Correctiv und Radio Bremen – man gönnt sich eine kleine Hexenjagd

Ohne Worte. Quelle: Pixabay, Foto: Barbara Evening

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Damit der „Kampf gegen Rechts“ nicht aus dem Gedächtnis schwindet, muss man sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen. Nach angeblichen Deportationsplänen und ganz vielen Spionen sind der neue Gegenstand des Verdachts junge Frauen, die ihre Meinung äußern.

Es ist wieder einmal eine dünne Suppe mit ganz viel Kontaktschuld, die da von Radio Bremen und Correctiv zusammengekocht wurde, aber das Machwerk schaffte es trotzdem bis in die Tagesschau. Mit der entsprechend großspurigen Schlagzeile: „Strategien rechter Influencerinnen: Nur auf den ersten Blick harmlos.“

Y, ein auf die Jugend zugeschnittenes Projekt von Radio Bremen, hat eine Reportage gedreht, die das angeblich belegen soll. Das halbstündige Filmchen wird erst am 21. gesendet, ist aber bereits online verfügbar. Keine Sorge, es lohnt nicht wirklich, dieses Ding zu schauen.

Die Behauptung, die aufgestellt wird, lautet, es gebe ein extrem gefährliches Netzwerk aus „rechtsextremen“ Kanälen, die von jungen Frauen betrieben werden, die unschuldig wirken. Die Kernaussagen dazu stammen vom bereits weidlich bekannten Herrn Peters von Correctiv. Die Kanäle dienten, so Peters, dazu, „eine Gesellschaft darauf vorzubereiten, wenn man an der Macht ist, auch mitzunehmen“; dabei beruft er sich auf seine, längst vielfach in Frage gestellte, Potsdam-Recherche: „Das war im ganzen Masterplan ein wichtiger Teil, nämlich, kulturelle Akzeptanz zu schaffen für rechtsradikale Ideologien, damit bei der Machtergreifung die Gesellschaft bereit ist.“

Man darf von einem Herrn wie Peters nicht allzu viele historische Kenntnisse erwarten. Vermutlich hat er nie davon gehört, dass die „Machtergreifung“, auf die er sich als Vorbild bezieht, gar keine solche war, sondern vielmehr insbesondere die Spitzen großer deutscher Konzerne den Nazis die Macht mehr oder weniger auf dem Silbertablett überreichten. Der ausschlaggebende Faktor also letztlich war, was das ganz große Geld für nützlich erachtete. Es gibt keinen einzigen Anhaltspunkt, weder bei der aufgeblasenen Potsdam-Geschichte noch bei der neuen Erzählung, der irgendwie darauf hindeutet, dass Ähnliches derzeit geschehen könnte. Im Gegenteil – wenn man der Spur des ganz großen Geldes folgt, landet man bei Dingen wie – Correctiv.

Letztendlich fokussieren die beiden jungen Journalisten sich auf eine einzige Person, eine YouTuberin namens Michelle Gollan, die nun alleine den Beleg für die Hypothese liefern soll. Was man früher als Unfug gestrichen hätte, weil ein Beispiel zwar für einen Film nett ist, aber für eine echte Recherche mit etwas mehr Material unterlegt werden müsste, und mit so etwas wie Zahlen. Oder wirklich aussagekräftigen Zitaten.

Das geht nicht, denn der Vorwurf an Gollan lautet eben gerade nicht, strafrechtlich relevante Aussagen zu tätigen: „Was sie veröffentlicht, ist nicht klar menschenfeindlich. Aber der Subtext ist entscheidend. Sie macht sich über alles lustig, was ihr nicht in den Kram passt.“

Nicht anders als andere Personen auch, die versuchen, über derartige Videos Aufmerksamkeit, Zuspruch und Einkommen zu erhalten. Aber ganz unauffällig passiert hier eine weitere Ausweitung des Verfolgbaren: „Der Subtext ist entscheidend.“ Subtext ist eine literaturwissenschaftliche, keine strafrechtliche Kategorie. Den Herrschaften gefällt also der Subtext nicht? Nun, damit müssen sie leben.

„Immer wieder macht Gollan Videos, in denen sie versucht, die LGBTQ-Community ins Lächerliche zu ziehen.“ Sie „veröffentlicht verkürzte Ausschnitte“. Die beiden Helden von Radio Bremen dürften wissen, dass das auch in ihrem Haus nicht anders ist, nur dass da manchmal von zwei Stunden zwei Sätze übrig bleiben.

