Aus der Geschichte lernen! – Es wird höchste Zeit, das Deutschland sein Verhältnis zu Russland verbessert

Das Brandenburger Tor in Berlin.
Das Brandenburger Tor in Berlin. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Die Welt hat ihre Erfahrungen mit politisch motivierten Falschbehauptungen der vergangenen 20 Jahre gemacht – wäre die Weltgemeinschaft da nicht gut beraten gewesen, den Behauptungen über einen vermeintlich russischen Giftgasanschlag in Großbritannien mit größtem Misstrauen zu begegnen?

«Völkermord» beim völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Nato gegen die Bundesrepublik Jugoslawien im Jahr 1999, «Kampf gegen den Terrorismus» beim Nato-Angriffskrieg gegen Afghanistan seit 2011, «Massenvernichtungswaffen» beim völkerrechtswidrigen Angriffskrieg einer von den USA geführten «Koalition der Willigen» gegen Irak im Jahr 2003, «Völkermord» beim so nicht vom Weltsicherheitsrat gedeckten Angriffskrieg der Nato gegen Libyen im Jahr 2011, «Assad schlachtet die eigene Bevölkerung ab» bei der verdeckten und offenen Unterstützung für bewaffnete Dschihadisten und auch offenen völkerrechtswidrigen Kriegsbeteiligung durch Nato-Staaten in Syrien seit 2011 – die Liste der Erfahrungen, die die Weltgemeinschaft mit falschen Behauptungen gemacht hat, ist lang. Wäre die Weltgemeinschaft da nicht gut beraten gewesen, den Behauptungen über einen vermeintlich russischen Giftgasanschlag in Großbritannien mit größtem Misstrauen zu begegnen?

Die amtierenden Regierungen zahlreicher Nato- und EU-Staaten sind diesem Rat leider nicht gefolgt. Sie haben sich dem Diktum der britischen und sehr wahrscheinlich auch von Teilen der US-Administration gebeugt und sind unbewiesenen Vorverurteilungen gefolgt. In der sowieso angespannten Lage im Verhältnis von Nato und EU zu Russland war dies eine gezielte Eskalation, und die Frage, welchem Zweck diese Eskalation dienen sollte, muss beantwortet werden.

Besonnene deutsche Stimmen

Nun, wo sich auch öffentlich herauszustellen beginnt, dass die Vorwürfe gegen Russland tatsächlich haltlos waren und sind, soll daran erinnert werden, dass nicht nur viele Bürgerinnen und Bürger in Anbetracht der Lage in großer Sorge sind, sondern auch gewichtige Stimmen ehemaliger politisch Verantwortlicher eine andere Sprache sprechen als die Regierungen. Die folgenden Zitate geben Stimmen aus Deutschland wieder. In anderen Ländern wird dies nicht anders sein.

Einige, auch noch amtierende Politiker aus den Reihen der deutschen SPD haben die Entscheidung ihrer Regierungsmitglieder, insbesondere des neuen deutschen Außenministers Heiko Maas, kritisiert.
Von besonderem Interesse dabei ist die Rede des vor ein paar Wochen aus dem Amt geschiedenen deutschen Außenminister Sigmar Gabriel anlässlich der Festveranstaltung des Deutsch-Russischen Forums e.V. «25 Jahre Deutsch-Russisches Forum e.V.» am 15. März 2018 im Berliner Hotel Adlon, die in den deutschsprachigen Leitmedien vollkommen unerwähnt blieb.

Der ehemalige deutsche Außenminister sagte: «Wir erleben derzeit mit dem Mordanschlag auf einen wohl früheren, so lese ich jedenfalls, Doppelagenten in Großbritannien eine der schlimmsten Eskalationen, die wir in letzter Zeit hatten. Und natürlich verstehe ich jeden britischen Bürger, der bei dem Hinweis darauf, es handele sich um eine in der Sowjetunion entwickelte chemische Kriegswaffe, als erstes an die Frage denkt: Wenn diese da entwickelt wurde und wenn sie in früheren Mitgliedstaaten der Sowjetunion produziert wurde, und wenn es sich um einen russischen Doppelagenten handelt, dann gibt es möglicherweise Indizien dafür, dass diese Waffen aus Russland gekommen sind.

