Der Junge Mead ist nicht verrückt, er hat auch keine Wahnvorstellungen, er ist einfach genial. Melissa Jacoby, die selbst über einen mathematisch genialen Vater verfügt, hat zunächst ihr Arbeitsleben als Artdirektor eines großen amerikanischen Verlages hinter sich gebracht, bevor sie diesen ersten Roman schrieb. Die Geschichte eines Jungen, der mehrere Schulklassen überspringen darf und seinen Abschluss am College mit nur achtzehn Jahren fast in der Tasche hat. Sein Vater ist Bestatter (wie die Großeltern der Autorin) und die Mutter hat den Jungen in der Provinz auf Höchstleistung dressiert. Dass Mead kurz vor dem Abschluss, der mit einem Vortrag vor geladenen Mathematikern zelebriert werden sollte, in seine Heimatstadt flieht, scheint zunächst überraschend. In Rückblicken erfahren wir die ganze Geschichte. Es treten auf: ein schöner junger Mann, sehr begabt in Mathematik, reich und mit allen Vorteilen seiner Herkunft gesegnet, der Mead seine Freundschaft anträgt. Ein eigenartiger Professor, der Fahrrad fährt und vom Kollegium gedisst wird, ein begehrenswertes Mädchen. Und viele alte Geschichten, die vor allem eins zeigen, seinen Altersgenossen voraus zu sein, macht nicht glücklich.
Fazit: ein packender Schmöker, einfühlsam und dicht geschrieben, zeitlos in der Erzählung vom Erwachsenwerden, wunderbar in der Verflechtung von höherer Mathematik und dem Wert von Freundschaft und Liebe. Das passende für die kommenden Winterabende.
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Melissa Jacoby, Der verführerische Charme der Durchschnittlichkeit, Aus dem Englischen von Jakob Schmidt, Roman, 464 Seiten, Droemer Verlag, März 2011, 19,99 Euro