Der 1. FC Union bleibt weiter sieglos – Auswärtsstarke Nürnberger mit brutaler Effizienz und der richtigen Taktik

Michael Köllner
Michael Köllner, Trainer des 1. FC Nürnberg. © 2018, Foto: Hans-Peter Becker

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Für die Anhänger des 1. FC Union geht die Zeit des Leidens weiter. Über die zu Saisonbeginn geäußerten Ziele sollte momentan nicht gesprochen werden. Jetzt geht es um das nächste Etappenziel und das kann nur heißen, endlich mal wieder einen Sieg holen. Seit nunmehr 7 Spielen in Folge wurde nicht mehr gewonnen. Der letzte Sieg wurde am 13. Spieltag im Heimspiel gegen den FC St. Pauli errungen, der November hatte gerade begonnen. Es war ein wichtiger Sieg, Union stand auf Tabellenplatz 3. Vorübergehend zogen sie am 1. FC Nürnberg vorbei. Knapp 3 Monate und einen Trainerwechsel später ist das Saisonziel hinter dem Horizont verschwunden. Das Spiel gegen den 1. FC Nürnberg ging mit 0:1 verloren, nach einem Spielverlauf, der ratlos macht.

Bei den Eisernen stimmte wenigstens die Kulisse. Es war nicht ganz ausverkauft, 21.734 Fans, darunter fast 2.000 im Gästeblock hofften auf ein gutes Spiel.

„Ich bin ein bisschen sprachlos“, äußerte Sebastian Polter nach dem Spiel und das beschreibt die Stimmungslage ganz gut. Die Nürnberger gingen in der 11. Minute im Anschluss an einen Eckball in Führung. Innenverteidiger Ewerton wuchtete per Kopf den Ball in das Tor. Anschließend operierten die Gäste im Stil einer Spitzenmannschaft und verwalteten den kostbaren Vorsprung. Die Einstellung bei den Eisernen stimmte, auf den etwas rutschigen Rasen bekamen sie kaum etwas zusammen. Ihre beste Phase hatten die Eisernen zwischen der 19. und 40. Minute. Akaki Gogia rückte für den erkrankten Steven Skrzybski in die Startformation, er hatte zwei gute Möglichkeiten. Allerdings traf er nur das Außennetz des Tores. Der Ausgleichstreffer wäre verdient gewesen. Vielleicht hätte er das Spiel insgesamt in anderen Bahnen gelenkt.

In der 2. Halbzeit wurden die Versuche der Eisernen immer verzweifelter. Es ging immer weniger zusammen, ständig Fehlpässe und Missverständnisse im Aufbauspiel. Trainer André Hofschneider reagierte in der 66. Minute, für Grischa Prömel kam Damir Kreilach. Die Nürnberger versuchten den einen oder anderen Konter auszuspielen, um die endgültige Entscheidung herbeizuführen. Den Eisernen lief die Zeit davon und mit dem Ablauf der Spieluhr, entwich das Selbstbewusstsein bei den Spielern in weiß-rot. Die Angriffsbemühungen glichen mehr und mehr Verzweiflungstaten, so versuchten sich die beiden Außenverteidiger mit Einzelaktionen wenigstens den Ausgleich zu erzielen. Die Brechstange hilft selten und am Schluss lagen die Nerven blank. Die beiden eingewechselten Stürmer, Edgar Salli für Nürnberg und Philipp Hosiner wollten sich bei einem Einwurf gegenseitig an die Wäsche. Schiedsrichter Patrick Ittrich zeigte beiden glatt rot und beendete so beider Kurzeinsatz auch noch vorzeitig. Ein paar Minuten zuvor hatte Toni Leistner gelb-rot gesehen, so ging die Partie mit nur insgesamt 19 Akteuren zu Ende. Nach dem Spiel feierten die Nürnberger, die am Freitagabend als vorübergehender Tabellenführer die Wuhlheide verließen. Sie hatten erneut ihre Auswärtsstärke unter Beweis gestellt.

