Von destruktivem Mauern keine Spur
Die SGS Essen zeigte mit ihrer jungen Mannschaft, dass der Primus der Liga 1. FFC Frankfurt sehr wohl in Verlegenheit zu bringen ist. Im Essener Tor stand nach ihrer Verletzung wieder Lisa Weiß, die ihrer Mannschaft ein großartiger Rückhalt war. ihrer Mannschaft war. Ihr exzellentes Abfangen hoher Bälle und perfektes Retournieren der Frankfurter Flachschüsse waren der Grund langer banger Minuten der Frankfurter Weltelf. Hinzu kam der absoluter Kampfeswille ihrer Mannschaft mit sieben Spielerinnen im Alter bis 20 Jahren, darunter mit Lena Ostermeier, Henrike Sahlmann und Madeline Gier drei 17-jährige Spielerinnen. Das war nicht nur ein destruktives Mauern, was die Youngster dalieferten. Das talentierte und taktisch hervorragend eingestellte SGS-Team zeigte gegenüber den Weltklassespielerinnen aus Frankfurt keinen allzu großen Respekt.
Elfmeterreife Situation blieb ungeahndet
Natürlich waren die Frankfurterinnen absolut feldüberlegen, aber das störte insofern nicht, da es den Ruhrpott Ladies immer wieder gelang mit weiten Bällen präzise Konter zu eröffnen. Tatsächlich kontrollierten die Hessinnen von Beginn an die Partie und erarbeiteten sich eine Vielzahl von Chancen. Doch Europameisterin Celia Sasic (2.) und die japanische Weltmeisterin Kozoe Ando (25.) zielten zu ungenau. Die Gastgeberinnen standen tief in der eigenen Hälfte und lauerten auf Konter. Die Ex-Potsdamerin Sara Doorsun-Khajeh machte sich in der 17. Minute ein erstes Mal auf die Reise und kam im Frankfurter Strafraum als sie von Simone Laudehr und Peggy Kuznik regelwidrig in die Zange genommen und zu Fall gebracht wurde. Die elfmeterreife Situation wurde nicht geahndet. Die Pfeife von Schiedsrichterin Riem Hussein blieb merkwürdigerweise stumm.
Hoher Flugball überraschte Abwehr
Selbst Ex-Nationalspielerin Kerstin Garefrekes schaffte es nicht das Essener Bollwerk zu bezwingen, als ihr Kopfball von der Unterkante der Latte genau auf die Torlinie sprang (37.) und zweifelsohne regelgerecht von Torfrau Lisa Weiß aufgefangen wurde. Frankfurts drückende Überlegenheit in der 1. Halbzeit führte dazu, dass der engagierte SGS-Coach Markus Högner seinen jungen Spielerinnen permanent Kommandos zurief, um ihr Stellungsspiel zu ordnen. Ihre zweite Konterchance nutzte die SGS Essen gnadenlos aus. Nach einer Flanke von Lena Ostermeier stieg Charline Hartmann quasi mit dem Pausenpfiff am Pfosten am höchsten und nickte aus drei Metern zum 1:0 ein. Zuvor hatte die 17-jährige Ostermeier der 34-jährigen doppelt so alten Kerstin Garefrekes routiniert den Ball abgeluchst, ihr hoher Flugball überraschte die Abwehr um Europameisterin Simone Laudehr.
Unerreichbar für Deutschlands Torfrau "Nummer 2" Lisa Weiß
Die schnellere 28-jährige Hartmann tickte wie ein Uhrwerk und verwandelte mit Präzision. Die gut gefüllte Haupttribüne im neuen Essener Stadion stand Kopf, in Essen witterte man eine Überraschung. In der 2. Halbzeit hatte Essen deutlich mehr Spielanteile, den vom Algarve-Cup geschlauchten Nationalspielerinnen fehlte ein wenig Kraft, allein Bianca Schmidt strahlte mit beachtlicher Physis und Schnelligkeit über den rechten Flügel ständig Gefahr aus. Shootingstar Linda Dallmann wurde von Melanie Behringer und Kozue Ando gut aus dem Spiel genommen. Frankfurt blieb geduldig und lauerte auf die Chance zum Ausgleich. Scheiterte Lira Alushi zunächst noch an Keeperin Lisa Weiß (51.), machte es Kerstin Garefrekes kurz darauf besser: Die FFC-Kapitänin setzte sich auf halblinker Position durch und erzielte mit einem sehenswerten Heber unerreichbar für Weiß den Ausgleich (54.).
