„Dabei hast du doch genug Zeit gehabt, hast sie doch tagelang beobachtet, hast dir immer wieder vorgestellt, wie das wohl ist, wie sich das wohl anfühlt, aber wenn du das, was du vorhast, mit ihr gemacht hast, was dann? Und wohin mit ihr? Sie zum Beispiel erst mal ein bisschen beschwatzen, wie das so Pädos tun, daran hast du ja gar nicht gedacht, nein, du kamst gleich mit dem Klebeband, da hat sie noch gar keine drei Minuten auf dem Sofa gesessen.“
Seine Protagonisten sind ihm liebevolle Kleinfiguren, die im Strudel der Geschichten ihre tägliche Not erleben. Guantanamo, das Massaker in Winnenden, der Absturz eines jugendlichen Computerfreunds in unmenschlichen Welten. Das ist wütend und lustig zugleich, ein Wechselbad für Leser, denen keine Anstrengung zu groß ist. Denn das Ende aller Träume naht hinter der nächsten Ecke, spielen in Bahnhofscafes, im Bordell, auf der Rennbahn, in Kneipen. Amoklauf, Kindermord, Einsamkeit.
Großartige, dichte und atmosphärische Erzählungen, harte Prosa, gewaltige Sprache.
Meyer beweist abermals, dass er im Konzert der Großen mitspielen kann.
Clemens Meyer: Gewalten, Ein Tagebuch, 223 Seiten S.Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2010, 16,95 Euro