Sigmar Gabriel: Deutschland ist das Land, in dem der Konflikt militärisch ausgetragen würde

Ich rate uns als Deutsche und Europäer aber, sich in der Debatte nicht hineintreiben zu lassen in eine immer schriller werdende öffentliche Diskussion. Es gibt in unserem Rechtsstaat eine relativ einfache, aber wirksame Methode, Rechtsstreitigkeiten zu überprüfen. Und die lautet: Jemand ist so lange unschuldig, bis ein Gericht das Gegenteil bewiesen hat. Diese Unschuldsvermutung soll nicht den Skandal, der der Einsatz einer chemischen Kriegswaffe zum Töten eines Menschen natürlich ist, und auch nicht die britische Besorgnis beiseiteschieben. Der Lösungsweg kann nur sein, dass wir die internationalen Gremien damit beauftragen, diesen Fall zu untersuchen und uns dann die Belege vorzulegen, die entweder für die eine oder andere Beurteilung dieses mörderischen Falls herangezogen werden können.

Wir sind Mitglied in einer UN-Organisation zur Kontrolle und zur Vernichtung von chemischen Waffen. Ich glaube, das Klügste kann nur sein, genau diese Institution mit diesen Untersuchungen zu beauftragen, ihnen alle Informationen zu geben und nach der Untersuchung festzustellen, welche politischen Schlüsse wir daraus ziehen – und nicht vorher. Das verhindert auch das vielleicht schlimmste Gift in internationalen Beziehungen: die Spirale gegenseitiger Verdächtigungen und seltsamer Erzählungen, in denen die skurrilsten Vorstellungen entwickelt werden, warum vielleicht die andere Seite dieses oder jenes getan hat und alle den eigenen Verschwörungstheorien nachgehen. Man fühlt sich an ganz schlechte James-Bond Filme erinnert.
Warum plädiere ich für eine so abgewogene deutsche Haltung? Weil wir hier aus unserer eigenen Geschichte wissen, wie schnell nationale Narrative gegeneinander zu missbrauchen sind, weil wir wissen, dass am Ende die Zivilisten und die Bevölkerung die Preise für solche Entwicklungen zahlen, im Zweifel mit ihrer Gesundheit und ihrem Leben. Und übrigens auch, weil wir wissen, dass Konfrontationen am Ende immer einen Austragungsort haben. Wenn es zur Austragung von Konfrontationen kommt, dann ist das der Boden der Bundesrepublik Deutschland und Europas.»

Matthias Platzeck: Die Konfrontationsspirale erhöht die Kriegsgefahr

Nicht weniger mahnend äußerte sich der ehemalige Ministerpräsident von Brandenburg und ehemalige SPD-Vorsitzende Matthias Platzeck, heute Vorsitzender des Deutsch-Russischen-Forums. In einem Video-Interview mit der Zeitung «Die Welt»1 vom 27. März 2018 sagte er: «Wir handeln hier nach dem Motto: Wir erschießen erst mal den Verdächtigen und prüfen dann die Beweise.» Die Bundesrepublik, so Platzeck weiter, verstoße damit klar gegen das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit. Deutschland habe zudem aufgrund der «vielen tragischen Elemente» seiner gemeinsamen Geschichte mit Russland dem Land eine ganz besondere Verpflichtung gegenüber, «ganz schnell von der Eskalation zur Sachlichkeit zurückzukommen».

Weiter sagte er: «Die Konfrontationsspirale, in der wir jetzt sind, nützt niemandem etwas, sondern erhöht nur die Kriegsgefahr.»

Günther Verheugen: Das ist eine Vergiftung des Denkens

Auch der ehemalige EU-Kommissar und SPD-Politiker Günther Verheugen sagte in einem Interview mit der «Augsburger Allgemeinen» vom 27. März 2018: «Die Argumentation im Fall Skripal erinnert mich ein bisschen an eine Urteilsverkündung nach dem Motto ‹Die Tat war dem Beschuldigten nicht nachzuweisen, aber es war ihm zuzutrauen.› Die Haltung, dass Putin und die Russen im Zweifel für alles verantwortlich sind, ist eine Vergiftung des Denkens, die aufhören muss.»

