„Das verlogene Stück Scheiße“ – Zum Reiseführer „500 Hidden Secrets Lissabon“ von Miguel Júdice

"Lissabon, 500 Hidden Secrets" von Miguel Júdice.
"Lissabon, 500 Hidden Secrets" von Miguel Júdice. © Bruckmann

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Verlag Bruckmann gibt als Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Sitz in München eine Reihe mit englischer Bezeichnung heraus. „500 Hidden Secrets“ wird „das verlogene Stück Scheiße“ genannt.

„Das verlogene Stück Scheiße“ pflegt mein Trink- und Tresenkumpel einer Altberliner Eckkneipe immer die abgewrackte Tussi am Fenster zu nennen, die ihre besten Jahre schon hinter sich und ihre besten Kleider immer an hatte. Das Deutsch, das sie wuppte, wackelte wie ihre Titten und Trinkgläser randvoll mit Likörchen. Und die Geschichten, die sie erzählte, waren so falsch wie ihre Zähne.

Bei uns verfing ihr lautes Lachen nie, aber alle paar Wochen, wenn ein Tourist sich bis in unseren Kiez verlief und in unsere kleine Kneipe stolperte, dann schnappte die Falle zu. Ob das fette Duett bis zum Coitus interruptus hielt oder ob es früher zum finalen Duell kam, kann ich nicht sagen. Eines aber war klar: „das verlogene Stück Scheiße“, das irgendwie dazugehörte, kam nach ihrer Einwegbenutzung wieder.

Öfters als einmal wird man das in Slowenien gedruckte Buch „500 Hidden Secrets Lissabon“ von Miguel Júdice, das mit 256 Seiten als Taschenbuch im wahrsten Sinne dieses Wortes viel zu dick ist, nicht benutzen. Am besten aber dreimal: das erste Mal, das letzte Mal und nie wieder.

Denn das Buch bietet Wikipedia-Halbwissen im Schrumpelformat. „500 Dinge, die Sie über Lissabon wissen müssen, in 100 verschiedenen Kategorien“? Größenwahnsinniger geht`s nimmer, oder? Das Buch ist zudem altmodisch, weil es nicht mit Neuen Medien in Verbindung gebracht werden kann. Was soll man mit den fünf besten Burgern oder asiatischen Restaurants in Lissabon? Und die fünf besten Läden für Pastéis de Nata oder Bacalhau sind wie so viele Fünf vom Besten alles andere als „versteckte Geheimnisse“.

Die Bilder im Buch sollen einerseits von Manuel Gomes da Costa sein und sind andererseits im Allgemeinen nichtssagend und im besonders kleinen Format nur mit der Lupe zu erkennen. Allerdings sind viele Seiten Bleiwüsten mit weißen Flächen wie Flecken.

Fleiß steckt schon in diesem Buch, das ein halber Gastroführer ist und , aber kein Können. Die groben Karten sind nicht zu gebrauchen und die nummerierten Zahlen, die zu Hinweisen führen, zu klein. Im Waschzettel wird das Werk als „Reiseführer“ angepriesen, der einem Reisenden helfe, die Stadt am Tejo „ohne Warteschlangen und Touristennepp“ zu genießen. Diese Aussage ist nicht „goldrichtig“, wie Bruckmann verbreitet, sondern falsch und verlogen. Das mag vielleicht für die „fünf interessantesten Friedhöfe“ und die „fünf friedlichsten Orte“ gelten, aber eben nicht für alle.

Und von „500 Orten abseits des Touristenrummels“, wie ich auf der letzten Umschlagseite lesen, kann keine Rede sein. Das Buch scheint wie „das verlogene Stück Scheiße“ zu sein, es ist da, aber nur gut genug für Touristen, die sich verlaufen und stolpern.

Bibliographische Angaben

Miguel Júdice, 500 Hidden Secrets Lissabon, 256 Seiten, ca. 100 Abbildungen, Format 12,0 x 18,0 cm, Klappenbroschur mit Fadenheftung, Verlag: Bruckmann, München 2018, ISBN 978-3-7343-1224-3, Preise: 15,99 EUR (D), 16,50 EUR (A), 22,90 sFr

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