Wie auch immer, an einer Stelle wird der Beitrag sogar auf zynische Weise komisch. Weil Frau Gollan ihre Merchandising-T-Shirts bei einer Firma herstellen lässt, die auch ein T-Shirt vertreibt, auf dem unter einem abgebildeten Tiger-Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg in Fraktur „Gott mit uns“ steht. Was sicher die Herstellerfirma nicht sonderlich sympathisch macht; andererseits fragt man sich angesichts real in Russland, ausgerechnet bei Kursk, herumfahrender deutscher Panzer, ob das nicht gerade das Lieblingsshirt von Pistorius, Kiesewetter und Co. ist.

Dass Frau Gollan selbst ab und zu einen Mann in ihren Videos auftauchen lässt, der Mitglied einer Burschenschaft ist und für einen dezidiert rechten Verlag Hörbücher einliest (was unsere Helden sogar per forensischer Analyse bestätigen lassen), kann man mögen oder nicht; aber nichts davon verstößt gegen das Grundrecht der Meinungsfreiheit, die nun einmal weder Wahrheitsfreiheit heißt noch Aktuelle-Staatsideologie-Freiheit, sondern auch Dinge umfasst, die unzutreffend, unangenehm, peinlich oder abstoßend sind, solange eben keine Straftat begangen wird. Es gibt auch keine gesetzlichen Regelungen, mit wem man in einem Auto sitzen oder einen Kaffee trinken darf.

Und die Verantwortung bei jeder Form publizistischer Tätigkeit bezieht sich nur auf das, was man selbst äußert.

„Unter den Videos von ihr und einem anderen YouTuber, mit dem sie vor Ort war, sind Tausende Kommentare, vor allem Hass gegen queere Menschen in der Kirche zu finden.“ Es sind also vor allem die Kommentare, die als Beleg angeführt werden.

„Offen radikal äußert sie sich nicht. … Wir haben uns jetzt monatelang die Kanäle eingollan angeschaut, und sie nutzt immer wieder kleine Anspielungen. Dabei ist uns auch aufgefallen, dass es deutliche Überschneidungen mit verfassungsfeindlichen und rechtsextremistischen Ideologien gibt, die immer wieder vermengt werden und so die Zuschauerinnen langsam beeinflussen sollen.“

Beleg? Nicht wirklich. Ohne die Behauptungen von Peters wäre das einfach ein ausführliches Verleumdungsstück gegen eine einzelne YouTuberin. Erst die Verschwörungstheorie, die Jean Peters hinzufügt, macht daraus eine Schlagzeile; obwohl die eigenen „Rechercheversuche“ der beiden belegen, dass aus den großen Plänen, die in Potsdam vorgetragen worden sein sollen, bisher nichts geworden ist (übrigens, auch die „Legenden“, mit denen die beiden versuchen, in die „rechten Netzwerke“ einzudringen, sind besonders putzig; ein Instagram-Kanal mit deutscher Küche und ein Strick- und Häkelshop).

„Trotzdem sehen wir, dass das Geschäftsmodell längst läuft. Das rechte Netzwerk hat sich professionalisiert. Es gibt Kommunikationsagenturen, Produktionsfirmen und Influencerinnen mit viel Reichweite, die damit Geld verdienen. Und die Vernetzung zeigt sich auch durch die immer gleichen Werbepartner.“

Auch diese gleichen Werbepartner belegen gar nichts außer der Tatsache, dass der Zugang zu den großen kommerziellen Werbepools nicht funktioniert. Was es schon gar nicht belegt, ist die Behauptung, es handele sich eben nicht um Meinungsäußerungen einzelner Personen (in diesem Fall Frauen), die schlicht sagen, was sie denken, sondern stattdessen um eine besonders hinterlistige, organisierte Täuschung durch perfide Rechtsradikale, deren Perfidität darauf beruht, dass sie nichts Rechtsradikales sagen.

Man könnte herzlich darüber lachen, wenn nicht in den letzten Jahren ganze Wellen von Gesetzesverschärfungen und Strafverfahren, eine Einschränkung der Meinungsfreiheit nach der anderen, auf genau solchem Dummfug beruht hätte.