Taktik

André Hofschneider
André Hofschneider, Trainer des 1. FC Union Berlin. © Foto: Hans-Peter Becker

Beide Trainer hatten gegenüber dem letzten Spieltag ihrer Mannschaft ein neues taktisches Gerüst verordnet. Die Nürnberger hatten bei ihrem Heimauftritt gegen Regensburg mit nur einem Stürmer in einem 4-1-4-1 aus einem 0:2 Rückstand noch 2:2 Unentschieden gemacht. Zur selben Zeit gelang in Kiel den Eisernen ähnliches. Hofschneider setzte dabei auf ein 4-4-2 mit Raute. Im Vorfeld waren keine größeren taktischen Veränderungen erwartet worden. Nürnbergs Trainer ist ein sehr kommunikativer Typ und referierte in der Pressekonferenz vor dem Spieltag über die zu erwartende taktische Ausrichtung der Berliner. War es der kurzfristige Ausfall von Steven Skrzybski oder wollte er versuchen seiner Mannschaft einen Vorteil zu verschaffen, Union spielte ein 4-2-3-1, während Nürnberg eine 3er Kette in der Abwehr stellte, davor ein 5er Mittelfeld und 2 Stürmer. Die Rechnung ging für die Gäste auf. Die Halbräume waren zugestellt und die Unioner standen vor meist unlösbaren Problemen im Aufbauspiel. Das eh schon angeknackste Selbstbewusstsein erhielt einen zusätzlichen Stich, als in der 11. Minute Nürnberg in Führung ging. Union versuchte schnell eine Antwort zu finden, 3 Großchancen blieben liegen und es waren die besten Szenen der Gastgeber. Selbst in dieser besseren Phase taten sich die Eisernen im Spielaufbau schwer. In der 2. Halbzeit ging fast nichts mehr. Ein Blick in die Spieldaten verrät, Union hat während des gesamten Spiels 480 Pässe gespielt, geschätzt mehr als die Hälfte der Abspiele brachten keinerlei Raumgewinn. Da forderte Kapitän Felix Kroos immer wieder den Ball, wenn er ihn hatte ging es zur Seite oder sogar zurück zur Innenverteidigung. Bezeichnend dafür ist, dass Innenverteidiger Marc Torrejon von allen Akteuren auf dem Feld die meisten Ballaktionen hatte. Es waren genau 111, zum Vergleich, bei den Nürnbergern war es auch ein Verteidiger der für seine Mannschaft die meisten Aktionen am Ball hatte, Eduard Löwen brachte es auf 75. Allein diese Zahlen zeigen, wo das Problem lag. Wie sollte bei dieser dichten Staffelung ein Tor gelingen. Das es bis zum Schluss spannend blieb lag an den Gästen, die ihre Kontergelegenheiten schlampig abschlossen. In der 66. Minute wechselte Hofschneider, für den im zentralen defensiven Mittelfeld indisponiert wirkenden Grischa Prömel kam Damir Kreilach. Eine Maßnahme, die eigentlich zu Beginn der 2. Halbzeit hätte erfolgen müssen. Die Nürnberger agierten im Stile einer Spitzenmannschaft, sie mussten keine Abwehrschlacht liefern, sie stellten geschickt die Passwege zu. Es war ein Spiel zwischen den Strafräumen.

Fazit

Was ist mit den Eisernen los, was geht noch ? Auf jeden Fall muss so schnell wie möglich wieder ein Erfolgserlebnis her. Die nächste Gelegenheit bietet sich in Bielefeld, am 5. Februar. Da wird auch der Psychologe gefragt sein und der Taktiker. Toni Leistner ist für das nächste Spiel gesperrt, damit steht aktuell nur ein etatmäßiger Innenverteidiger zur Verfügung. Hosiner hat rot gesehen und wird mindestens für 2 Spiele gesperrt werden. Statt der am Horizont verschwundenen Aufstiegshoffnung könnte aus weiter Ferne sogar das Abstiegsgespenst grüßen.

