Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die fortgesetzten Entscheidungen der deutschen Politik gegen den ausdrücklichen Willen der Bürgerinnen und Bürger gefährden die innere und äußere Sicherheit des Landes erheblich. Direkte Demokratie könnte die Situation erheblich verbessern.
Das Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr hat Ende Februar 2019 einen 340 Seiten umfassenden Forschungsbericht veröffentlicht: «Leben nach Afghanistan – Die Soldaten und Veteranen der Generation Einsatz der Bundeswehr. Ergebnisse der sozialwissenschaftlichen Langzeitbegleitung des 22. Kontingents ISAF».
Grundlage des Berichts waren umfangreiche Mehrfachbefragungen von mehr als 1000 Bundeswehrsoldaten, die von März bis Oktober 2010 in Afghanistan eingesetzt waren, also in einer Zeit zahlreicher Kampfeinsätze. Befragt wurden die Soldaten das erste Mal wenige Wochen vor ihrem Einsatz, während des Einsatzes, wenige Wochen nach der Rückkehr nach Deutschland und dann nochmals knapp drei Jahre später.
Medienaufmerksamkeit erzielte vor allem ein Untersuchungsergebnis, das auf Seite 28 der Kurzfassung des Forschungsberichtes so formuliert ist: «Etwa ein Viertel (27%) der Befragten ist […] davon überzeugt, dass der Einsatz der Bundeswehr letztendlich nutzlos gewesen ist, da er zu keinen grundlegenden Verbesserungen beigetragen hat. Weitere 26 Prozent der Befragten stimmen dieser Aussage teilweise zu.»
Einsatz in Afghanistan «nutzlos»
Etwas deutlicher formuliert: Mehr als die Hälfte der befragten Soldaten stimmte der Aussage ganz oder teilweise zu, dass der Bundeswehreinsatz in Afghanistan nutzlos war. Und das heißt laut der Studie: ohne nachhaltige Hilfe für die Menschen vor Ort – und das neun lange Jahre nach Einsatzbeginn.
Der tatsächliche Prozentsatz wird sehr wahrscheinlich höher liegen; denn die meisten Soldaten waren während der Befragungen noch im Dienst, ihr Dienstherr war die Krieg führende Bundeswehr, und die Befragungen fanden im Rahmen eines Forschungsprojektes dieser Bundeswehr statt. Man merkt dem Forschungsbericht an, dass die Bundeswehr nicht in Frage gestellt werden sollte.
Deutschlands Freiheit jedenfalls wurde nicht am Hindukusch verteidigt
«Deutschlands Freiheit wird auch am Hindukusch verteidigt» war die anfängliche regierungsamtliche Rechtfertigungsformel für den Truppeneinsatz – tausende Kilometer von Deutschland entfernt. Dann versuchte die deutsche Regierung das Bild zu vermitteln, der Armeeeinsatz wäre vor allem eine Art Rot-Kreuz-Einsatz mit Soldaten, also vor allem eine Hilfe für das Leben der Afghanen. 2006 aber, als der Krieg in Afghanistan mehr und mehr auch die deutschen Soldaten einholte, titelte das Nachrichtenmagazin Der Spiegel: «‹Die Deutschen müssen das töten lernen.› Wie Afghanistan zum Ernstfall wird».
Und dann, im Jahr 2010, stimmten mehr als 50 Prozent der befragten deutschen Afghanistan-Soldaten der Aussage, ihr Einsatz sei «nutzlos» gewesen, ganz oder teilweise zu.
Die Forschungsergebnisse liegen den zuständigen Stellen schon seit September 2017 vor. Genau so wie die regelmäßigen anderen Umfrageergebnisse, die immer wieder eine deutliche Mehrheit der Gesamtbevölkerung gegen den Afghanistan-Einsatz und auch gegen andere Auslandseinsätze zeigen.
Wille der Bürger bleibt ohne politische Konsequenzen
Politische Konsequenzen hat das alles bis heute nicht gehabt. Jahr für Jahr verlängert der Deutsche Bundestag den Bundeswehreinsatz in Afghanistan. Am 13. Februar hat die Bundesregierung erneut eine Einsatzverlängerung für 1300 deutsche Soldaten beschlossen. Sie wird wohl auch dieses Jahr ohne viel Diskussion den Bundestag passieren.
Das ist das Grundgefühl vieler Deutschen. Parlament und Regierung kümmern sich nicht um das, was die Bürgerinnen und Bürger wollen. Es gibt zwar Wahlen, aber die Gewählten handeln nach der Wahl nicht mehr nach dem Wählerauftrag. Und das betrifft nicht nur die Auslandseinsätze der Bundeswehr.
