Herles hat sich auch für einen Boykott gegen die VR China ausgesprochen, was mich erfreut. Zurecht wird die letztjährige Olympiade in Peking mit der riefenstahlsche Olympiade von 1936 in Deutschland gleichgesetzt. Schliesslich ist an diesem Buchmessenwochenende nun ein geschickt verpacktes Propaganda-Symposium aufgeflogen. Seit Jahren finden in Deutschland Propaganda-Veranstaltungen der KP Chinas statt, aber noch nie hat sich die deutsche Öffentlichkeit dagegen gewehrt.
Als deutsche Chinesin fühle ich mich berufen, meine Stimme den verfolgten Menschen in der VR China, insbesondere den chinesischen Kollegen im Gefängnis und im Exil zu verleihen. Das Regime möchte gerne die Frankfurter Buchmesse ausnutzen, um die schön in der Literatur verpackte kommunistische und nationalistische Propaganda zu verbreiten, mit der das Regime die Stimmen der chinesischen Intellektuellen im Land und Exil übertönen will.
Die Literatur unter der Selbstzensur und der Zensur der Kommunistischen Partei Chinas
Die großen Stapel Bücher, die Herles im ZDF zeigte, stammen leider meistens von den selbstzensierten und zensierten Autoren aus der Volksrepublik China. Zu den Autoren zählt Mo Yan, der mit der Delegation unter der Führung von Mei Zhaorong, dem Exbotschafter der VR China in Deutschland zum Symposium nach Frankfurt gekommen war. Mo Yan war am ersten Tag dem KP-Vertreter Mei gefolgt, den Saal demonstrativ zu verlassen, als Bei Ling und Dai Qing von dem deutschen Gastgeber auf das Podium gebeten wurden.
Am zweiten Tag, an dem es eigentlich um das Thema "Die Rolle der Literatur: in Gefahr oder notwendiger denn je" ging, hielt Mo Yan eine Rede, in der er behauptete, dass er von den deutschen Medien verleumdet worden wäre, was er mit einer chinesischen Redewendung zum Ausdruck brachte. Die deutschen Teilnehmer, die ich befragte, hatten ihn kaum verstanden. Das wird in einem Bericht von Claudia Schulmerich in der Internetzeitung Weltexpress auch bestätigt, "In seiner launigen Ansprache, in der man als Deutsche das Symbolische und die Metaphern aus seinen Worten mehr ahnte, als wirklich verstand…".
Aber Bei Ling und andere unabhängige Chinesen haben ihn verstanden bzw. durchschaut. Für die Sozialwissenschaftlerin Wang Rongfen, die Mo Yan vor zwanzig Jahren in Peking persönlich erlebte, ist die Rede von Mo Yan eine Enttäuschung. Dazu gab Wang in den chinesischen Exilmedien einen Kommentar mit der Überschrift "Zwei Töpfe von Herrn Mo Yan", in dem sie seine Feigheit gegenüber der KP und seine Frechheit gegenüber den Deutschen aufs Korn nimmt.
Wang ist nach dem Pekinger Massaker geflohen und hat in Deutschland promoviert. In unserem Gespräch über das Symposion und Mo Yan kommen wir darin überein, dass sich Mo Yan selbst bereits zu einem Stock reduziert hat, mit dem die KP die unabhängigen Chinesen schlägt, während sein Werk die Verlogenheit und die Gewalt der KP verkörpert.
Mo Yan ist also kein unabhängiger Schriftsteller, sondern ein von der KP geistig kastrierter Autor aus der VR China. Er kann nicht direkt sagen und schreiben, was er möchte, er muss immer der KP Chinas gefallen. In dem Fall musste er den Kopf der Delegation Mei dabei unterstützen, die westlichen Medien, die sich nicht von der KP lenken lassen, zu verleumden.
In meinen Augen haben die westlichen Medien Mo Yan nicht verleumdet, sondern überschätzt. In der Frankfurter Rundschau wurde Mo Yan auch gerade von Bernhard Bartsch in einem Interview vorgestellt. Leider kann man in Deutschland nicht erfahren, dass Mo Yan unter der kommunistischen Führung erst zu einem der erfolgreichsten Schriftsteller der VR China aufgestiegen ist.Eigentlich betrachte ich Autoren wie Mo Yan als Opfer des Regimes und möchte grundsätzlich nur die Wurzel allen Übels, das totalitäre System kritisieren, aber wenn Mo Yan nun auch als Mittäter aufgetreten ist, dann habe ich kein Problem, seine Karriere zu beleuchten, damit die deutsche Öffentlichkeit erfährt, was für Autoren sich von dem Zensuramt nach Frankfurt schicken lassen.
