Der Natur ganz nahe – unterwegs im Norden Idahos

Ausgerüstet mit Kannen, Eimern und Bechern durchkämmen sie das Gebüsch, das sich den Hang entlang rankt. Den Blick intensiv auf den Boden geheftet, als gälte es dort seltene Schätze zu entdecken. Alle Jahre wieder, wenn die Huckleberry-Saison beginnt, kommt dieses Urverhalten der Menschheit zum Vorschein: Es wird gepflückt und gesammelt. Jung und Alt ergreift diese Leidenschaft und treibt sie in die dichtesten Wälder und auf unwegsame Höhen. Ähnlich der europäischen Blaubeere, nur etwas kräftiger im Geschmack, wird die dunkelblaue Huckle-Beere nicht nur zu einer delikaten Marmelade verarbeitet. Sie landet auch als Dressing auf dem Salat oder als Mojo in der pikanten Küche.
Die Schweitzer-Mountains, die sich 1920 m über den Pend Oreille See in Nord-Idaho erheben locken viele Sammler im späten Sommer in die Berge. Dabei ist dieses Vergnügen nicht ganz ohne Gefahr. Auch andere Kreaturen wissen um die süße Köstlichkeit und sind nicht bereit zu teilen. Für einen Grizzly ist der Bedarf an Beeren enorm, damit er mit gehörigem Winterspeck die kalte Jahreszeit überlebt. Um die dafür nötigen Kalorien aufzunehmen, müsste ein Bär 10 Stunden am Tag Grünzeug fressen. Doch meist sind die Tiere scheu und meiden die menschliche Nähe.
Der Legende nach soll sich vor über 100 Jahren ein Schweizer Eremit am Fuße der Selkirk Mountains niedergelassen haben. Zwar wusste man wenig über den Mann, angeblich diente er in der Schweizer Armee. Aber aus irgendeinem Grund hinterließ er bei der Bevölkerung einen bleibenden Eindruck, so dass sie dem Gebirgszug, der sich nördlich des Pend Oreille Sees erhebt, den Namen Schweitzer gaben. Mit der Eröffnung des Schweitzer Mountain Resort im Jahre 1963 war es möglich diese Region zu jeder Jahreszeit für sportliche Aktivitäten zu nutzen. Ein Sessellift führt bequem auf die Höhe; Ausgangspunkt für zahlreiche Wanderungen. Sehr beliebt ist die rasante Abfahrt für Mountain-Biker. Dabei gilt es allerhand extra eingebaute Hindernisse zu überwinden. Während des Winters sind die schneesicheren Pisten bei Skifahrern aus der engen und weiteren Umgebung gefragt.

Die Aussicht an dem sonnigen Sommertag ist fantastisch. Winzig klein scheinen die Häuser und Straßen Sandpoints. Von hier oben ist erkennbar, wie der See Pend Oreille zu seinem eigenartigen Namen kam. Ein franko-kanadischer Pelzhändler verglich ihn mit einem Ohranhänger, ein charakteristisches Schmuckstück der Kalispell Indianer, die das Gebiet um den See besiedelten. Das Gewässer ist 105 km lang und an manchen Stellen 350 m tief. Gespeist wird er vom Clark Fork River und Pack River und entwässert in den Pend Oreille River. Während des II: Weltkrieges war das Südende des Sees das zweitgrößte Trainingslager der Welt für Marineübungen. Aufgrund seiner Tiefe wird er auch heute noch für akustische Versuche im Zusammenhang mit U-Booten von der amerikanischen Marine genutzt.
Sandpoint ist eine charmante Stadt, mit ungefähr 8200 Einwohnern überschaubar. In zahlreichen Boutiquen wird die neueste Mode präsentiert. Gemütliche Restaurants und Cafés laden zum Verweilen ein. Das ganze Jahr über gibt es kulturelle Veranstaltungen. Zudem ist der See ein Eldorado für Wassersportler. Entlang des Ufers wechseln sich moderne Bauten mit wunderbar restaurierten historischen Holzhäusern ab.
Sandpoint liegt auch an der Strecke des International Selkirk Loop und an zwei landschaftlich sehenswerten Nebenstrecken, dem Wild Horse Trail und dem Pend Oreille Scenic Byway.

Weitblick und Romantik an der Dover Bay

Heiseres Geschrei tönt dem Vogel mit den weit ausladenden Schwingen entgegen, als er sich dem Nest nähert. Kaum gelandet machen sich zwei hungrige Jungtiere über die mitgebrachte Beute her. Auf der Spitze eines Strommastes thront das Wagenrad große Nest aus Ästen und Gestrüpp des Fischadlers. Die Nähe zum Menschen scheint ihn nicht zu stören. In der romantisch gelegenen Bucht Dover Bay kann man in der Ferienanlage mehrmals am Tag dieses Schauspiel beobachten. Nur wenige Meter vom Ufer entfernt liegen luxuriös ausgestattete Häuschen und Apartments. Von der Veranda hat man einen herrlichen Überblick über den Seitenarm des Pend Oreille Sees und die anschließenden Hügel. Man befindet sich in guter Gesellschaft: Kanada-Gänse ziehen schnatternd ihre Kreise im Wasser, hin und wieder katapultiert sich ein Fisch in die Höhe. Wenn er Glück hat, ist der Fischadler nicht in seiner Nähe. Das Dover Bay Resort wurde vor wenigen Jahren eröffnet. Neben den vermieteten Condominiums haben auch Privatpersonen in der weitläufigen Anlage sehenswerte Blockhäuser gebaut. Eine Marina, Spielplätze, Strände, ein Cafe, Spazierwege und Parkplätze ergänzen und bereichern den Reiz der Anlage am Rande der Wildnis.