Der Unmut der Bürger wächst
Das hat in den vergangenen Jahren zu sehr viel Unmut geführt. Der Unmut äußert sich vielfältig. Ein paar wenige ehemalige verantwortliche Politiker und Spitzenbeamte wie Willy Wimmer, Albrecht Müller oder Oskar Lafontaine nehmen heute sehr kritisch Stellung. Eine neue Partei wie die AfD erreichte bei der Bundestagswahl mehr als 10 Prozent der Wählerstimmen und ist in alle Landtage eingezogen, zum Teil mit mehr als 20 Prozent der Stimmen. Demonstrationen, Kundgebungen und Veranstaltungen gegen die deutsche Politik und deutsche Politiker gibt es an vielen Orten Deutschlands. Viele Bürger haben sich von den Mainstream-Medien abgewendet und lesen alternative Medien, vor allem im Internet. Ehemalige Volksparteien wie CDU, CSU und SPD haben in den vergangenen Jahren zum Teil mehr als 50 Prozent ihrer Mitglieder verloren. Die Zahl aller Parteimitglieder in Deutschland ist zwischen 1990 und 2018 von 2,4 auf 1,2 Millionen gesunken. Das sind gerade einmal noch 1,5 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Deutschland bleibt auf politischer Talfahrt
Aber auch dies führt nicht dazu, dass sich die Politik verändert. Im Gegenteil: Viele Deutsche haben den Eindruck gewonnen, dass Deutschland ein Land im Niedergang ist und die Anzahl politischer Fehlentscheidungen weiter zunimmt.
Den Preis dafür zahlen aber nicht die politisch Verantwortlichen, sondern die Bürgerinnen und Bürger. Schlechte Politik trifft nicht die Politiker, sie trifft die Menschen im Land.
Und wenn es um Krieg und Frieden geht, kann schlechte Politik den Tod bedeuten. Tote deutsche Soldaten in Afghanistan sind ein Beispiel dafür.
Ein Wunder wäre es, gäbe es eine späte Einsicht der politisch Verantwortlichen. Aber an Wunder zu glauben ist kein überzeugender Ausblick.
Direkte Demokratie – ein Weg der Besserung
Hier wird die These vertreten: Nur wenn die Bürgerinnen und Bürger direkt und selbst in zentralen Fragen der Politik entscheiden können, kann es eine Wende hin zum Besseren geben! Direkte Demokratie ist der Königsweg für ein friedliches Deutschland.
Die Schweiz hat gute Erfahrungen mit ihrer direkten Demokratie gemacht. Direkte Demokratie verspricht nicht das politische Paradies auf Erden. Aber auf jeden Fall mehr Bürgernähe der politischen Entscheidungen und viel mehr gelebte Bürgersouveränität.
Zur direkten Demokratie gehört das Recht der Bürger, über politische Sachfragen unmittelbar zu entscheiden und nicht nur Personen und Parteien zu wählen. Die Schweiz kennt auf Bundesebene die Möglichkeiten der Volksinitiative und des Referendums. Bei der Volksinitiative geht es um eine Verfassungsänderung. Schweizer Bürger können innerhalb von 18 Monaten 100.000 Unterschriften sammeln, dann muss es eine Volksabstimmung über die von Bürgern vorgeschlagene Verfassungsänderung geben. Für ein Referendum können die Bürger innerhalb von 100 Tagen 50.000 Unterschriften sammeln, dann muss es eine Volksabstimmung über ein vom Parlament beschlossenes Gesetz geben. Bei jeder Verfassungsänderung, die vom Parlament ausgeht, und bei einigen Gesetzen ist die Volksabstimmung sogar obligatorisch.
Jedes Land sucht seinen Weg
Jedes Land und seine Bürger können ihren eigenen Weg hin zur direkten Demokratie finden.
Dazu gehört es auch, sich die Voraussetzungen bewusst zu machen und auch daran zu arbeiten. Dialogbereitschaft, Sachlichkeit und Ausgewogenheit in der öffentlichen Diskussion, gute Sachkenntnis des Bürgers, Interesse auch an den Argumenten der Gegenseite (also auch dem anderen gut zuhören können!), Bemühen um eine Gesetzgebung, mit der dann auch alle Bürger leben können … und so weiter – das braucht es, damit eine direkten Demokratie tatsächlich gelingen kann. Direkte Demokratie setzt mündige Bürger voraus – ist aber auch ein Beitrag dafür, dass Bürger mündig werden.
Die Forderung nach direkter Demokratie ist in vielen europäischen Staaten lauter geworden. Wer einmal die Veröffentlichungen des Dresdner Instituts für sachunmittelbare Demokratie (DISUD) und deren Kongressprogramme studiert, der erkennt leicht, dass es in vielen europäischen Ländern sehr ernsthafte Bemühungen um mehr direkte Demokratie gibt.
Deutschland hat gute Voraussetzungen
Auch Deutschland hat gute Voraussetzungen dafür. Für alle deutschen Gemeinden und Bundesländer sehen die Landesverfassungen direktdemokratische Verfahren vor. Die Hürden sind zum Teil noch hoch, aber vieles wurde in den vergangenen 30 Jahren verbessert. Die Erfahrungen, die Deutschland mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden, Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden gemacht hat, sind gut. Aber auf Bundesebene wurde der Verfassungssatz, dass die Staatsgewalt des Volkes auch durch Abstimmungen ausgeübt werden kann (Artikel 20, Absatz 2, Satz 2 Grundgesetz), bislang noch nicht in die Gesetzgebung umgesetzt. Die verantwortlichen Politiker verweigern den Deutschen bislang die Ausübung dieses Rechts – und diese Politiker werden dies auch weiter so tun, wenn die Forderung danach nicht breiter und nachhaltiger wird.
Obrigkeitsstaat und Untertan sind passé. Aber nicht weniger unwürdig ist es, den Menschen auf Arbeit, Konsum und Spaßhaben zu reduzieren. Direkte Demokratie braucht das engagierte Selbstbewusstsein des Bürgers, der eigentliche Souverän zu sein.