Briefe einer Altbekannte – „Vergissmichnicht“ mahnt Sophie Marceau ein Brief aus ihrer Kindheit in der Selbstfindungskomödie „L ´age de raison“

Passende Reaktion auf diese Prämisse wäre Samuell einen Brief zu schicken ähnlich dem, den dessen Heldin Margaret (Sophie Marceau) öffnet. „Lügnerin“ steht auf der Karte in dem Umschlag, den sie in der Meinung öffnete, eine „Prinzessin“ geworden zu sein. Der Titel passt perfekt auf das luxuriöse Leben, dass sich die erfolgreichen Karrierefrau erarbeitet hat, inklusive des weltgewandten und nicht minder erfolgreichen Traumprinzen Malcolm (Marton Csokas). Doch ein Brief, den Margaret der alte Notar Merignac ( Michel Duchaussoy) überreicht, lässt sie an ihrem Glück zweifeln. An ihrem siebenten Geburtstag hat Margaret einen Reihe an sich selbst adressierter Päckchen bei Merignac hinterlegt, in denen sie ihre Ziele für die Zukunft festhält. An ihrem vierzigsten Geburtstag sollten die Briefe sie an ihre Kindheitsträume erinnern und die Dinge, die aus Sichte eines Kindes im Leben zählen. „Du bis eine verrückte Göre und ich eine mündige Erwachsene.“, sagt Margaret ihrem kindlichen Spiegelbild ins Gesicht: „Geh dahin zurück, wo du hergekommen bist.“ Leider folgt die Mini-Margaret (Juliette Chappey) der Aufforderung nicht und spukt mit drolligen Kindereien durch Margarets Erinnerung und den Film.

Das kleine Mädchen ist eine der typischen irrealen Kindermarionetten, welche Erwachsene konstruieren, wenn sie das Idealbild fröhlicher Kindlichkeit darstellen wollen. Das Kunst-Kind trägt Zöpfe, Riemchenschuhe und Pappkronen. Als „echtes“ Mädchen verkleidet es sich als Prinzessin und als Braut, um Kindheitsfreund Philibert (Romeo Lebeaut) zu heiraten. In eine kühle Karrierefrau verwandelt sich das perfekte Miniaturmädchen durch einen Schicksalsschlag. Der lehrt Margaret, dass finanzielle Unabhängigkeit auch für eine Frau notwendig ist. Doch drei Jahrzehnte nach den emanzipatorischen Siebzigern, in denen die Kindheitsepisoden spielen, scheint solch vernunftbedingter Pragmatismus in der französischen Komödienwelt unzeitgemäß. Nach der Beziehungskomödie „Auf der anderen Seite des Bettes“ besinnt sich Hauptdarstellerin Sophie Marceau in ihrer Filmrolle einmal mehr auf häusliche Tugenden. Die Berufswelt überlässt Margaret fortan ihrem zukünftigen Gatten und bekennt glücklich: „Ich bin keine Geschäftsfrau mehr.“

Die Assoziation mit Sartres existentialistischer Parabel über die Suche nach individueller Freiheit und deren Bedeutung in der Gesellschaft erscheint angesichts des süßlichen Familienfilms anmaßend. Handelt doch the „L ´Age de raison“ von einem Lehrer der versucht, das Geld zusammenzubekommen, dass seine Geliebte für eine Abtreibung braucht. Yann Samuells Hauptfigur hat andere Pläne: „Und noch etwas: ich werde bald Mutter. Auch das wird einiges verbessern.“ Sogar für die hungernden Kinder in Afrika, für die eine zufriedene Margaret fortan Wasserlöcher gräbt und Getreide anbaut. Neben „Ärztin für Wale“ und „Prinzessin“ stand noch eine weitere Option in dem Berufsplan aus ihrem Kinderbrief? „Heilige“. Mission erfüllt.

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Titel: Vergissmichnicht – L ´Age de raison

Land/ Jahr: Frankreich 2010

Genre: Komödie

Kinostart: 23. Dezember 2010

Regie und Drehbuch: Yann Samuell

Darsteller: Sophie Marceau, Marton Csokas, Michel Duchaussoy, Jonathan Zaccai, Emmanuelle Grönvold, Juliette Chappey, Thierry Hancisse, Romeo Lebeaut, Deborah Marique

Kamera: Antoine Roche

Schnitt: Andrea Sedlackova

Laufzeit: 98 Minuten

Verleih: Schwarz-Weiss Filmverleih

Internet: www.schwarzweiss-filmverleih.de

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