„Fachleute sagen uns, solche Selbstverharmlosungen, gerade noch legale Anspielungen und ein Gemeinschaftsgefühl mit der Community, ‚wir gegen den angeblichen Mainstream‘, das sind die Strategien der rechten Influencerinnen.“

Aha. Weil es angeblich keinen Mainstream gibt, der seit mehreren Jahren nur noch im Gleichschritt trompetet. Alles nur Einbildung, die sind gar nicht alle für Krieg oder für Männer beim Frauenboxen oder so. Die einfache Version, dass das, was in besagtem nicht existentem Mainstream propagiert wird, eben von großen Teilen der Bevölkerung nicht geteilt wird, die sich dann andernorts zu Wort melden, ist jedenfalls nicht einmal denkbar, auch wenn sämtliche Umfragen zur Glaubwürdigkeit der Medien genau das seit Jahren bestätigen.

Correctiv hat sichzu dieser Geschichte selbstverständlich auch zu Wort gemeldet.

„Wie Recherchen von CORRECTIV gemeinsam mit dem Y-Kollektiv zeigen, werden mindestens 17 rechte Influencer auf Youtube von Werbung finanziert – unter anderem durch mindestens ein Unternehmen, das von einem AfD-Funktionär geleitet werden [sic].“

Nochmal lesen bitte. EIN Unternehmen, das von EINEM AfD-Funktionär geleitet wird. Das nähert sich schon fast dem Allmächtigen Putin, der auch ganz alleine zu verantworten hat, dass die Geschichten, die Truppen wie Correctiv oder Y erzählen, nicht bedingungslos geglaubt werden.

Aber es gibt noch eine weitere Steigerung im Text von Correctiv: „Nach Einschätzung von Fachleuten der Amadeu Antonio Stiftung verbreiten sich rechtsextreme Inhalte besonders schnell und wirkungsvoll auf Plattformen wie Youtube oder Tiktok; das macht sich die rechtsextreme Szene zunutze und nimmt vor allem Jugendliche ins Visier. Aktuell zeigen die Krawalle in Großbritannien, wie rassistische Propaganda, Fake News und aufstachelnde Parolen in den digitalen Netzwerken die rassistische Gewalt in den Straßen befeuern.“

Aha. Weil es in Großbritannien Krawalle gab – die sich übrigens im Verhältnis zu früheren Jahrzehnten in sehr bescheidenem Rahmen bewegten –, ist das ganz besonders gefährlich. Und die Frauen werden praktischerweise kollektiv und ohne Einzelbeweise in den Sack eines „rechten Netzwerks“ gesteckt und gleich für mögliche zukünftige Krawalle verantwortlich gemacht.

Nachdem diese Truppe – und da steht Y seinen Freunden von Correctiv und der Amadeu Antonio Stiftung in nichts nach – eifrigst nach „antisemitischen Codes“ und ähnlichem sucht, könnte man natürlich anfügen, dass die ganze Argumentation ein bisschen etwas von dem (misogynen) Vorwurf der „Buhlschaft mit dem Teufel“ hat, gegen Frauen, die man auch immer an vagen Hinweisen zu erkennen glaubte und für Hagel und Dürre verantwortlich machte. Wenn man daran denkt, dass dieses aufgeblasene Nichts auch noch aus Zwangsgebühren finanziert wurde …

Die Tagesschau ist jedenfalls noch nicht zufrieden und meint, auf das Nichts an Recherche, garniert mit Verschwörungstheorie, noch eins draufsetzen zu müssen.

„Die Influencerinnen nehmen gerade vor Wahlen also eine besondere Rolle ein. Durch die Beziehungen zu den Zuschauern und die suggerierte Vertrautheit können sie Einfluss auf die Wahlentscheidung nehmen. Vor allem durch ihre Beiträge, die einem Faktencheck oft nicht standhalten. Gerade auch mit Content, der auf den ersten Blick harmlos und witzig erscheint.“

So ist das. Jetzt weiß man also endlich, warum die Ampelkoalition bei den anstehenden Landtagswahlen abschmiert. Fehlt irgendwie nur noch der Pass von Putin.

Anmerkungen:

Vorstehender Beitrag von Dagmar Henn wurde unter dem Titel „Correctiv und Radio Bremen – man gönnt sich eine kleine Hexenjagd“ am 20.8.2024 in „RT DE“ erstveröffentlicht. Die Seiten von „RT“ sind über den Tor-Browser zu empfangen.

Siehe auch die Beiträge

im WELTEXPRESS.

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