Stimmen zum Spiel

Lukas Mühl (Innenverteidiger 1. FC Nürnberg): „Es war nicht einfach heute, wir haben gut dagegen gehalten, vor allem taktisch haben wir vieles gut umgesetzt. Ich hatte keine Zweifel, dass es heute mit der 3er Kette klappt.“

Sebastian Polter (Stürmer 1. FC Union Berlin): „Ich bin auch so ein bisschen sprachlos, es fehlt ein Erfolgserlebnis, wir lassen vieles vermissen was uns stark gemacht hat. Wir müssen zwingender nach vorne spielen, es geht zu oft quer und zurück. Wir haben jetzt Etappenziele und das heißt jetzt, endlich mal wieder einen Sieg einzufahren.“

Marc Torrejon (Innenverteidiger 1. FC Union Berlin): „Es ist schwer für den Kopf, am Anfang wurde über den Aufstieg geredet und jetzt 7 Spiele ohne Sieg, das ist hart.

Hanno Behrens (Mittelfeld 1. FC Nürnberg): „Sicherlich hätten wir die Konter etwas besser ausspielen können, das sieht von der Tribüne einfacher aus, als auf dem Platz. Groß gezittert haben wir nicht, weil wir kaum Torchancen zugelassen haben. In der Defensive haben wir es sehr gut gemacht, manchmal musst du die Bälle einfach nur raushauen. Chancen für Union haben wir nur zugelassen, wenn wir selbst einen Fehler gemacht haben.“

Michael Köllner (Trainer 1. FC Nürnberg): „Auswärts sind wir schwer zu besiegen. Union ist um sein Publikum zu beneiden.“

Andre Hofschneider (Trainer 1. FC Union Berlin): „In der ersten Halbzeit hatten wir Möglichkeiten, um zurückzukommen. In der zweiten Halbzeit, hatten keine so klaren Möglichkeiten, Nürnberg hat das sehr gut gemacht. Von der Bereitschaft, dem Einsatz und der Einstellung her, kann ich der Mannschaft nicht viel vorwerfen.“

Spieldaten

2. Bundesliga 20. Spieltag, 26.01.2018 18:30 Uhr (unter Flutlicht)

1. FC Union Berlin
Tor: Daniel Mesenhöler Abwehr: Christopher Trimmel; Toni Leistner; Marc Torrejon; Kristian Pedersen Mittelfeld: Felix Kroos; Grischa Prömel (ab 66. Damir Kreilach); Marcel Hartel (ab. 75. Philipp Hosiner); Simon Hedlund; Akaki Gogia;Angriff Sebastian Polter 4-2-3-1
Trainer: Andre Hofschneider

1. FC Nürnberg
Tor: Fabian Bredlow Abwehr: Eduard Löwen; Ewerton; Lukas Mühl Mittelfeld: Tim Leibold; Patrick Erras; Enrico Valentini; Hanno Behrens; Kevin Möhwald (ab 76. Timo Werner) Angriff Mikael Ishak (ab 88. Ondrej Petrak) Palacios Federico (ab 66. Edar Salli) 3-5-2
Trainer Michael Köllner

Gelbe Karten: 71. Minute Toni Leistner (1. FC Union)

Gelb-rote Karten: 83. Minute Toni Leistner (1. FC Union)

Rote Karten: 89. Minute Edgar Salli (1.FC Nürnberg) und 89. Minute Philipp Hosiner ( 1.FC Union Berlin

Ergebnis: 1:0 für den 1. FC Nürnberg

Tore: 0:1 (11.) Ewerton

Zuschauer: 21.734 Stadion An der Alten Försterei

Schiedsrichter: Patrick Ittrich, Norbert Grudzinski, Bastian Börner, Marcel Unger

Wetter: angenehm, 5 Grad Celsius

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