So kann man in der Ausstellung erstmals die Planungen und Durchführungen der Innenausstattung des Primatorensaals im Prager Repräsentationshaus sehen, ein Auftrag von der Stadt selbst, der noch einmal im Niedergang des Jugendstils diesen in voller Blüte zeigt. Ähnlich eindrucksvoll auch der Zyklus von zwanzig monumentalen Gemälden mit Darstellungen zur Geschichte der slawischen Völker. Anlässlich deren erster öffentlicher Vorstellung 1928 in Prag, schreibt Mucha: „Bereits im Jahr 1900, in Paris, habe ich mir vorgenommen, die zweite Hälfte meines Lebens jener Arbeit zu widmen, die bei und das Gefühl des nationalen Bewußtseins aufbauen und stärken würde. Eine repräsentative Auswahl dieser seit 1910 begonnenen Historienbilder sind in der Ausstellung zu sehen, vor allem aber sieht man an all den, den meisten heutigen Mitteleuropäern völlig unbekannten Werken, den vorausgehenden Schaffensprozeß, weil auch von den Skizzen über Übertragungszeichnungen alle notwendigen Studien dokumentiert werden. Natürlich braucht das Zeit zum Betrachten, mehr als einige große Ölbilder an der Wand.
Deshalb sollte man durchaus das Angebot von Führungen nutzen, wie wir es auch beobachten konnten. Denn mit dem Hinweis des fachkundigen Auges sieht der Besucher einfach mehr, seien es Volksmotive oder die Veränderungen im Prozeß vom Entwerfen zum abgeschlossenen Kunstwerk. Das Zweite, und das überdauert die Ausstellung, ist der sehr umfangreiche und gehaltvolle Katalog. Wie schon ausgeführt, werden nicht nur die ausgestellten Werke vorgestellt und erläutert, sondern in gesonderten Kapiteln werden diese in ihre geschichtliche, politische und ästhetische Ursprungssituation zurückverfolgt und von daher erklärt. Alfons Mucha ist, das kann man nach dem Besuch und Studieren des Kataloges sagen, ein Paradebeispiel für die Zerrissenheit, die Europa im Zwanzigsten Jahrhundert heimsuchte. Denn damals hingen Prag und Paris so eng zusammen wie Warschau und Paris und die Schiene Wien war für alle osteuropäischen Völker die erste Adresse.
Man mag gerne glauben, daß das Belvedere in Wien an solche geschichtlichen Tatsachen anknüpft und diese wiederbelebt. Insofern ist diese Alfons-Mucha-Ausstellung auch eine sehr europäische und eine die zeigt, daß die Wege der Kunst verzweigt sind, denn Mucha steht eben auch für viele künstlerischen Talente ein. Und so tut das der Ausstellung keinen Abbruch, wenn wir feststellen, die zweite Lebenshälfte zu präsentieren, war für uns hochinteressant, sozusagen unter kunsthistorischen Gesichtspunkten und für die nationale Bedeutung der Tschechen interessant, in seiner Bedeutung für die allgemeine Kunst allerdings werden seine Plakate und die Jugendstilentwürfe für so viele Gelegenheiten überleben.
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Ausstellung:
bis 1. Juni 2009
Katalog:
Alfons Mucha, hrsg. von Michel Hilaire, Agnes Husslein-Arco, Jean Louis Gaillemin und Christiane Lange, Hirmer Verlag, München 2009. Dieser Band ist ein überfälliges Kompendium geworden, verdienstvoll wie die ganze Ausstellung. Erst einmal wird über den „Mucha-Stil“ reflektiert, den man an der Linie und der Figur festmacht. Erstaunt sieht man, wie vieles, was man als präraffaelitisch zu nennen sich angewöhnt hat, bei ihm wiederauftaucht. Von daher sind seine Anfangsjahre hochinteressant, aber auch aus der Zeit seiner Erfolge kennt man zwar die Plakate, nicht aber die Hintergründe. Und völlig neu für die allermeisten ist der Bezug zur tschechischen Geschichte, Mythologie und Volkskunst und der Abdruck seiner diesbezüglichen Werke.
Reiseliteratur:
Felix Czeike, Wien, DuMont Kunstreiseführer, 2005
Baedecker Allianz Reiseführer Wien, o.J.
Lonely Planet. Wien. Deutsche Ausgabe 2007
Walter M. Weiss, Wien, DuMont Reisetaschenbuch, 2007
Marco Polo, Wien 2006
Marco Polo, Wien, Reise-Hörbuch
Tipp:
Gute Dienste leistete uns erneut das kleinen Städte-Notizbuch „Wien“ von Moleskine, das wir schon für den früheren Besuch nutzten und wo wir jetzt sofort die selbst notierten Adressen, Telefonnummern und Hinweise finden, die für uns in Wien wichtig wurden. Auch die Stadtpläne und U- und S-Bahnübersichten führen– wenn man sie benutzt – an den richtigen Ort. In der hinteren Klappe verstauen wir Kärtchen und Fahrscheine, von denen wir das letzte Mal schrieben: „ die nun nicht mehr verloren(gehen) und die wichtigsten Ereignisse hat man auch schnell aufgeschrieben, so daß das Büchelchen beides schafft: Festhalten dessen, was war und gut aufbereitete Adressen- und Übersichtsliste für den nächsten Wienaufenthalt.“ Stimmt.
Anreise:
Viele Wege führen nach Wien. Wir schafften es auf die Schnelle mit Air Berlin, haben aber auch schon gute Erfahrungen mit den Nachtzügen gemacht; auch tagsüber gibt es nun häufigere und schnellere Bahnverbindungen aus der Bundesrepublik nach Wien.
Aufenthalt:
Betten finden Sie überall, obwohl man glaubt, ganz Italien besuche derzeit Wien! Überall sind sie auf Italienisch zu hören, die meist sehr jungen und ungeheuer kulturinteressierten Wienbesucher. Wir kamen perfekt unter in zweien der drei Hiltons in Wien). Sinnvoll ist es, sich die Wien-Karte zuzulegen mitsamt dem Kuponheft, das auch noch ein kleines Übersichtsheft über die Museen und sonstige Möglichkeiten zur Besichtigung in Wien ist, die Sie dann verbilligt wahrnehmen können. Die Touristen-Information finden Sie im 1. Bezirk, Albertinaplatz/Ecke Maysedergasse.
Mit freundlicher Unterstützung von Air Berlin, dem Wien Tourismus, der Wiener Festwochen und diverser Museen und den Hilton Hotels Wien.