Deutsche Kriegspläne: Politik diskutiert über Wehrpflichtmodelle

Soldaten der Bundeswehr im sogenannten Auslandseinsatz angetreten. © ISAF Regional Command North / Petty Officer 1st Class Eric Dehm

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Um Deutschland kriegstüchtig zu machen, pumpt der Staat Hunderte Milliarden in die Bundeswehr. Was fehlt, sind Soldaten. Eine Arbeitsgruppe unter Verteidigungsminister Pistorius hat Vorschläge erarbeitet: Diskutiert werden verschiedene Wehrpflicht-Modelle für Männer und Frauen.

Die Kriegstrommeln werden lauter. Immer mehr Steuergeld fließt zulasten des Sozialstaats in die Rüstung. Das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr ist schon verplant. Damit Deutschland, wie mittlerweile tagein, tagaus von oben verkündet, nun wirklich „kriegstüchtig“ werde, fehlt aber eins: willige Soldaten. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) setzt auf Zwang: Die politischen Debatten über eine Neuauflage der Wehrpflicht werden ernsthafter, im Gespräch sind verschiedene Rekrutierungsmodelle.

Datenbank für brauchbare Rekruten

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, hat eine Arbeitsgruppe entsprechende Vorschläge, die nun diskutiert würden. Demnach favorisiert Pistorius einen ähnlichen Umbau des Militärs wie in Schweden: Eine Pflicht für alle jungen Männer und Frauen, dem Staat persönliche Daten digital zu übermitteln. So will man ihre körperliche Fitness und politische Einstellung erfassen.

Danach würden alle Jugendlichen kurz vor dem Erreichen ihrer Volljährigkeit von der Wehrdienstbehörde angeschrieben. Schon jetzt übermittelt die Bundeswehr allen 17-Jährigen in Deutschland Werbematerial, die Adressen stammen von den Einwohnermeldeämtern. Dies ist bisher unverbindlich. Nach Einführung eines solchen Modells wären die Jugendlichen jedoch gezwungen, Fragenkataloge zu beantworten. Es würde de facto eine Datenbank über „brauchbares Kanonenfutter“ entstehen.

Politische Gesinnung erfassen

In Schweden stellt der Staat etwa Fragen zur Gesundheit, Schulbildung und politischen Einstellung sowie zu Vorstrafen und persönlichen Interessen. Wer den Fragebogen innerhalb von zwei Wochen nicht oder nicht wahrheitsgemäß beantwortet, erhält eine Geldstrafe. Wer passend, also „fähig und motiviert“, erscheint, muss zur Musterung. Notfalls verpflichte Schweden aber auch „Unmotivierte“, um das Soll zu erfüllen, heißt es. Nach 15-monatiger Grund- und Spezialausbildung werden diese zu Reservisten für den Kriegsfall.

Als mutmaßlich willkommenes Nebenprodukt würde hierbei die politische Gesinnung miterfasst. Der Staat könnte Menschen entsprechend sortieren und kategorisieren – und gegebenenfalls vor- oder nachteilig behandeln, etwa bei der Möglichkeit zu studieren oder bestimmte Berufe auszuüben. Schon jetzt prüfen einige Bundesländer, darunter Bayern und Baden-Württemberg, künftige Staatsbedienstete vorab auf ihre „Verfassungstreue“, Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt ziehen gerade nach.

Politik für „allgemeine Dienstpflicht“

Mit einem solchen Modell könnte der Staat ein reguläres Wiedereinführen der allgemeinen Wehrpflicht umgehen. Für diese fehlen derzeit offensichtlich die politischen Mehrheiten: Die FDP und die Grünen sind wie die verbliebene Restlinke und das noch nicht im Bundestag sitzende Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) dagegen. In der SPD bekommt Pistorius auch Gegenwind. In der CDU variieren die Positionen zwischen allgemeiner Dienst- oder Wehrpflicht. Die AfD spricht sich seit 2016 dafür aus. 

Mehr Zustimmung könnte eine allgemeine Dienstpflicht erhalten. Die Süddeutsche zitierte dazu Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (SPD). Er sagte demnach, er wünsche sich mehr „Ideen, wie es gelingen kann, dass mehr Frauen und Männer mindestens einmal in ihrem Leben für eine gewisse Zeit aus ihrem gewohnten Umfeld herauskommen und sich den Sorgen anderer Menschen widmen“.

