Die private Destillerie Penninger aus Hauzenberg-Jahrdorf im bayrischen Wald hat eine Familientradition die weit bis ins letzte Jahrhundert zurück reicht. Die Legende besagt, dass es im Jahr 1905 zwei Penninger Söhne namens Stefan gab, von denen der eine in Hauzenberg eine Essig-Fabrik erwarb, während sich der andere in Lothringen in die hohe Kunst des Schnapsbrennens einweisen ließ. Vermutlich tat er das in Kombnation mit pausenlosen Selbstversuchen, denn Stefan II. kehrte erst 1920 in die Heimat zurück und fügte dem Betrieb des Daheimgebliebenen ein Sortiment aus Obstbränden aus heimischen Früchten hinzu.
Im Laufe der Generationen verdrängte die Produktion von „Bränden“ die Essigherstellung erfreulicherweise immer mehr, sodass heute nicht nur in dritter Generation eine ansehnliche, hochwertige Palette an hochprozentigen „Wässerchen“ produziert wird. Darüber hinaus kam es unter dem aktuellen Firmenchef Reinhard Penninger seit 1991 zur Gründung von nicht weniger als neun Schnaps-Museen, die sich zwischen Oberstaufen und Böbrach/Bodenmais wie ein Band durch das Grenzgebiet zu Österreich bzw. Tschechien zieht. Gewissermaßen die letzten deutschen Tankstellen vor der Demarkationslinie. Die Museen bieten neben dem touristischen Hauptpfeiler der Gratisverkostung auch ansehnliche Einsichten in die Geheimnisse der Destillation in Form von historischen Kupferbehältern, Obst-und Beerenpressen, alten Etiketten und einer komplett erhaltenen Schwarzbrennerei. Ja, auch so was musste es geben, wenn in wirtschaftlich düsteren Zeiten das edle Nass knapp wurde.
Werfen wir einen kurzen Blick auf einige der Preziosen aus dem Süden der Republik, von denen „Bärwurz“, „Blutwurz“ und der „Beerenbrand“ ihren Weg zu uns in die Redaktion fanden. Wir hingegen fanden die Produkte sehr überzeugend, so sehr, dass wir sie unter Verschluss halten (müssen).
Hier nun ein kurzes Vademecum der Penninger-Spezialitäten, die man im nächsten Bayern-Urlaub keinesfalls versäumen sollte.
Blutwurz
Zweifelsohne der Star im Penninger-Stall mit garantierten 50% Alkoholanteil. Hat den Namen nicht etwa weil er sofort das Blut in Wallung bringt (das aber auch), sondern weil er aus einer Pflanze gleichen Namens hergestellt wird. Wird so unterschiedlichen Lebensmitteln wie Schokolade, Salami oder Senf beigegeben. Oder eben Schnaps.
Blutwurz, lateinisch Potentilla oder Tormentilla bezeichnet, hat im deutschen Sprachgebrauch viele Namen:
Herzwurz, rote Heilwurz oder Bauchwehwurz, um nur einige zu nennen. Die bis zu 30 Zentimeter hohe Pflanze hat gelbe Blüten und wächst kriechend mit einem unregelmäßig knollig verdickten Wurzelstock (Rhizom). Man findet diese auf mageren Wiesen, sie bevorzugt saure Böden.
Die Blutwurz hat ihren Namen von dem blutroten Saft, der an frischen Bruch- oder Schnittstellen aus dem gelblich-weißen Rhizom austritt. Die pflanzlichen und vor allem entzündungshemmenden Wirkstoffe der Pflanze werden seit Jahrhunderten und bis heute in der Medizin in Form von Tee, Sirup, Tinktur, Salbe oder Pulver angewendet. Als Schnaps aber am ehesten ein Erlebnis. Sterneköche schwören auf sein Aroma beim Flambieren von Palatschinke. Bei Zimmertemperatur getrunken kommt sein volles Kräuter-Wurzelaroma am besten zur Geltung. Idealerweise servieren man ihn im eigens dafür vorgesehenen Keramikpfännchen und zündet ihn an. Ein Gemisch aus Öl und Feuer wie ich selten eines genossen habe.
Bärwurz
Etwas eigenwillig im Geschmack, ist dieser gesunde Kräutertrunk, je nach Magenempfindlichkeit, in den Varianten 40% und 45% zu haben. Eigentlich ist die Entdeckung der Heilwurzel den Kühen zu verdanken, die früher im Sommer auf den hochgelegenen Weiden (Schachten) des Bayerischen Waldes weideten. Die Bergbauern wurden aufmerksam, als ihre Kühe immer wieder in der Erde scharrten und eine Wurzel fraßen, die anscheinend ihre Blähungen linderte. Früher wurde der Bärwurz auch „Gebärwurz“ genannt, weil die Pflanze gerne zur Krampflösung bei Geburten verwendet wurde. Die zerhackte Wurzel wird mehrere Monate im hochprozentigen Alkohol angesetzt und anschließend destilliert.
Die Bärwurz des Bayerischen Waldes wird in der Botanik als „Ligusticum mutellina“ bezeichnet. Sie ist nicht zu verwechseln mit der „Meum athamanticum“, die in Mittelgebirgen außerhalb des Bayerischen Waldes in Massen wächst und ebenfalls als „Bärwurz“ bezeichnet wird. Die etwa 30 Zentimeter hohe Pflanze gehört zur Familie der Doldengewächse und fällt durch ihre fächerförmig unterteilten Fliederblättchen sowie die rosa-weißen Blüten auf (Blütezeit Mai und Juni). Bärwurz wächst auf den Wiesen des Bayerischen Waldes, oberhalb 1000 Meter und ist sehr geschmacksintensiv. Der Geruch erinnert an Sellerie oder Liebstöckl. Viele erkennen im Geschmack auch das zarte Aroma von Walnüssen. Bärwurz sollte nicht eisgekühlt „gekippt“ werden, sondern bei mäßiger Kühlung stilvoll serviert. Kenner nehmen die Gläser aus dem Eisfach und gießen den temperierten Bärwurz (Zimmer-Temperatur) ins Glas.
Wildbeerengeist
Klar, Obstbrände gibt es viele hierzulande, aber dieser hier überraschte uns nicht nur durch seine fruchtige Frische, sondern vor allem durch die Milde, die trotz seiner 40% Alkohol auch ein zweites und drittes Gläschen angenehm in Erinnerung bleiben lassen. Duftende Waldhimbeeren, saftige Brombeeren, herbfruchtige Schlehen und vollreife Waldheidelbeeren bilden die Grundlage für diese köstliche Komposition. Die Früchte werden dazu in feinem Alkohol angesetzt und anschließend in kleiner, kupferner Brennblase destilliert.
Das waren die drei Spezialitäten, die uns für einige Zeit die Tage schön machten. Geräusche und Farben waren kurzzeitig intensiver, der Arbeitsbeginnn, bei aller vorherigen herzlichen Fröhlichkeit, so gut wie schmerzfrei.
Es existiert noch einiges mehr im Penninger-Universum, wie die edle Berg-Kirsche, den Williams 2000 mit echten Birnenstücken, Jagertee und „Fuaßwarma“. Aber die wollen erst noch entdeckt werden und bei allem Spaß ist es natürlich immer noch so, dass raffiniertes Ethanol unbedingt mäßig genossen werden sollte. Deshalb dazu erst später eventuell mehr. In diesem Sinne: „Pro sit“, es möge nützen!