Berlin, Deutschland (Weltexpress). 2006 unterschied sich als Jahr nicht von dem, was ich zuvor gesehen hatte. Seit seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag kam ich regelmäßig und in kurzen Anständen mit dem Bundeskanzler zusammen. Sein Büro „Unter den Linden“ war ein sicherer Gesprächsort. Vorher waren es die Amtsräume im Kanzleramt in Bonn. Zu jener Zeit trieb uns wieder einmal die Sorge um einen weiteren Krieg um, ein Krieg gegen den Iran.
Mit Helmut Kohl als deutschem Bundeskanzler hätte es schon nicht den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien gegeben. Mit den dazu gehörenden Vier-Augen-Gesprächen mit dem jugoslawischen Präsidenten Slobodan Milošević hatte der Bundeskanzler mich betraut.
Jetzt drohte nach einer gemeinsamen Einschätzung der nächste Krieg und ich erlebte in unseren Diskussionen wieder den Bundeskanzler, wie ich ihn als Vorsitzender der CDU-Niederrhein mit ihren damals 27000 Mitgliedern und später als Kabinettsmitglied erleben konnte. Es kannte die Geschichte, ihm waren die Motive geläufig, Akteure schätzte er ein, die Scharniere der Welt waren ihm vertraut. Ich sagte ihm, dass nach meiner Einschätzung die Nation in der Stunde der Not – und das würde dieser Krieg bedeuten – zwei Persönlichkeiten vertrauen würde: Helmut Schmidt (mit dem er nicht redete) und er.
Beide müssten sich in dieser Lage an die Nation wenden und ich regte dazu an, dass ich das Gespräch mit seinem Amtsvorgänger suchen wolle, um das zu bewerkstelligen. Ohne jedes Zögern sagte er nur: „Mach“. So kannte ich ihn über Jahrzehnte.
Er war präzise, immer zu erreichen und bei seinen Aufträgen eindeutig. Von ihm erfuhr ich in zwei Punkten, worauf es ihm ankam und er überließ es mir, das Ergebnis zu erreichen.
Die Gespräche mit seinem Amtsvorgänger Helmut Schmidt fanden in seinen Räumlichkeiten im Verlag der „Zeit“ in Hamburg statt. Sie zogen sich über Stunden hin, weil es keinen Aspekt in der weltpolitischen Beurteilung ergab, den wir nicht teilten. Aber zwei Sätze, die Bundeskanzler Helmut Schmidt mir zum Schluss unseres ersten Gespräches mit auf den Weg gab, haben sich bei mir eingebrannt. Auch deshalb, weil ich das viele Jahre andauernde Schweigen zwischen beiden Persönlichkeiten kannte. „Sagen Sie bitte Ihrem Herrn Bundeskanzler, dass ich für Gespräche zur Verfügung stehe. Und sagen Sie ihm weiter, dass er bei der Wiedervereinigung alles richtig gemacht hat.“ Vor seiner ersten Knieoperation hat Bundeskanzler Helmut Kohl seinen Vorgänger im Amt, Bundeskanzler Helmut Schmidt, in Hamburg aufgesucht.
Deutschland hat in einem kurzen Abstand Helmut Schmidt und Helmut Kohl verloren. Was bleibt unserem Vaterland?