, schieben sich seltsam gegenwärtige Stimmen und Geräusche aus der Vergangenheit in ihr neues Leben.
So 25.10. 20.00 Uhr
Buchpräsentation Ich muss mir jeden Satz Glauben
JERICHOW – DE 2008, R: Christian Petzold, Da: Benno Fürmann, Nina Hoss, Hilmi Sözer, 92 min
Rainer Rother im Gespräch mit Wilhelm Roth
Um Sehnsüchte und Träume geht es auch in der Dreiecksgeschichte JERICHOW (2008), die sich vor den weiten Landschaften des deutschen Nordostens entfaltet. Der türkische Unternehmer Ali ist erfolgreicher Besitzer von 45 Imbissbuden, misstraut jedoch seinen Pächtern. Thomas kehrt nach seiner Zeit als Soldat in das Dorf seiner verstorbenen Mutter zurück, um dort das verlassene Haus wieder aufzubauen. Alis Frau, die attraktive, distanzierte Laura, träumt von finanzieller Unabhängigkeit. Alle drei verfolgen ihre eigenen Leidenschaften, die immer stärker zu Verstrickungen führen
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