Nachdem die jugendliche Bella (Kristen Stewart) sich im ersten Teil der „Twilight“-Saga Edward (Robert Pattinson), den Spro? des ortsansä?igen Vampirclans, kennenlernte, wird die im Kino nicht ungewöhnliche Vampir-Mensch-Liebe einer schweren Prüfung unterzogen. Gegen ihre niederen Triebe müssen beide ankämpfen. Um mit Edward vereint zu sein, will Bella zur Vampirin gemacht werden. „Verändere mich!“, schmachtet sie, doch Edward widersteht der bösen Versuchung. Die Mitglieder seiner Vampirfamilie sind gegen ihren Blutdurst weniger resistent. Als Bella fast gebissen wird, geht Edward mit seiner Familie fort, um Bella nicht zu gefährden. Keuchend vor Sehnsucht – des Herzens, natürlich! – windet sich die Verlassene im Einzelbett. Als guter Tröster erweist sich ihr Jugendfreund Jacob (Taylor Lautner). Doch Jacob trägt sein eigenes düsteres Erbe mit sich: „Du bist also ein Werwolf.“, muss Bella feststellen. Immer Pech mit den Typen! Sollte Bella einen Kerl mit Verband treffen, ist der sicher eine Mumie und ein Surfertyp verwandt mit der Kreatur aus der Schwarzen Lagune. Bella lernt, sich ohne Mann zu befriedigen: in Gefahrensituationen hört sie Edwards Stimme. Um ihm so nah zu sein, riskiert sie sogar ihr Leben.
„New Moon“ ist der zweite Band der kruden Blutsaugerschnulze aus der Feder Stephanie Meyers, die mit ihrem Welterfolg zum amerikanischen Pendant von J. K. Rowling wurde. Die guten Vampire sind bei Meyers „Vegetarier“, die kein Blut trinken. Diese – für Vampire – unnatürliche Unterdrückung der Triebe ist Teil der Enthaltsamkeitsbotschaft von „New Moon“. Man muss nicht Sigmund Freud sein, um die abstruse Handlung als sexuelle Parabel zu erkennen. Bella und Edward müssen gegen ihre Begierde ankämpfen. Widerstehen sie nicht, wird Bella mit Edwards Vampirismus infiziert. Das Blut der lebenden und untoten Protagonisten ist in Wallung – fließen darf es nicht. Penetration ist in „Twilight“ Sünde, ob von Halsschlagadern oder anderen Körperteilen. Bellas Gier nach Gefahrensituationen, welche sie geistig dem Liebsten nahe bringen, ist unverkennbare Metapher für Selbstbefriedigung. „Bis(s) zur Mittagsstunde“ endet die fast tödlich. Bellas Zuneigung zu Jacob stört wiederum dessen archaischen Männerbund der Werwölfe. Die Ausflucht, welche „New Moon“ für diesen Schlamassel anbietet ist so bieder und dabei völlig ernst gemeint, dass einem das Lachen im ungebissenen Hals stecken bleibt. In groteskem Widerspruch zu der bigotten Sexualmoral von „New Moon“ strotzt die Vampirromanze vor schwülstiger Körperlichkeit. Schlanke männliche Oberkörper werden entblö?t, in Zeitlupe oder leidenschaftlich-schnell. Daß Kerle in „New Moon“ prinzipiell ohne Hemd herumlaufen, fällt keinem der Filmprotagonisten weiter auf. Ein ganzes Rudel halbnackter männlicher Werwölfe soll das jugendliche weibliche Zielpublikum lechzen lassen. Da möchte selbst die strengste Filmkritikerin “Twilight – New Moon“ ein „pädagogisch wertvoll“ geben – zumal die Werwölfe selbst bei der Verwandlung ihre Bermudahosen anbehalten.
Die Blutsauger stehen bei „New Moon“ hinter der Kamera. Geschickter als die Vampire des Films lassen die Produzenten und die Autorin der Vorlage ihre Anhänger zur Ader. Ein Ende des cineastischen Horrors ist nicht abzusehen. „Bis(s) zum Morgengrauen“ und „Bis(s) zum Abendrot“ stehen noch bevor. Unheimliche Atmosphäre gelingt der faden Jugendromanze nie. Für kaltes Grausen sorgt lediglich der enorme Anklang, welchen Meyers verquere Wertevorstellungen ausgerechnet bei jungen Lesern finden. So sicher sind sich die Filmemacher ihrer Zielgruppe, dass sie sich Testvorführungen mit Jugendlichen sparen. „Macht nichts.“, sagt die kleine Schwester, als man sie doch nicht zur Vorführung mitnehmen darf. Weil der Film so miserabel ist? „Nein, den guck ich eh noch. Mit allen meinen Freundinnen.“ Gruselig.
Titel: New Moon – Bi(s) zur Mittagsstunde
USA 2009
Genre: Romanze
Start: 26. November
Drehbuch: Melissa Rosenberg
Darsteller: Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner, Ashley Greene
121 min.
Verleih:Concorde
www.twilightthemovie.com