Leipzig, Deutschland (Weltexpress). Bereits vor 15 Jahren erkundigte sich LEIF bei Deutschen nach einer Prognose für Reisen zum Mond. Ein Drittel der Bevölkerung konnte sich damals in absehbarer Zeit Reisen für interessierte Touristen zum Mond vorstellen. Vier Prozent waren damals sehr optimistisch und vermuteten Starts zum Mond mit zahlenden Touristen bis zum Jahr 2010. Dieser Optimismus konnte nicht erfüllt werden.
In den letzten zehn Jahren buchten erste Milliardäre – Nicht-Wissenschaftler und Nicht-Militärs – als Touristen einen Platz für einen erdnahen Flug ins All. Die Reichen der Reichen legten für ein Ticket in der russischen Sojus-Kapsel jeweils bis zu 20 Millionen Dollar auf den Tisch. Das nährt aber trotzdem auch von weniger finanziell betuchten, aber sehr interessierten Nicht-Kosmonauten bzw. Nicht-Astronauten noch intensiver das Träumen von einem orbitalen Flug. Wie gesagt – träumen kann man ja.
Verschiedene Unternehmen arbeiten daran, Tickets zunächst für erdnahe Flüge zu nicht allzu utopischen Preisen zu entwickeln. Am weitesten in der Entwicklung ist Virgin Galactic vom britischen Unternehmer Richard Branson. Ziel ist es, Weltraumflüge für den so genannten ’Jedermann’ bzw. für ’Jedefrau’ zu ermöglichen. Bisher soll ein Weltraumflugticket 200tausend Dollar kosten. Geradezu ein Schnäppchen im Vergleich zu den Sojus-Preisen. Seit einigen Jahren werden Raumschiffe getestet, die sechs Reisenden Platz bieten. Im Sommer 2010 flog von diesem Unternehmen ’SpaceShip 2’, die bisher jüngste Variante der künftigen Touristentransporter, mit zwei Testpiloten an Bord. 380 Touristen haben sich bereits angemeldet. „Wir haben in Deutschland vier feste Buchungen und jede Menge Interessenten.“, erklärt Christoph Berner, Direktor für Produktmarketing bei Design Reisen München, dem Alleinverkäufer dieser Reisen in Deutschland. Gestartet wird vom ’Spaceport America’. Dieser in der Wüste von New Mexiko (USA) erst vor einem knappen halben Jahr (im Oktober 2010) eröffnete Weltraumflughafen ist der erste ausschließlich für kommerzielle Zwecke.
Wann wird gestartet? Zwar hatte Unternehmer Bransen den Medien im Jahr 2010 erklärt, dass im Frühjahr 2012 die ersten Touristen ins All starten werden. Aber in den Medien wurde schon manch früherer Termin genannt, der dann nicht gehalten werden konnte. „Die finale Testphase läuft.“, relativiert Berner vom Reiseveranstalter für außergewöhnliche Design Reisen. Er wolle sich nicht auf einen festen Starttermin festlegen lassen, damit Betreiber und „”¦wir als Veranstalter nicht unter Druck stehen.“, sagte er im April 2011 dem Autor.
Training und Besuch geheimer Stätten
Ein Trost für durchschnittliche Gehaltsempfänger – bereits heute können Weltraum-Illusionen auf ’niedrigerem’ Niveau erfüllt werden. Die Angebote für Weltraum-Fans sind vielfältig. Weltraumtourismus ist ein sehr weites Feld. Tourismusforscher zählen dazu auch den Besuch von einschlägigen Museen und historischen Stätten. Nach dem Ende des Kalten Krieges zwischen den Supermächten Sowjetunion und USA öffneten sich auch einige berühmte, aber früher nicht besuchbare Plätze – wahre Magnete für Weltraumfans.
Ein russischer Reiseveranstalter mit dem neu-slawischen Namen ’Country of Tourism’ hat sich auf Raumfahrttourismus spezialisiert. Auf dem legendären russischen Kosmodrom Baikonur in der kasachischen Steppe, dem ersten Weltraumstartplatz für hunderte von Weltraum-Raketen mit und ohne Mensch – einschließlich der ’Wostok’ mit Gagarin, ist der Fan für 3.790 € bei einem Start als Zeuge dabei. Der Preis wurde übrigens um 710 € gesenkt.
Oder: Im berühmten Gagarin-Kosmonauten-Trainingszentrum im Sternen-Städtchen bei Moskau können Besucher sehen, wie sich Weltraumflieger auf ihre Mission vorbereiten. Es kann auch mitgemacht werden: Das Wirbeln mit der größten Zentrifuge der Welt erfordert allerdings einen hohen physischen und psychischen Status. In einem riesigen Wasserbecken können außerdem mit einem Modell der Raumstation ’Mir’ in Originalgröße unter Wasser Weltraum-’Spaziergänge’ trainiert werden. Bei einem so genannten ’Zero-Gravity-Flug’ wird absolute Schwerelosigkeit erlebt. Geboten werden zudem Kosmonauten-Überlebenstouren im Wald. Man weiß ja nie, wo man mal landet”¦ Der ’Spaceport America’ hält vor dem ersten Touristen-Start Souvenirs zum Träumen bereit. Outfit ist alles! Geradezu zum Schnäppchenpreis kann Otto-Normal-Verbraucher im Internet-Shop für Mann, Frau, Kind und sogar Baby bei Spaceport America T-Shirts und Shorts, Tassen und Taschen etc. ab 12,50 Dollar aufwärts einkaufen. Notizbücher sind preiswerter”¦
Ein Gedanke zur Zukunft
Reisen weitet den Horizont, außerirdische Reisen um die Erde lassen ihn – wir vermuten mal – verschwinden. Wie bisher Kosmonauten und Astronauten, so werden auch Touristen anderer Berufe von der Sicht auf den Erdball begeistert sein und Philosophieren. Es ist wahrscheinlich – bald werden auch so genannte ’arme’ Geldverdiener sagen können: „Bitte einmal um die Erde und zurück!“
Anmerkung:
Siehe auch die Beiträge
- Visionen und Realitäten von Weltall-Reisen – Serie: Bitte einmal um die Erde und zurück! (Teil 1/2) von Harald Schmidt und
- Gagarins Lachen – zum Tag der Kosmonauten von Dagmar Henn
im WELTEXPRESS.