Essens Youngster hielten dagegen
Strahlende Gesichter auf Frankfurts Trainerbank war die Folge. Schließlich stand die Tabellenführung auf dem Spiel, da der 1. FFC Turbine Potsdam schon am Vormittag seine Pflichtaufgabe gegen den VfL Sindelfingen mit einer 12:0 Galavorstellung beendet und vorübergehend den Spitzenplatz eingenommen hatte. Frankfurts Offensivmotor lief jetzt, die Turbine in Potsdam hatte zugeschlagen. Die Essener Youngster hielten leidenschaftlich dagegen. Die 24-jährige Ex-Duisburgerin Vaneesa Martini überzeugte bei Essen mit überragender Abwehrarbeit. Mit einem sehenswerten Solo tankte sich Europameisterin Lira Alsuhi bis in den Strafraum durch, scheiterte dann aber im Abschluss (70.). Die SGS Essen beschränkte sich nicht nur darauf, das Remis zu halten: Nach Vorlage von Linda Dallmann tauchte die zuvor eingewechselte Sarah Freutel vor FFC-Torfrau Desirée Schumann auf, traf den Ball aber nicht richtig (75.). Drei Minuten später versuchte es die großgewachsene blonde 21-jährige Essenerin mit einem Schuss aus der Drehung, der zur Ecke abgefälscht wurde (78.).
Ando platzierte eiskalt den Ball ins lange Eck
Die Schlussphase begann mit einer Schrecksekunde: Lira Alushi setzte sich auf der rechten Seite durch, flankte von der Grundlinie und krümmte sich wenig später am Boden. Das vorzeitige Aus für die Nationalspielerin war wie ein Tiefschlag für die Frankfurter Trainerbank. Das Spiel lief indes weiter: Flanke Dzsenifer Marozsán von rechts, Kopfball Kerstin Garefrekes – Lisa Weiß war auf dem Posten (84.). Nun wurde die Zeit knapp. Es drohte eine Wiederholung des Hinspiel-Ergebnisses und der Verlust der Tabellenführung. Dann die entscheidende Szene in der Nachspielzeit kurz vor Schluss. Nach einem tollen Spielzug tauchte die japanische Weltmeisterin Kozue Ando halblinks im Essener Strafraum aus. Ando behielt die Nerven und setzte den Ball eiskalt zum 2:1 ins lange Eck. Grabestille im Stadion an der Hafenstraße. Die 1.412 Zuschauer im Stadion Essen rechneten schon mit einem Unentschieden.
Keine konsequente Chancenverwertung von Frankfurt
Einzig allein die Jubelgesänge der mitgereisten Fans aus Frankfurt füllten nun die Akkustik in der Arena, dagegen Essens Fans schockiert und fassungslos.Das war nichts für schwache Nerven. Das Last-Minute-Tor kippte alles, der Primus gewann sein Auswärtsspiel mit 2:1 und behauptete gegenüber Turbine Potsdam die Tabellenführung in der Frauen-Bundesliga.Um ein Haar hätten Essens Youngster der Frankfurter Weltelf ein Bein gestellt hätte, die in ihrer Chancenverwertung nicht konsequent genug war. Sollten die fehlenden sieben SGS-Spielerinnen wie Caroline Hamann, Sabrina Dörpinghaus, Katharina Leiding, Natalia Mann, Isabelle Wolf. Irini Ioannidou und Ina Mester bis zum Halbfinale wieder fit sein und den SC Freiburg herauskicken sowie der Favorit 1. FFC Frankfurt zu hause gegen den Zweitligisten SC Sand gewinnen, könnte im Kölner DFB-Pokal Finale die SGS mit komplettierten Kader mehr als überraschen.
Trainerstimmen:
Markus Högner (Trainer SGS Essen):
„Es war ein verdienter Erfolg des 1. FFC Frankfurt, auch wenn wir unserem Gegner einen leidenschaftlichen Kampf geliefert haben. Wir hätten uns einfach für unseren Aufwand belohnen müssen.“
Colin Bell (1. FFC Frankfurt):
„Es war ein glücklicher Sieg, wenn man den Zeitpunkt des entscheidenden Treffers bewertet, aber ein hochverdienter Erfolg gemessen an unseren Chancen. Ich konnte meiner Mannschaft in der Pause kaum einen Vorwurf machen, auch wenn das Gegentor natürlich vermeidbar war. Wir haben den Ball laufen lassen, teils überragende Kombinationen gezeigt und nur den finalen Pass vermissen lassen. In den letzten zehn Minuten habe ich nicht mehr mit dem 2:1 gerechnet, da sich Essen immer besser befreien konnte. Umso schöner, dass Kozue in der Nachspielzeit so clever agiert und ihre Torchance im Stile einer Weltklassespielerin verwertet hat.“
So spielten sie im Stadion an der Hafenstraße in Essen:
SGS Essen – 1.FFC Frankfurt 1:2 (1:0)
SGS Essen:
Weiß – Ostermeier, Janssen, Martini, Klasen – Dierkes, Dallmann, Doorsoun-Khajeh, Sahlmann (86. Oliveira Leite) – Gier (72. Freutel), Hartmann – Trainer Markus Högner
1. FFC Frankfurt:
Schumann – Schmidt, Laudehr, Kuznik, Crnogorcevic – Behringer, Ando, Marozsán – Garefrekes, Sasic, Alushi (86. Tanaka) – Trainer Colin Bell
Tore: 1:0 Hartmann (45.), 1:1 Garefrekes (54.), 1:2 Ando (90.)
Schiedsrichterin: Riem Hussein (Bad Harzburg)
Gelbe Karte: Hartmann, Martini – Behringer
Zuschauer: 1.412