Berlin, Deutschland (Weltexpress). Hochstimmung an der „Alten Försterei“. Da schießen sogar die Pilze in der Wuhlheide schneller in die Höhe. Wird nun das Pokalspiel mit dem 2:0-Sieg gegen den 1. FC Heidenheim zum Schicksalsspiel für den Stendaler Paul Seguin beim 1. FC Union? Das hört sich nach den Worten von Berlins Trainer Urs Fischer fast so an: „Seguin benötigte ein paar Minuten, um richtig ins Spiel zu kommen. Dann wurde er besser und besser. Er hat durchaus gezeigt, dass er gut auf der Position von Rani Khedira spielen kann.“
Der DFB-Pokal war für den Mittelfeldspieler schon einmal das Sprungbrett in die Bundesliga. 2015 durfte er in der 89. Minute beim VfL Wolfsburg gegen RB Leipzig (2:0) für Kevin de Bruyne (jetzt Manchester City) auf den Rasen. Dem Kurzeinsatz folgten 27 Bundesligaspiele für das Wolfsburger VW-Team.
Bei den Eisernen konnte Paul zum ersten Mal in einem Pflichtspiel über die gesamte Spielzeit sein Talent beweisen, was er mit den Worten unterstrich: „Das Spiel war heute nicht einfach. Wir wussten, dass Heidenheim schwierig zu bespielen ist. Insgesamt haben wir aber sehr erwachsen gespielt, hätten allerdings in der ersten Halbzeit vielleicht höher führen müssen. Alles in allem haben wir aber verdient gewonnen.“ Wohl wahr.
Ob der 27-Jährige gleich wieder am Sonntag mit der Startelf in Bochum gegen den VfL auflaufen darf, ließ Trainer Fischer offen: „Bei einem Kader von 31 Mann bleiben immer 20 übrig, die enttäuscht sind.“ Ob Seguin zu den Enttäuschten gehört? Mal sehen.
Die Chancen für einen Einsatz stehen sicher nicht schlecht. Immerhin kann der gebürtige Magdeburger auf die Erfahrung von 58 Bundesligaspielen bei Wolfsburg und Greuther-Fürth bauen. Zudem dürfen auch die 100 Spiele in der 2. Bundesliga bei Greuther–Fürth mit Aufstieg in die Bundesliga und bei Dynamo Dresden ein wichtiger Erfahrungsschatz für den Mittelfeld-Strategen sein. Bei Union will Seguin weiter am Glanz seiner Fußball-Karriere arbeiten.
Immerhin trägt Paul ein schweres Erbe. Vater Wolfgang, Spitzname Paul, Seguin (77) gehörte einst zu den Fußballstars der ehemaligen DDR beim 1. FC Magdeburg. Olympiabronze 1972, Europacupsieg 1974, 56 Europacupspiele, zweimal DDR-Meister. Bei solchen Meriten liegt es nahe, dass der Vater immer kritisch die Karriere seines Filius‘ verfolgt hat. Als Jüngster von vier Jungen ist das nicht einfach. Der Wechsel zu Union schien dem Altstar Wolfgang besonders zu gefallen, wie er einmal gegenüber „Bild“ geantwortet hat: „Paul hatte immer so einen Traum, in der Nähe seiner Mama zu sein, der Papa war da eher egal. Aber Köpenick ist von uns nur 130 Kilometer weg, da kann ich dann sogar hinradeln.“
Natürlich wird in der Familie viel über Fußball diskutiert. Paul und dessen Ehefrau Viktoria nehmen es locker, wie einem Beitrag des Union-Programm-Heftes zu entnehmen ist: „Naja am Glas waren sie recht gut früher, ansonsten war es ähnlich wie heute nur viel laufärmer, wenn ich mir Spiel von 1974 ansehe.“
Für die Eisernen heißt es am Sonntag dagegen wieder laufen, laufen und wieder Tempohärte zu zeigen. Es sagen zwar weder Spieler, noch Trainer und schon gar nicht Präsident Dirk Zingler, aber an Gesten und versteckten Bemerkungen in der Wuhlheide lässt sich schon erkennen, dass die Köpenicker bis zur WM-Pause die Bundesliga vom Platz an der Sonne betrachten wollen.