Ort des Geschehens: der Schlackekeller am berühmt-berüchtigten Berliner Szeneclub Berghain. An diesem Abend ist er zu einem Sakralbau mutiert. Junge Kerle in Mönchskutten schwenken Weihrauch-Behälter, Kirchenfenster-Projektionen leuchten tiefblau von der Wand.
Das Phettbergsche Rundum-Wohlfühlprogramm, inszeniert eine als herrlich selbstironische Performance, bildete den krönenden Abschluss einer Filmpremiere. „Der Papst ist kein Jeansboy“ zeigt, wie der einstige Medienliebling jetzt lebt. Mit „Phettbergs Nette Leit Show“ hatte der damalige Talkmaster in den 90ern auch in Deutschland für Furore gesorgt. Der Begriff „Kult“, so abgegriffen er auch sein mag, er traf auf ihn zu. Inzwischen ist es um ihn ruhig geworden.
Es sind strenge Schwarzweiß-Bilder, mit denen sich Regisseur Sobo Swobodnik dem Protagonisten nähert, behutsam, einfühlsam, fast zärtlich. Niemals voyeuristisch.
Hermes Phettberg alias Josef Fenz, bekennender schwuler Sado-Masochist, gescheiterter Pastoralassistent, Autor und Gesamtkunstwerk. Gezeichnet von drei Schlaganfällen und einem Herzinfarkt hält sich der „Scheiterhaufen“, wie er sich nennt, vornehmlich in seiner Wiener Wohnung auf. Das einstige Schwergewicht wirkt nur noch wie ein Schatten seiner selbst. Dieser radikal Unangepasste, dieser Fels in der Brandung des Mainstream, dieser Mann mit dem gewöhnungsbedürftigen Äußeren und dem strahlend schönen Inneren, er kann kaum gehen und nur mühsam sprechen. Das Schwadronieren, Räsonieren, Philosophieren übernimmt daher Josef Hader als Sprecher.
Es sind bestürzende Bilder auf den ersten Blick, doch letztendlich zeigt dieser sehr sehenswerte Film einen Menschen, der nicht aufgibt. Ein Wrack? Ein Gebrochener? Keineswegs. Der einstige Star hält Kontakt zu Fans und Freunden, er schreibt Kolumnen für ein Stadtmagazin. Und lässt sich von negativen Erinnerungen nicht unterkriegen. Dieser verfluchte Naturkundelehrer, der den „schlimmen Buben den Arsch versohlt“ hat. „Mich hat er nie als schlimm befunden“, seufzt er. Nein, Hermes Phettberg hat seinen schwarzen Humor nicht verloren. Und sein Lebenswille scheint unbändig zu sein: „109 werde ich, beinhart.“ Möge er Recht behalten, dieser Unkaputtbare.
„Der Papst ist kein Jeansboy“, Kinostart: 2. Juli 2015.