“Psychothriller” sei sein liebstes deutsches Wort, erzählt Marc Whitacer (Matt Damon). Als Protagonist eines Thrillers will er sich gern sehen und ist es – Ironie des Schicksals – kurz darauf tatsächlich. Trotz des Humors ist “Der Informant!” keine Komödie. Soderberghs messerscharfer Humor schneidet bis aufs Blut. Unter der grotesken Komik ist die Filmadaption eines wahren Betrugsfalls zutiefst pessimistisch. Als “Der Informant!” beschuldigte der für den Agrarriesen ADM arbeitende Whitacer den Konzern der Preisabsprache auf dem internationalen Markt. Aus reinem Anstand tut er dies angeblich. Dass Whitacres vermeintliche Aufrichtigkeit zutiefst unaufrichtiges Verhalten nach sich zieht, ist nur das erste Paradox von vielen. Das FBI benötigt Beweise, um den Vorstand von ADM anzuklagen. Andere Filmhelden mögen sich unwillig das Abhörgerät anschnallen lassen. Whitacer hingegen moderiert die von ihm mitgeschnittenen Geschäftsgespräche wie ein Fernsehstar, den man endlich ans Mikro lässt. Kann sich der Geschäftspartner bei einer Konferenz umsetzen? Die versteckte FBI-Kamera kann sonst schlecht filmen. “Man müsste eine Fernsehserie drehen, über einen Typen, der irgendwie zweigeteilt ist.“ , denkt Mark in seinem ununterbrochenen Off-Monolog. Soderbergh hat einen Kinofilm darüber gemacht. Mark ,“Der Informant!“, ist genau dieser ambivalente Typ.
Über sieben Millionen Dollar unterschlägt Mark durch seine Betrügereien. Er scheint selbst zu glauben, wenn nicht an die Wahrheit seiner Geschichten dann an seine Rechtschaffenheit. Die erst für, später gegen ihn ermittelnden FBI-Agenten werden zu persönlichen Freunden: “Der ist ein guter Zuhörer.” Tief im Inneren ist er, „Der Informant!“, ein Kind, welches sich nach Aufmerksamkeit sehnt. Trotz des Beistandes seiner Frau Ginger (Melanie Levinskey) ist Mark einsam. Die Lügen sichern ihm Anerkennung. “Vielleicht war es ein Fehler, damit anzufangen, aber weitergemacht haben die anderen.”, sagt Mark, als seine Lügen sich verselbständigen. “Kinder”, schwindelt Mark gegenüber einem Kollegen nach einem heimlichen Telefongespräch mit seinem FBI-Kontaktmann Brian (Scott Bakula). Fast ein ironischer Kommentar, denn der FBI-Agent quengelt wie ein kleiner Junge, als Mark seine Betrugsgeschichte versanden lassen will. Wer will schon das FBI enttäuschen? Tom Cruise bestaunt Whiteacer im Kino-Thriller “Die Firma” und mit dem Schönling vergleicht er sich. Mark spinnt sein Garn so lange weiter, bis er sich einen Strick daraus gedreht hat. Was wahr ist und was erlogen weiß am Ende keiner mehr, nicht einmal der Psychiater, der Marks Strafmaß vor Gericht mindern soll. Ob er psychisch krank ist, verrät “Der Informant!“ nicht. Der echte Whiteacer konnte es wohl Soderbergh nichts sagen. ‚Pseudologica fantastica‘ bezeichnet zwanghaftes Lügen, selbst, wenn der Lügner nicht davon profitiert. Aber “Der Informant!” Whiteacer profitierte 7,7 Millionen – wenn nicht mehr. Da mag auch der Richter nicht mehr an Leidensdruck glauben.
“The Informant!” schreit der Filmtitel. Der grelle Fingerzeig ist ein versteckter, einer von unzähligen doppelten Böden, die “The Informant!” – Film und Hauptfigur – peu a peu unter seinem Publikum wegzieht. Regisseur und Drehbuchautor Soderbergh analysiert in seinem komödiantischen Industriethriller die Lüge, Ihren Schaden, ihren Nutzen, ihre Unvermeidbarkeit. Er seziert sie und zelebriert sie auch ein wenig, so wie alle populären Lügenmärchen letztendlich auf der Seite des Schwindlers stehen. Matt Damon ist als “Der Informant!” das Zentrum in der Riege erstklassiger Akteure in hervorragender Kulisse, die wie aus den Sechzigern wirkt, aber die Neunziger darstellt. Eine letzte Täuschung und gleichzeitig die erste. Am Ende beißt sich die Geschichte selbst in den Schwanz. Selten amüsiert man sich im Kino so. Obwohl es eigentlich zum Heulen ist.
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Titel: The Informant! – Der Informant!
Land/Jahr : USA 2009
Genre: Satire
Kinostart: 5. November 2009
Regie und Drehbuch: Steven Soderbergh
Darsteller: Matt Damon, Scott Bakula, Joel Mchale, Melanie Levinskey
Laufzeit: 108 Minuten
FSK: ab 12
Verleih: Warner Bros.
Internet: www.DerInformant-derFilm.de