Und dabei die große Bandbreite seines Repertoires deutlich werden zu lassen. Einmal mit dem gespenstischen Auftritt männermordender Wilis in Adolphe Adams Ballett „Giselle“. Einem Werk, in dem die Tänzerinnen, Rachegöttinnen gleich, sich bei unheimlicher mitternächtlicher Friedhofsatmosphäre in einem mitleidlosen Todestanz an ahnungslosen Männern dafür rächen, dass sie einst vor ihrer eigenen Hochzeit verlassen wurden. Mit dem Ausnahme-Happy End, dass sich das Dorfmädchen Giselle (Albina Yakimenko) des adeligen Betrügers Albert (Victor Shcherbakow) liebevoll erbarmt und sich bei Myrha, der Königin der Wilis (Natalia Korotkova), erfolgreich für sein Überleben einsetzt.
Leidenschaft und Berechnung
Im Unterschied dazu der farbenfrohe, einem choreographischen Feuerwerk gleich kommende Ballettklassiker „Don Quixote“. Eine Ballettproduktion von Alexandr Gorski nach der Musik von Ludwig Minkus orientiert an der Originalversion von Marius Petipa. Ein Werk, das für den gealterten Junker von der Mancha verständlicherweise vor allem repräsentative Auftritte bereit hält. Im Gegensatz zu seinem Gehilfen Sancho Pansa, in seinem burlesken Auftreten und mit gehörigem Schalk im Nacken durch und durch der Gegenpol zu seinem stil- und würdevoll sich gebärdenden Herrn.
„Kitri und Basilio“ sollte das Werk wohl eher heißen. Hat es doch die durch zahlreiche Hindernisse hart auf die Probe gestellte Liebesbeziehung zwischen der Wirtstochter Kitri (Natalia Lazebnikova) und dem Barbier Basilio (Andriy Gura) zum Gegenstand. Eine leidenschaftliche Liebe, die weder durch die Berechnung des Vaters Lorenzo (Radu Tcaci) noch durch die Avancen des reichen Grundbesitzers Camacho (Andrei Rogovschi) zerstört werden kann.
Gesetze der Schwerkraft
Eine Leidenschaft, die sich mit Listenreichtum ihren Weg bahnt und in geradezu unglaublicher tänzerischer Virtuosität ihren Ausdruck findet. So in Kitris furiosen Castagnetten-Solo, als sie in geradezu halsbrecherischem Tempo die Gesetze der Schwerkraft aufzuheben scheint. Oder im abschließenden Hochzeits-Pas de deux, das für das Paar mit nicht enden wollenden Drehungen eine betörende Mischung aus hohem technischem Anspruch und sprühenden spanischen Charakterposen bereit hält.
Und dazwischen, jeweils entsprechend dem Handlungsablauf, eine von der Kompanie vorgetragene nahezu unerschöpfliche Fülle rassiger Tanzfiguren, die in der Tat vergessen lassen, wie weit Spanien und Moldawien voneinander entfernt sind. So beim Straßentanz (Natalia Korotkova), dem Bolero (Natalia Balan, Tudor Tudose) sowie dem Zigeunertanz (Iana Rusu, Aliona Zolocevskaia). Und stets zur Stelle die bezaubernden Freundinnen Kitris (Marina Anghilinici, Elena Covalciuc), die durch ihre wunderbaren in spanischer Pose vorgetragenen Auftritte wesentlich zu dem berauschenden Balletterlebnis dieses Abends beitragen.
Platonische Idealbilder
Passend dazu das Bühnenbild von Veaceslav Ocunev, in dem sich als Ort der Handlung das alte Barcelona widerspiegelt. Und besonders die Kostüme von Irina Press, die platonischen Idealbildern spanischer Frauenschönheiten, Toreros, Musikanten, Zigeuner und Wanderkomödianten zu entsprechen scheinen. Personengruppen, die in ihrer Ausgelassenheit dazu beitragen, spanisches Lebensgefühl in vollendeter Form auf die Bühne zu bringen.
Inspiriert zeigt sich auch Svetlana Popov, der die musikalische Leitung des Orchesters der Moldawischen Nationaloper anvertraut ist. Eine Gesamtleistung wie aus einem Guss, die das Publikum zu frenetischem Beifall animiert.
Nächstes Highlight des Internationalen Tanzes: „Ailey II“ aus NewYork am 9. Januar 2015.