Eisbären-Manager Peter John Lee hatte vorab im Programmheft schon mal optimistische Töne angeschlagen. Das Schöne im Eishockey sei, dass am Ende einer gegen die Erwartungen verlaufende Saison eben "noch alles möglich" sei.
Die Hoffnung ist daran geknüpft, dass die Mannschaft – nur die beiden Verteidiger Jens Baxmann und Frank Hördler (er könnte zu den Play-offs zurück kehren) waren nicht einsatzfähig – in fast kompletter Besetzung eine ganz andere Qualität aufs Eis bringt.
Gegen Nürnberg, mit zuvor 152 Treffern die torgefährlichste Crew der DEL (Eisbären 122) und mit 76 Punkten gar stolze 16 vor dem Titelverteidiger, wurde diese Annahme rund 55 Minuten eindrucksvoll untermauert. Hatte man bei den Hauptstädtern nach gutem Saisonstart erst Defensivschwächen attestiert. Dann – während einer Verletzten- und Krankenperiode – ungenügende Effizienz in der Offensive nebst Torhütermanko bescheinigt.
Gegen die Nürnberger aber trumpften die Berliner nach ihrem in der Vergangenheit oft erlebtem Erfolgmotto auf: Angriff ist die beste Verteidigung!
Da war der Einstieg nur ein Schönheitsfehler. Berlins junger Defensivmann Henry Haase musste konstatieren, dass ein hammerharter Schußversuch von der blauen Linie auch mal nach hinten losgehen kann. Denn Tigers-Topscorer Steven Reinprecht, ein Profi mit NHL-Routine, nutzte den Abpraller zum Alleingang und dem frühen 0:1 (3.) aus Berliner Sicht. Der nach einer Rippenverletzung wieder seinen Stammplatz im EHC-Gehäuse einnehmende Rob Zepp schien kalt erwischt worden.
Dann aber zeigte sich, dass die Formation von Berlins Cheftrainer Jeff Tomlinson die rund zweiwöchige Länderspielpause (da waren Constantin Braun für die deutsche Auswahl, Mads Christensen für Dänemark und Alex Trivellato für Italien unterwegs) im Training gut genutzt hatte.
Berlin hielt das Tempo hoch. Dank einer vierten Angriffsreihe mit Kris Sparre, Daniel Weiß und dem jungen Sven Ziegler. Sowie dem Einsatz des nach einem Magen-Darm-Infekt geschwächten Angreifers Florian Busch als siebenter Abwehrhelfer.
Fünf Tore in Folge markierten die Gastgeber mit fünf verschiedenen Torschützen: TJ Mulock, Barry Tallackson, Andre Rankel, Matt Foy, Darin Olver. Und es hätten noch mehr werden können. Zudem ließ Zepp die Gästeangreifer mit schnellen Reaktionen und gutem Stellungsspiel verzweifeln. Nürnberg wirkte teilweise überfordert und ratlos.
Tigers-Cheftrainer Tray Tuomie hinterher: "Da haben die Berliner so einen Druck aufgebaut, dass wir keine Mittel fanden." Begonnen hatte er sein Statement mit der Bemerkung: "Wir haben sehr gut angefangen und sehr gut aufgehört. Zwischendurch war nicht viel zu sehen. Aber Berlin war superstark. Man hat gesehen, dass sie heute drei Punkte brauchten und sie wollten." Was durch die Torschuß-Statistik von 37:30 zugunsten Berlins erhärtet wird.
Dass die Franken jedoch mit einem positiven Eindruck aus der Partie gingen, hing mit einem zu oft in dieser Saison erlebten Aussetzer bei den Eisbären zusammen. Drei Minuten vor dem Ende schienen sie gedanklich bereits in der Kabine. Kassierten das 2:5 (57.) durch Jason Jaspers und ermöglichten Patrick Reimer 23 Sekunden vor Ende noch zwei Tore.
"Diese Reimer-Show war völlig unnötig und tat schon weh", meinte Eisbären-Dompteur Tomlinson. Bis auf diese Minuten habe die Mannschaft, "das gespielt, was wir wollten und haben schlau und clever das aufs Eis gebracht, was wir uns vorgenommen hatten." Alles in allem also ein Erfolgserlebnis mit Einschränkungen, "das unser Selbstvertrauen dennoch gestärkt hat für den Rest der Hauptrunde".
Und Aushilfsverteidiger Florian Busch, der nach Ende Dezember wieder sein erstes Spiel bestritt und ein paar Kilo verloren hat, meinte: "War ein gutes Spiel heute. Überzahltor erzielt und die Chancen genutzt. Mal als Verteidiger dabei zu sein, ist schon ungewohnt. Aber damit habe ich kein Problem. Ich spiele da, wo mich der Trainer hinstellt. Selbst ins Tor würde ich gehen, obwohl ich das wohl nicht so gut könnte. Die drei Gegentore am Schluss dürfen natürlich nicht passieren. Für die Play-offs sehe ich gute Aussichten trotz der Schwächen über lange Wochen."