Wer jetzt Schneeurlaub sucht, sollte Cortina d`Ampezzo wählen, die erste Destination in Italien, die für den Tourismus erschlossen wurde. Derzeit eine verzauberte Winterwelt. Malerisch eingeschlossen vom UNESCO-Welterbe der Dolomiten, hat der 6.000-Einwohner-Ort alles zu bieten, was Winterurlauber sich nur wünschen können.
Schlanke, hochgewachsene, weiß und weich gepolsterte Tannen und Fichten wetteifern mit den bizarren Formationen der Dolomiten. Auf über 200 Meter weichen sie aufgetürmten Schneebergen vor ebendiesen grandiosen Gipfeln. Schilder „Vorsicht Kühe“ erinnern daran, dass sie im Sommer die Almen beweiden. Winzige Brückentunnel über der Fahrstraße überwinden herausragende Felsen. Immer wieder wird vor Kehren mit bis zu 29 Grad Winkel auf den Passstraßen gewarnt, etwa zum „Passo Giau". Auf den Plateaus muten kleine Fichten wie Wachmänner an.
Im Nachhinein kommt es einem schon komisch vor: Auf dem Weg von Venedig nach Cortina passiert man Dörfer, deren Häuser oftmals äußerst renovierungsbedürftig sind, wenn nicht gar schon marode, dem Einsturz nahe und sogar verlassen. Und der Schnee ist schmutzig. Nähert man sich jedoch Cortina, wird der Schnee weißer und weißer, die Luft reiner und die Häuser ansehnlich bis wunderschön.
Im Ort selbst hat jedes Hotel, jedes Restaurant, jedes Geschäft ein Lichterkleid angelegt. Es glitzert silbern und golden, blau und rot.
Wer nicht dem Wintersport frönen will, geht auf Einkaufstour – alle namhaften Modemacher sind vertreten – oder etwa in die Museen. Das Museum Vittorino Cazzetta in Selva di Cadore ist nach dem Mann benannt (1947-1996), der das paläontologische und prähistorische Wissen über die Region erforscht und weitergegeben hat. Da sind schöne Fossilien zu sehen, das Skelett des ältesten dort gefundenen Menschen, des Menschen von Mondeval, eine 7.500 Jahre alte Mumie, und Spuren von Dinosauriern auf einer Felsplatte aus dem Berg Pelmetto. Letzteres hübsch mit Lichteffekten demonstriert in einem Video, in dem ein Dino in die vorhandenen Fußstapfen tritt. Hüttenreste mit archäologischen Schichten sind zu sehen, die Feuerstein-Werkzeuge, Tierknochen und Feuerkohle zeigen. Nach der Führung bekommen Besuchergruppen eine Einführung in die Techniken der prähistorischen Zeit, wie man Feuer machte, wie man Löcher bohrte und wie man sich von bestimmten Steinen scharfe Klingen abschlug. Sicher für Kinder sehr lehrreich. Aber auch die Erwachsenen staunten nicht schlecht.
Auch Pieve di Cadore, Geburtsstadt des großen Malers der italienischen Hochrenaissance Tizian (ca. 1490-1576), dessen Geburtshaus und einige wenige Gemälde besichtigt werden können, hat ein nicht alltägliches Museum, ein Brillenmuseum, das weltweit größte seiner Art. Dass es sich in diesem kleinen Ort befindet, kommt nicht von ungefähr. Seit über hundert Jahren werden in Cadore Sehhilfen hergestellt. So entschloss man sich, an die 2.000 Brillenformen aus der ganzen Welt und aus verschiedenen Epochen auszustellen – vom Mittelalter bis heute. Noch dazu sehr schön präsentiert und teilweise unterstützt von alten Gemälden. Vom Monokel über den Zwicker, das Lorgnon und die Ohrenbrille bis zu irren Modebrillen sind alle Modelle vorhanden. Faszinierend die „fassamani“ aus Gold und Edelsteinen französischer Herstellung, die englischen Kreationen aus durchbrochenem Elfenbein, die chinesischen aus Jade und massivem Gold, die Spazierstöcke, in denen kleine Ferngläser versteckt sind, und die wertvollen Elfenbeinfächer.
Zum Essen laden Skihütten ein, die oft abenteuerlich zu erreichen sind. Harmlos gibt sich da noch das „Rifugio Col Drusciè“ auf 1778 Meter. Die Tofane-Gondelbahn führt hinauf, fast bis vor den Eingang. Eine Überraschung bietet dort noch einige Schritte durch den tiefen Schnee das Astronomische Observatorium, durch dessen Fernrohr wir an einem Abend Jupiter in voller Größe sehen konnten.
Wer allerdings im Malga Ra Stua auf 1695 Meter speisen möchte, muss sich mit einem Skiscooter, dessen Fahrer und einem Hänger mit vier Sitzen anfreunden. Der Fahrer rast über die schmale gewundene Piste so wild, als ob er der Teufel in Person wäre. Wer hinten auf dem Hänger sitzt, wird während der 15 Minuten derart durchgeschüttelt, dass ihm Hören und Sehen vergeht. Mehr Spaß macht die Rückfahrt, wenn man auf dem Skiscooter hinter dem Fahrer sitzen darf. Aber die italienische regionale Küche und die schmackhaften Weine entschädigen allemal.
Cortina d`Ampezzo bleibt in Erinnerung, und die Überlegung bleibt, ob man im Sommer wiederkommen sollte.
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Anmerkungen:
Die Recherceh wurde unterstützt vom Tourismus Cortina d`Ampezzo. Die Erstveröffentlichung erfolgte am 11.03.2016 im WELTEXPRESS.