Vielen Deutschen ist auch die nicht mehr aktive Grünen-Politikerin und stellvertretende Parlamentspräsidentin Antja Vollmer noch ein Begriff. Sie meldete sich am 30. März 2018 in einem Interview mit dem Deutschlandfunkkultur zu Wort.

Für Antje Vollmer ist die jüngste Entwicklung verheerend. Sie drohe, außer Kontrolle zu geraten. Vor allem der neuen Bundesregierung macht die ehemalige Grünen-Politikerin schwere Vorwürfe: «Angela Merkel und auch ihr Außenminister verspielen gerade einen Spielraum, den die deutsche Politik von Brandt bis Helmut Kohl hatte. Nämlich klar im Westen begründet zu sein, aber immer ein besonderes Interesse an einem guten Verhältnis zu Russland zu haben.»

Antje Vollmer: Angela Merkel und ihr Außenminister verspielen gerade den deutschen Spielraum

Sie sei entsetzt, «dass der neue Außenminister Heiko Maas in wenigen Sätzen bei seinem Amtsantritt dieses ganze außenpolitische Tafelsilber der SPD anscheinend verleugnet, wenn er sagt, er ist nicht wegen der Entspannungspolitik, nicht wegen Egon Bahr und Willy Brandt, auch nicht wegen der Friedensbewegung in die Politik gegangen, sondern wegen Auschwitz».

Man komme nicht weiter, wenn man die andere Seite nicht begreife. «Und tatsächlich ist es im Moment so, dass gerade die Russen und die russische Bevölkerung nicht verstehen, warum das Land, was ja zur Wiedervereinigung der Deutschen entscheidend beigetragen hat, jetzt plötzlich so am Pranger steht, und warum die Deutschen, die mit zwei Weltkriegen gegenüber Russland große Schuld auf sich geladen haben, nicht begreifen, dass man mit dem Land auf Augenhöhe reden muss.»

Auch die deutsche FDP steht nicht hinter der deutschen Regierungspolitik. Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Wolfgang Kubicki kritisierte die deutschen Reaktion im Fall Skripal in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom 22. März 2018 und fügte hinzu, er wisse, dass in der Sache mehr als 60 Prozent der FDP-Anhänger hinter ihm stehen würden.

Wolfgang Kubicki: Heiko Maas weiß nicht mehr als wir alle

Schon vor dem Interview mit dem Deutschlandfunk hatte Kubicki in einem anderen Interview gesagt, die gemeinsame Erklärung Deutschlands, Frankreichs, der USA und Großbritanniens zu diesem Nervengift-Angriff in Großbritannien sei ein Fehler gewesen. Darauf angesprochen wiederholte er: «Ja, die war voreilig. Man kann ja nicht gemeinsam Aufklärung fordern und gleichzeitig erklären, wir wissen, wer der Schuldige ist. Das widerspricht sich. Ich bin Strafverteidiger, wie Sie wissen, und es gilt in Deutschland und auch darüber hinaus die Unschuldsvermutung.»

Ausdrücklich kritisierte er die Position des deutschen Außenministers und dessen Äußerungen, er wisse mehr: «Ich habe keine besseren Informationen, aber auch Heiko Maas hat keine besseren Informationen. Fakt ist, dass das identifizierte Gift in der Sowjetunion hergestellt worden ist, aber nicht nur von der Sowjetunion oder nicht nur von Russland gehalten wurde. Fakt ist, dass wie gesagt die Organisation, die dafür zuständig ist zu identifizieren, wo der Gift-Cocktail zusammengemixt worden ist, sich noch in den Untersuchungen befindet. Und Fakt ist doch auch, dass die Außenminister gesagt haben, sie fordern Aufklärung. Nur wer weiß, wer der Täter ist, der braucht keine Aufklärung, denn das widerspricht sich in sich selbst. Ich sage in aller Ruhe und Gelassenheit: Warten wir doch mal die nächsten 14 Tage ab. Dann werden wir Sicherheit haben. Und wenn wir Sicherheit haben, dann können wir auch entsprechend reagieren.»

