Berlin, Deutschland (Weltexpress). Er ist verteufelt worden, auch verleumdet – aber er war, was wiederum verschwiegen wurde und oft auch heute noch in Frage gestellt wird, „ein Mann von Weitsicht . . . ein begabter Journalist und Verleger, dieser wortstarke Patriot, dieser gottesfürchtige Menschenfreund“ (Ernst Cramer). Zudem war er ein Visionär: Vor sechs Jahrzehnten schon bastelte er am Medium der Zukunft, dem Fernsehen, er entwickelte Zeitungen absolut neuen Typs, wie das Boulevardblatt BILD oder die Lokalzeitung „Hamburger Abendblatt“.
Mini-Biografie dieses Ernst Cramer (1913 – 2010). Geboren in Augsburg. Jude. Deshalb Emigration USA. Rückkehr 1945. Angeheuert durch Axel Springer (1912 – 1985). Bei ihm Chefredakteur, Publizist, engster Freund und Vertrauter, Aufsichtsrat. Vor allem aber auch: Immer befasst mit Springers so frühen und weitsichtigen, bahnbrechenden TV-Planungen. So wurde Cramer bereits Ende der Fünfzigerjahre für mehrere Wochen in seine zweite Heimat USA geschickt, um dort das private Fernsehen zu studieren. 1966 dann auch „Bevollmächtigter für elektronische Publikationsmittel des Axel Springer Verlages“. Cramer in diesem Zusammenhang:
„Axel Springer war ein Mann von Weitsicht, der durch klares, manchmal fast hellseherisches Denken Entwicklungen erkennen konnte, die anderen verborgen blieben“ (Die Welt, 12.9.2000).
Zur ersten Ausgabe der BILD am 24. Juni 1952 meinte Springer, sie sei die „gedruckte Antwort auf das Fernsehen“. Damit, so Welt-Herausgeber Stefan Aust, hatte Springer „in gedruckter Form das Fernsehen vorweggenommen“.
Doch Axel Springer wollte mehr, viel mehr. Er sprach im Journalisten Club seines Berliner Hochhauses einmal davon „Gegenspieler zum Monopol des Regierungsfernsehen“ werden zu wollen. Deshalb müsse es neben den Öffentlich-Rechtlichen auch private TV-Angebote geben. Dagegen formierte sich eine breite Anti-Front, seitens der Politik als auch seitens anderer Verleger, etwa „Spiegel“ und „Stern“. Bei letzteren waren auch Neid und Missgunst im Spiel. Springer verstärkte daraufhin seine Bemühungen So beteiligte er sich 1960 nach der Übernahme des Ullstein Verlages an der „Fernsehgesellschaft Berliner Tageszeitungen“.
Und heute? Zu den Sendern Welt Nachrichten und N24 Doku kommt ab 22. August BILD TV. Drei Kanäle also des Hauses Springer.
Der BILD-Kanal soll aus seinen Werbeeinnahmen finanziert werden. Wozu sich einige große Marktführer der Werbewirtschaft frühzeitig positiv geäußert haben:
0 Andrea Malgara von der Media Plus Group etwa sagt, es sei „nur konsequent, wenn BILD als eine der spannendsten Medienmarken Deutschlands sich jetzt auch noch in Richtung TV-Sender entwickelt“.
0 Oder Pilot-Managerin Anja Jeremia: „Das ohnehin starke Markenportfolio von BILD erhält mit der geplanten Line-Extension TV-Sender ein weiteres crossmediales Vermarktungspotential“.
Der neue BILD-Kanal wird aus dem Springer-Neubau in Berlins Kochstraße senden. Dort existiert schon der Sender Welt-Nachrichten. Ob das so bleibt wie derzeit geplant, wird die Zukunft zeigen. Eine Fusion dieser beiden Kanäle ist durchaus denkbar.
BILD TV wird u.a. über Kabel und Satelliten ausgestrahlt. Kostenlos. Das Programm dürfte – verglichen mit anderen Kanälen – revolutionär werden. Gesendet wird 24 Stunden täglich. Zwischen neun und 14 Uhr werktags gibt es Live-Reportagen, jede Stunde zu einem anderen aktuellen Thema, wobei Reporter und Zuschauer gleichermaßen zu Wort kommen sollen. Sonntags gibt es zwischen neun und 13 Uhr ausschließlich Sport – meist Live. Claus Strunz, Programmchef und früherer Bild am Sonntag Chefredakteur: „Mit BILD startet in Deutschland eine neue Art von Fernsehen. 24/7 live-haftiges TV, informations- und meinungsstark, mit exklusiven Nachrichten, die live zu Schlagzeilen werden“.
Deutschlands Fernsehwelt geht knisternder Spannung entgegen.