Das mag mancher sympathisch finden, doch längst nicht alle. Volkswagen muss vorm Nachbessern noch nachmessen. Dafür brauchen die Beteiligten noch Zeit. Also schrieb Müller einen Brief an die EU-Kommission und bat um mehr Zeit. Darüber wurde nicht nur in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) sondern auch in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) berichtet. In den USA ist mancher Journalist offenbar näher am Ball und berichtet früher. Journalisten deutscher Zunge laufen dem Ball, wenn überhaupt, erstaunlich langsam hinterher.
Auch in Wolfsburg, so scheint es, will Müller nach seinen eigenen Regeln das Spiel laufen lassen. 115.000 Auto von Käufern in den USA sollten entweder zurückgenommen oder besser deren Gebrauchtwert erstattet werden und dieser mit dem Gesamtbetrag des Kaufpreis eines Neuwagens verrechnen werden. Mit dieser Blutgrätsche aus Wolfsburg erntete Volkswagen weitere Buh-Rufe von den Rängen, was einige auf der Pressetribüne auch anmerkten.
Wolfsburg will offensichtlich mehr Zeit gewinnen und weniger Wiedergutmachung leisten.
Zur Image-Kampagne scheint immerhin ein Gutschein-Programm zu zählen, das den Besitzern der fast eine halbe Million betroffenen Autos mit Zwei-Liter-Motoren angeboten wird. Der Rückruf von fast 500 000 manipulierter Dieselfahrzeugen steht also weiter im Raum. Volkswagen und die kalifornische Umweltbehörde Carb verhandeln noch, auch wenn der letzte Vorschlag von Volkswagen zurückgewiesen wurde. Richtig, nicht nur die Autos, auch die Verbesserungsvorschläge müssen nachgebessert werden. Wie peinlich ist das denn?!
Müller weiß, dass er nicht nur die Autos sondern auch die Glaubwürdigkeit von Volkswagen reparieren muss. In den USA auf der Detroit Motor Show 2016 sprach der Deutsche davon. Deswegen hält er den Rückkauf von mehr als 100.000 manipulierten Dieselfahrzeugen für wahrscheinlich und kündigte Investitionen ins Werk Chattanooga im Bundesstaat Tennessee sowie die Schaffung von rund 2 000 neuer Arbeitsplätze.
Doch Müller versprach sich auch richtig. "Wir haben nicht gelogen", verkündete der Manager einem verdutzten Reporter vom Radiosender NPR auf der Detroiter Automesse. Volkswagen habe lediglich die US-Gesetze "falsch interpretiert". Müller versprach sich mehrfach und verharmloste den Skandal. Beim zweiten Anlauf erklärte Müller dem Journalisten immerhin, Volkswagen „akzeptiert den Gesetzesverstoß in vollem Maße“.
Müller scheint Fehler offenbar selbst zu erkennen und schneller wieder ins (auf-)richtige Fahrwasser zu kommen. Deutsche Behörden und deutsche Journalisten sind dagegen deutlich langsamer.
Was der Universität von West Virginia (WVU) und Umweltbehörde EPA und Carb in den USA vor fast einem Jahr gelang, nämlich besser zu kontrollieren, das scheint im BRD-Reich von Forschung und Wissenschaft schlicht nicht möglich. Statt Kontrolle wird weiter Vertrauen befohlen.
Dabei wusste die EU-Kommission durch ihren wissenschaftlichen Dienst namens Joint Research Centre schon 2011 von der Abgasaffäre und also auch, dass Dieselfahrzeuge von Volkswagen erheblich mehr Stickoxide ausstoßen als erlaubt. Doch nicht nur Kraftwagen mit Dieselmotor von Volkswagen sind betroffen. Spiegel-Online (01.01.2016) notiert: „Der Ausstoß des gesundheitsschädlichen Gases lag laut der EU-Studie bei den Dieselversionen des Renault Clio und des VW Golf um ein Vielfaches darüber. Auch beim Fiat Bravo und dem BMW 120d überstiegen die Abgaswerte die Euro-5-Norm teilweise um das Achtfache, sobald es auf Landstraßen ging.“
Wenn Journalisten immer nur Pressemitteilungen abschreiben ohne das Abschreiben kenntlich zu machen sowie die Quelle zu nennen und nicht selber recherchieren, dann muss man sich über das Platzen der Presseblase nicht wundern.
Über die Ermittlungen des Untersuchungsausschusses des EU-Parlaments werden wir berichten.