«Unsere ukrainischen Gesprächspartner sind nicht bereit, die Verpflichtungen von Minsk II zu erfüllen»

Kubicki zweifelte auch den Sinn und die Begründung der Sanktionen gegen Russland an: «Das Problem bei der Umsetzung des Minsk-II-Abkommens ist, dass unsere ukrainischen Gesprächspartner nicht bereit sind, ihrerseits ihre Verpflichtungen zu erfüllen. Das ukrainische Parlament hat sich beispielsweise geweigert, in der Ukraine eine föderale Struktur aufzubauen, ähnlich wie in Deutschland, so dass die Gebiete in der Ostukraine ein gewisses Maß an Selbstverwaltung haben.»

Europa, so Kubicki weiter, brauche Russland: «Wir brauchen Russland innerhalb Europas auch in Form einer Sicherheitspartnerschaft, die wir ja vor über 20 Jahren mit den Russen vereinbart haben. Und wenn wir uns nur gegenüberstehen und immer mit dem Finger auf den anderen zeigen und sagen, Du musst anfangen, kommen wir nicht weiter. Mein Vorschlag ist, dass wir im Sanktionsregime beispielsweise bei den Sanktionen im Agrarbereich einen ersten Schritt tun und warten und schauen, wie Russland darauf reagiert. Gibt es eine vernünftige Reaktion, dann können wir die Gespräche intensivieren; gibt es keine vernünftige Reaktion, dann können wir bei dem Sanktionsregime bleiben. Aber einer muss anfangen, um aus der Sprachlosigkeit herauszukommen.»

Frank Elbe: Verstörende Akte politischer Selbstjustiz

Bei einem anderen namhaften deutschen FDP-Politiker, beim ehemaligen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, war der deutsche Botschafter a.D. Frank Elbe, Jahrgang 1941, also noch im Krieg geboren, Bürochef und Leiter des Planungsstabes des Auswärtigen Amtes. Seine Äußerungen fanden keinen Platz in den deutschsprachigen Leitmedien, aber RT Deutsch veröffentlichte seine Stellungnahme am 30 März 2018: «Der Giftanschlag von Salisbury ist ein scheußliches Verbrechen. Wer immer dieses infame Attentat zu verantworten hat, verdient die Verachtung der Weltgemeinschaft. Die umgehende Aufklärung der Tat ist geboten. Eine Rücksichtnahme auf den möglichen Täter kann es nicht geben. Wo Aufklärung geboten ist, lässt sich die westliche Welt jedoch zu verstörenden Akten politischer Selbstjustiz hinreißen. Sie verhängt bereits Strafen über einen mutmaßlichen Delinquenten, ohne sich überhaupt seiner Täterschaft sicher sein zu können. Alle Finger zeigen auf Russland, zum Teil auf Putin persönlich.»

Weiter: «Die Leidenschaft, mit der die westliche Welt Solidarität mit Großbritannien bekundet, ist bereits im Bereich des Irrationalen zu verorten. Sie übertüncht einen Mangel an Aufklärungsbereitschaft. Schlimmer noch: Sie will uns glauben machen, dass Abstimmungsprozesse in EU und Nato an Stelle von Beweisen treten können. Das läuft auf eine Bevormundung des Bürgers hinaus. Sein Recht auf Meinungsbildung zu elementaren, ja existentiellen Entwicklungen zukünftiger Sicherheit verdient mehr Respekt. Er hat Anspruch auf plausible Informationen.»

Der ehemalige deutsche Botschafter geht auch konkret auf die Vorgänge in Großbritannien ein: «Zu den wenigen öffentlich bekannten Dokumenten, auf die sich die britische Regierung beruft, um Russland als verantwortlich für den Anschlag zu brandmarken, gehört das Urteil des Royal Court of Justice vom 22. März 2018. Nun enthält das Londoner Urteil gerade keinen Hinweis auf eine russische Täterschaft, wie die britische Regierung glauben machen will. Es beschränkt sich auf die Feststellung, dass es sich bei dem Gift ‹um eine Nowitschok-Substanz oder um eine eng verwandte Substanz handelt›. Das heißt, dass das Gift nicht genau identifiziert wurde. Es ist keine Rede davon, dass das Gift in der Sowjetunion hergestellt wurde.
In den 80er-Jahren war ich in der Genfer Abrüstungskonferenz Verhandler an dem Abkommen über die Ächtung chemischer Waffen; ich war auch Vorsitzender des Unterausschusses für Verifikation. Ich kann nicht nachvollziehen, wie aus der Analyse eines Nervengiftes zwingend auf die Täterschaft eines Anschlags geschlossen werden kann.»