Das Glück der Erde ”¦.. bei der Western Pleasure Guest Ranch

Staub wirbelt auf, die Hufe donnern über die ausgetrocknete Erde. Plötzlich ist man froh über den Zaun, der einen von der vorbei stürmenden Pferdeherde trennt. Ein alltägliches Ritual für die Cowgirls der Western Pleasure Guest Ranch. Nach getaner Arbeit dürfen sich die Tiere auf einer weiter unterhalb liegenden Weide ausruhen und austoben. Sieht man, wie viel Energie in einem Pferd steckt, so ist dieses mit einem gemütlichen Trail-Ride doch stark unterfordert. Für die weniger geübten Reiter ist es jedoch eine Möglichkeit, die ursprüngliche Natur in aller Ruhe vom schaukelnden Rücken aus zu genießen.
„Diese Drei nehmen wir für den heutigen Ausritt“. Macey deutet auf drei Pferde mit interessanter Punktzeichnung. Es sind Appaloosa. Sie schnauben etwas ungeduldig, nehmen jedoch die Streicheleinheiten und mit gebrachten Leckereien gerne an. In der Sattelkammer riecht es herrlich nach Leder. Nebeneinander aufgereiht sind Meisterwerke der Handwerkskunst. Bei genauerem Hinsehen stellt man fest, wie viel Arbeit und Können in dieser Reitunterlage stecken. Auf der einen Seite soll sie dem Reiter möglichst bequemen und sicheren  Sitzkomfort bieten, andererseits soll sie sich natürlich dem Körper des Lasten tragenden Tieres anpassen. Geduldig erklärt Macey den Charakter und das Verhalten der Pferde. Sie können recht eigensinnig sein, wenn es um die Rangordnung untereinander geht. Die nächsten Stunden taucht man ein in eine Welt, die in Deutschland nur noch schwer zu finden ist. Umgeben von einem noch recht jungen Wald, der sich nach einer Abholzungswelle vor 100 Jahren wieder erholt hat, ist man von Stille umgeben. Fast schon unanständig klingt die Unterhaltung, die zwischen den Reitern stattfindet. Daneben ist nur das gleichmäßige Klack der Hufe zu hören. Ein scheuer Hirsch ergreift die Flucht und Rinder, von der benachbarten Weide, staunen neugierig durchs Unterholz. Ein dunkelbrauner Haufen mit unverdauten Beeren gibt Hinweis auf einen vorbei gezogenen Bären.
Zurück im heimischen Pferch, erlöst vom schweren Sattel, wälzen sich die Pferde genüsslich im Staub. Für heute ist Feierabend. Im Blockhaus duftet es köstlich. Das vielseitige Büffet wird auch dem hungrigsten Reiter gerecht. Steaks über romantischem Lagerfeuer stehen jedoch nicht auf dem Speiseplan. Für die Jahreszeit ist es viel zu trocken und offenes Feuer verboten. Für die Gäste kein Problem. Für die Besitzer, auf deren Weiden das Gras nicht so richtig wachsen will bedeutet es eine weitere finanzielle Belastung: Heu muss dazu gekauft werden, um die Pferde zu füttern. Wenn alle schon gemütlich in den Blockhausbetten schlummern, ist für Janice der Ranchalltag noch nicht zu Ende. Rechnungen müssen bezahlt werden, wie viel Reiter haben sich für morgen angemeldet, was muss für den Speiseplan der nächsten Tage eingekauft werden. Auf die Frage, ob sie überhaupt noch Zeit für ein bisschen Cowboyromantik hat, antwortet sie strahlend: “Sure!“. Sie kann sich kein anderes Leben vorstellen, als hier in der Einsamkeit, in der Natur mit ihren Pferden.

Informationen:

Anreise: Lufthansa fliegt täglich nonstop von Frankfurt nach Calgary, dem nächstgelegenen Langstreckenflughaben für den Norden Idahos, www.lufthansa.com .
In Calgary können preiswert Mietwagen für eine Individualreise in Kombination mit Kanada gemietet werden. Die Einreise auf dem Landweg in die USA ist problemlos ohne vorher erforderliches Visum möglich und kostet US $ 6,- pro Person. Das Visum gilt für mehrere Einreisen 3 Monate. Spezialist für Nordamerika ist CRD Internation in Hamburg mit zahlreichen Angeboten, für Flüge, Mietwagen und Quartiere, www.crd.de.
Auskünfte und Reservierungen über das Doverbayresort gibt es unter www.doverbayidaho.com;
bei Lust auf einen Ranchaufenthalt mit Reitgelegenheit gibt es Möglichkeiten auf der Western Pleasure Guest Ranch, www.westernpleasureranch.com . Allgemeine Informationen gibt es unter www.visitidaho.org.
Reiseliteratur: im Münchener Kunth Verlag ist der prächtige Band „Traumstraßen USA/Kanada“ mit 256 Seiten im Format 23,4 x 29,7 cm zum Preis von Nur € 19,95 erschienen; ISBN 978-3-89944-207-6, www.kunth-verlag.de

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