Leipzig, Deutschland (Weltexpress). Kreative siedeln sich gern im Leipziger Westen an, nicht nur in der Spinnerei, im Westwerk, im Tapetenwerk. Helena García Moreno hat zum Beispiel einen wunderbaren Arbeitsraum in der Endersstraße in Lindenau gefunden. Die aus Ecuador stammende Künstlerin ist überglücklich in dem ganz normalen Mietshaus. Durch zwei Schaufenster mit Vorhängen fällt der Blick auf die Straße, auf der anderen Seite wartet ein grünes Paradies mit einer von Efeu bewachsenen Mauer. „Hier fühle ich mich wie bei meiner Großmutter in Ecuador, der ich sehr nahe bin“, sagt Helena. „Die Großmutter hatte einen schönen Garten, und sie liebte die Natur.“ Auch deshalb fühle sie sich so wohl an diesem Ort mit so viel Grün. „Und ich habe nette Nachbarn, kann in Ruhe arbeiten.“
Die erste Zeit in Deutschland sei schwer gewesen, aber „jetzt bin ich in einer harmonischen Umgebung angekommen”, sagt die Künstlerin aus Ibarra, die an der Universität in Ecuador Kunst und Pädagogik studierte. Seit zehn Jahren lebt sie mit ihrem Mann in Leipzig. Die Malerin und Bildhauerin arbeitet mit Stein, Marmor, Holz und Ton. Ihre Werke speisen sich aus verschiedenen Quellen. Sie lasse ihren Gedanken freien Lauf und Raum. So entstehen Bilder und Skulpturen, die von „inneren Begegnungen“ erzählen, die alle mit Herkunft, Natur und der Kultur der Ureinwohner zu tun haben, zum Beispiel mit dem indianischen Volk der Otavalo oder der Afrokultur des Chota-Tals in der Provinz Imbabura, aber auch mit dem spanischen Barockerbe der ecuadorianischen Anden und der Mestizo-Kultur, aus der die Künstlerin stammt.
Das Bild eines Baumes mit Zweigen und Wurzeln entspringt aus den Quellen unterschiedlicher präkolumbischer Kulturen des amerikanischen Kontinents. Das Gemälde zeigt Symbole in Form eines Rhombus oder eines Kreuzes, das mit dem Sternbild des südlichen Kreuzes am Himmel in Verbindung gebracht werden könnte. Dieses Symbol stammt aus der 5000 Jahre alten peruanischen Caral-Zivilisation.
Für die präkolumbischen Kulturen war Mutter Erde die Wohnung, und der Sternenhimmel das Dach, erklärt Helena. „Ich bringe etwas mit von meinem Land, zum Beispiel die ecuadorianischen weiblichen Figuren Valdivia aus der Zeit um 3500–1500 v. Chr., und versuche, diese mit der Kultur hier zu verbinden.“ Das sei ein langer Integrationsprozess, in dem die Seele eine wichtige Rolle spielt. Ihr muss es gut gehen, dann ist sie eine Quelle der Kraft, aus der sich schöpfen lässt. „Man darf seine Wurzeln nicht vergessen und muss beweglich und flexibel bleiben, und hoffnungsvoll“, unterstreicht die Künstlerin.