Die Rolle von Mo Yan & Co
Mo Yan ist Mitte der Fünfziger als Bauernsohn geboren, der die große Hungersnot zwischen 1959 und 1962 mit physischen und psychischen Schädigungen überlebte. Er gab zu, „Die Kinder in jener Zeit trugen alle einen großen Bauch, ihre Unterbeine waren so dünn wie Holzstücke, ihre Köpfe waren unvorstellbar groß", aber er verteidigte die dreijährige Hungersnot, die das Regime verursachte. Er schrieb, „viele Artikel haben die dreijährige schwierige Periode dunkel und freudlos dargestellt, das finde ich nicht richtig. In jener besonderen Periode gab es auch Freude, natürlich hatten alle Freuden mit dem Essen zu tun." Die Intellektuellen, die von dem Regime verfolgt werden, stellen die Hungersnot, die etwa 40 Millionen Todesopfer gefordert hat, nicht nur "dunkel und freudlos" dar, sondern fragen noch nach dem Grund. Ich fordere sogar die Chinesen auf, das Regime zur Rechenschaft zu ziehen.
Die chinesischen Bauern werden seit der Machtergreifung der KP versklavt. Sie werden von ihrer Geburt an benachteiligt und diskriminiert. Um dem Elend zu entgehen, ließ sich Mo Yan deshalb seit seinem 20sten Lebensjahr (1976) bei der roten Armee drillen und indoktrinieren.Mo Yan ist talentiert, aber an Talenten fehlt es in China nicht. Womit er sich auszeichnet, ist dass er genau die Eigenschaften der KP Chinas zeigt, verlogen und gewalttätig, wie sein Werk deutlich macht.
Im Jahr 1986, als Mo Yan seine Novelle „Die rote Hirse" („Das rote Kornfeld") veröffentlichte, gehörte die Autorin Yu Luojin zu den berühmtesten Schriftstellern in China. Yu gefielen aber die Selbstzensur und Zensur der KP nicht. So nutzte sie in diesem Jahr ihre erste Auslandsreise, um Asyl in Deutschland zu beantragen. Seitdem wird Yu in allen von der KP gelenkten Medien, einschliesslich der Deutschen Welle, totgeschwiegen. Aber das hinderte Yu nicht daran, ihr Lebenswerk „Ein großes Märchen", letztes Jahr in Hongkong auf eigenen Kosten zu veröffentlichen. Seit diesem Jahr ist sie genau wie ich im Internet aktiv, auch wenn sie nur auf Chinesisch schreibt.
Nachdem alle unabhängigen Schriftsteller vom Regime umgebracht, ins Gefängnis geworfen oder ins Exil gezwungen worden sind, gelten ein Propagandist wie Mo Yan in der VR China als Schriftsteller. Das Regime macht auch alles, um Mo Yan bekannt zu machen. In den Medien der KP lässt sich die Propaganda mit der Überschrift finden, „Der Direktor von der Frankfurter Buchmesse: Mo Yan hat die Hoffnung, den Nobelpreis zu bekommen.“ Der Preis dafür ist, dass Mo Yan sich nicht traut, wie Yu Luojin ihre eigenen Erlebnisse in der VR China literarisch zu verarbeiten, um das kommunistische Verbrechen zu zeigen.
Hingegen dient Mo Yan dem Regime mit seinem Schreiben, um das Verbrechen der Kommunisten zu vertuschen und den Nationalismus zu propagieren. Beispielsweise hat er die japanischen Verbrechen wie in der Novelle "Die rote Hirse" oder die westlichen Verbrechen wie in dem Roman „Das Sandelholzduft-Folter" („Die Sandelholzstrafe") angeprangert. Dabei haben die Kommunisten im Frieden viermal mehr Todesopfer gefordert, als die Japaner im zweiten Weltkrieg in China.
