Annett Gröschner wandert durch Berlin und lässt erfrischender weise den Prenzlauer Berg rechts liegen, sie beschreibt uns die alte/neue Mitte, füttert Beobachtungen mit Archiverkenntnissen und bereichert das Ganze mit Humor und einem Schuss Sarkasmus. Wirklich, beim Lesen dieser herrlich zugespitzten Bonmonts vergeht einem das Schmunzeln, lautes Lachen ist angesagt! Wie liebevoll und ironisch die Autorin mit der wechselhaften Geschichte unserer Provinzmetropole umgeht, ist so einleuchtend wie lehrreich. Das Tröpfchen Anarchie lieben wir an unserer Chronistin und empfehlen die sehr ernstgemeinte Satire „Heimatkunde Berlin“ jedem Berliner, jedem Zugezogenen, jedem Besucher und jedem Heranwachsenden im Umkreis von 500 km – vor allem sollte sich der Leser die mehrseitige Liste der Autorin – „Was mir fehlte, müsste ich woanders wohnen“ kopieren und an den Kühlschrank hängen! Die nächsten Jahre wären gefüllt mit Berliner Besichtigungsaufgaben a` la Annett Gröschner. Hier ein klitzekleiner willkürlicher Auszug:
”¦ „die aufgebrezelten Mädchen in der Schlange vorm Berghain;
”¦ zehntausend Stimmen, die „Eisern Union“ schreien;
”¦ der Sternenhimmel über dem Weißen See in einer Sommernacht und sein weiches, warmes Wasser;
”¦ der Geruch des Waldes neben dem Gefängnis Tegel;
”¦ das bunte Laub auf den Hinterhöfen im Herbst;
”¦ der Savignyplatz frühmorgens um sechs, wenn die Füchse spazieren gehen;
”¦ der Hauptbahnhof von weitem;
”¦ der Reichstag, aber nur eingepackt;
”¦ die Spatzen im Tierpark und das Dreifingerfaultier im Zoo;
”¦ Rixdorf zu Weihnachten und die Altstadt von Köpenick im Frühherbst;
”¦ das Riesenrad und die Dinos vom Plänterwald, von der Vegetation verschlungen;
”¦ das Badeschiff morgens um acht mit Blick auf die Oberbaumbrücke”¦“
Lesungstermine und weitere Tipps zur Autorin: http://www.annettgroeschner.de
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Annett Gröschner, Heimatkunde Berlin, Reihe cadeau, 128 S., Hoffman und Campe Verlag, Hamburg, 15 €