Die Verpflichteten könnten sich nach der Schule entscheiden, ob sie lieber im zivilen oder militärischen Bereich arbeiten wollen. Den Dienst an der Waffe bei der Bundeswehr könnte der Staat den jungen Menschen dabei finanziell besonders schmackhaft machen. Auch dies wäre laut Arbeitspapier der Pistorius-Gruppe ein Modell, um eine allgemeine Wehrpflicht zu umgehen und trotzdem genug Rekruten zu werben.

Keine Lust auf Krieg

An Willigen mangelt es den Kriegstreibern derzeit, um die immer lauter beschworene „Kriegstauglichkeit Deutschlands“ zu erlangen. Auf ihrem Höhepunkt in den 1980er-Jahren verfügte die Bundeswehr dank Hunderttausender Wehrpflichtiger in der alten BRD über eine halbe Million aktive Soldaten.

Doch die sinkende Geburtenrate bescherte immer weniger wehrpflichtige Jugendliche. Nach der sogenannten „Wiedervereinigung“ Deutschlands nahm offensichtlich auch der Wille drastisch ab, den Dienst an der Waffe abzuleisten. Junge Männer wichen vermehrt auf den Zivildienst aus. Im Jahr 2010 war so die Zahl aktiver Soldaten auf etwa 260.000 geschrumpft. Heute, 13 Jahre nach dem Aussetzen der Wehrpflicht, verzeichnet die Bundeswehr trotz aller teuren Kampagnen gut 180.000 Soldaten.

Ein Problem für die Kriegstreiber ist nicht nur die fehlende Lust junger Leute aufs Militär. Auch der Abbau der alten Strukturen aus den Zeiten der Wehrpflicht macht ihnen zu schaffen. Es müsste ein kompletter Apparat neu aufgebaut werden, der viele weitere Milliarden aus dem Steuertopf verschlingen wird.

Auch müsste das Grundgesetz geändert werden, um Frauen an die Waffe zwingen zu können. Aktuell könnte der Staat sie im Kriegsfall lediglich für Sanitäts- und Lazarettdienste zwangsverpflichten. Mit den genannten Modellen könnte er das Problem umgehen.

Aggressiver Imperialismus und Kriegskredite

Ersichtlich ist: Die westlichen Imperialisten und ihre politischen Fürsprecher sehen ihre Felle davonschwimmen. Die ökonomische Macht des westlichen Kapitals über die Welt schwindet, die Politik reagiert zunehmend aggressiver. Die NATO expandiert gen Osten und rüstet auf, Deutschland zieht mit – auch um den Preis des Sozialstaats und des gesellschaftlichen Friedens. Im Visier stehen vor allem die härtesten Konkurrenten des Westens: Russland und China mit ihren riesigen Märkten.

Das erst 2022 zulasten des gesellschaftlichen Wohlstands geschnürte 100-Milliarden-Paket alias „Sondervermögen“ – man sollte es wie vor 110 Jahren als Kriegskredite bezeichnen – für die Bundeswehr ist bereits, wie jüngst gemeldet, komplett verplant.

Bereits ab 2028 müsste die Politik also weitere Töpfe, gefüllt vom Steuerzahler, anzapfen, um Deutschland nach ihrem Willen „kriegstüchtig“ zu machen. Dafür ist sogar ein partielles Aussetzen der fürs normale Volk „heiligen“ Schuldenbremse im Gespräch. Die Propaganda dazu läuft bekanntlich auf Hochtouren.

Widerstand von unten

Zu stoppen wäre diese Entwicklung wohl nur mit massivem Widerstand von unten. Ohne Kanonenfutter wären die Herrschenden aufgeschmissen. Ein erster Schritt könnte es sein, sich der allgegenwärtigen Propaganda in den deutschen und anderen westlichen Medien bewusst zu werden – und ihr zu widerstehen.

Der 1919 ermordete Revolutionär und Kommunist Karl Liebknecht sagte einst: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land.“ Daran könnte man sich im Deutschland des Jahres 2024 wieder erinnern. Denn die wahre Spaltung verläuft – mal wieder – genau dort: zwischen den Interessen der Herrschenden und der Beherrschten. Diese waren noch nie miteinander kompatibel.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Susan Bonath wurde am 24.4.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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