In dem genannten Interview behauptet Mo Yan, „Ja, in der Zeit von Mao Zedong war die Literatur eine Waffe der Revolution und die Schriftsteller mussten die Gesellschaft so darstellen, wie sie dem sozialistischen Weltbild entsprach. Aber im Reformzeitalter ist dieses Tabu gebrochen worden, und heute schreiben wir, wie wir wollen: über die Politik und die Gesellschaft, das Leben und die Liebe, Gewalt und Sex. " Mo Yan weiss ganz genau, dass nach dem Pekinger Massaker 1989 viele Intellektuelle verfolgt werden und nicht mehr in China veröffentlichen dürfen, aber Mo Yan kann die Wirklichkeit ignorieren und die Propaganda der KP verbreiten, ohne dabei rot zu werden.
Mo Yan lässt sich einerseits von den kommunistischen Machthabern gegen Bei Ling und Dai Qing ausspielen, andererseits versucht er in seiner Rede auf dem Symposium, sich als einen unabhängigen Autor darzustellen. Deshalb warf er in seiner Rede den deutschen Medien vor, das Gerücht verbreitet zu haben, dass er gesagt hätte, sich nicht mit Bei Ling in einem Raum aufhalten zu wollen, obwohl dies vom Zensuramt dem Organisator mitgeteilt wurde.
Mo Yan bedeutet nichts sagen
Die Frankfurter Rundschau hat darauf hingewiesen, das Mo Yan ein Name ist, den er sich selbst zugelegt hat. Auf Chinesisch bedeutet Mo Yan "Nichts Sagen". Ein Schriftsteller, der sich verspricht, nichts zu sagen, hat viel ausgesagt, nicht wahr? Mo Yan sagt und schreibt viel, aber nichts, was die Kommunisten nicht erlauben. Meine Kritik an ihm lässt sich leicht von seinen eigenen Worten belegen, „Meine Bücher spielen alle vor dem Hintergrund der chinesischen Geschichte der letzten hundert Jahre, und die bestanden vor allem aus Krieg und Elend. Das ist auch meine persönliche Lebenserfahrung. Ich bin 1955 in einem armen Bauerndorf geboren und in der Zeit des Klassenkampfes aufgewachsen. Wegen der Kulturrevolution konnte ich nur fünf Jahre lang die Schule besuchen, danach musste ich in die Welt der Erwachsenen. Die Menschen haben sich damals pausenlos niedergemacht, mal mit Worten, mal mit körperlicher Gewalt."
Er hat das kommunistische Verbrechen persönlich erlebt, aber er verurteilt nicht die Kommunisten, sondern verlagert seine Erlebnisse auf andere Zeiten, die er gar nicht kennt, um dem Zensuramt ja nicht zu missfallen. Und die Verbrechen, die das Regime jetzt begeht, ignoriert er einfach, weil er nicht mehr zu den Bauern gehört, die weiterhin diskriminiert werden. Selbst in Deutschland kann man die Hilferufe von den Bauern, deren Land weggenommen und vergiftet wird, wahrnehmen, aber Mo Yan scheinbar nicht.
Dennoch spricht Mo Yan davon, dass Schriftsteller die Ärzte der Gesellschaft sind.
In der VR China, in der die Menschen wegen der Gedanken- und Meinungsfreiheit umgebracht werden könnten, wie Falun Gong-Praktizierende, macht uns Mo Yan vor, als ob er den Anspruch auf die Gedanken- und Meinungsfreiheit stellt.Es ist auch kein Wunder, dass man in seinem Werk keine Achtung für die Grundwerte, kein Bewusstsein für soziale Gerechtigkeit und Verantwortung finden kann. Was er detailliert beschreibt, sind die Gewalt, die Foltermethode, die Gier, nicht zuletzt auch die Ausländerfeindlichkeit. Mo Yan wird zurecht als "blutdürstiges Monster" bezeichnet.
Aber leider werden Mo Yan und Co. auch in Deutschland als chinesische Schriftsteller anerkannt und vorgestellt, während die echten chinesischen Schriftsteller im Gefängnis und im Exil von den deutschen Sinologen meistens ignoriert werden.
Warum?
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Info:
Mehr zu Herles http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/838718?inPopup=true)
Mehr zu Wang Rongfenhttp://www.epochtimes.com/gb/9/9/14/n2656513.htm