«Nowitschok ist offensichtlich auf eine lange Wanderschaft gegangen»

«Es gibt drei Reihen von tödlichen Nervengasen: Sarin, VX und Nowitschok – letzteres wurde in den 70ern in der früheren Sowjetunion entwickelt. Sarin wurde zufällig 1939 von dem deutschen Chemiker Schrader bei der Erforschung eines Pflanzenschutzmittels entdeckt. Die Strukturformeln der Gifte sind weitgehend bekannt, sogar im Internet zugänglich.

Die Vorräte von Nowitschok wurden nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion auf Bitten der usbekischen Regierung durch amerikanische Chemiewaffenspezialisten entsorgt. Bemerkenswert ist, dass Nowitschok als Nervengift zwar lange einschlägig bekannt war, in der Folgezeit in Russland, in den USA und in England auch weiter erforscht wurde, aber nicht im Chemiewaffenabkommen deklariert wurde. […] Als supertoxisch-lethale chemische Substanz ist Nowitschok offensichtlich auf eine lange Wanderschaft gegangen.»
Weiter: «Bis zur Klärung weiterer Fakten ist politische Zurückhaltung mit Schuldzuweisungen und Strafmaßnahmen geboten. Sie ergibt sich aus dem Respekt vor unserem eigenen Wertesystem, nach dem die Verhängung von Strafen ohne ausreichende Feststellung der Schuld unzulässig ist. Aus Artikel 26 (1) des Grundgesetzes leitet sich ein für jedermann unmittelbar geltendes Gebot ab, Handlungen zu unterlassen, die geeignet sind und in der Absicht vorgenommen werden, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören. Unberechtigte Verdächtigungen fallen unter dieses Verbot. Die Ausweisung von nachrichtendienstlichem Personal ist zwar keine Verletzung des Völkerrechts, hat aber in dieser Situation den Charakter eines unfreundlichen Aktes, der als friedensstörende Handlung nach Art. 26 (1) GG verfassungswidrig wäre.

Die aktuelle Situation ist brandgefährlich, weil sie den Keim zum Bruch normaler Beziehungen zu Russland und damit zum Kollaps der nach dem Fall der Berliner Mauer geschaffenen europäischen Neuordnung in sich trägt. Manche Staaten des Westens sehnen sich nach einer Ausgrenzung Russlands. Das kann kein Ziel der Deutschen sein.»

Ex-BND-Präsident Gerhard Schindler: Es bleibt die Frage, wem die Vorgehensweise eigentlich nützt

Am Schluss soll der Hinweis auf ein Interview des Mitteldeutschen Rundfunks MDR mit dem früheren Präsidenten des deutschen Auslandsgeheimdienstes, des Bundesnachrichtendienste BND stehe. Der MDR berichtete am 27. März 2018 darüber: «Der frühere Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) Gerhard Schindler sieht im Fall des mutmaßlichen Giftanschlags auf den Ex-Doppelagenten Sergej Skripal bislang keine ausreichenden Beweise, die eine ‹definitive Zuweisung der Verantwortung› an Russland rechtfertigen würden. Schindler sagte am Dienstag MDR AKTUELL: ‹Also ich glaube, die derzeitige Beweislage ist nicht so robust, wie die jetzt beschlossenen Maßnahmen vermuten lassen.› […] Schindler sagte, man könnte vielleicht annehmen, die Vergiftung Skripals könnte den russischen Geheimdiensten helfen, etwa um potenzielle Täter abzuschrecken. ‹Aber das ist kein Nutzen für die russische Politik, für die russische Regierung als Ganzes. Und deshalb bleibt die Frage, wem nützt diese Vorgehensweise eigentlich, offen.›»

Willy Wimmer: Ein Segen, dass Russland rational und nicht eskalierend handelt

Am 27. März 2018 kam im MDR auch Willy Wimmer, der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete, parlamentarische Staatssekretär im deutschen Verteidigungsministerium und Vizepräsident der Parlamentarischen Versammlung der OSZE, zu Wort. Auf der Internetseite des MDR ist zu lesen: «Der CDU-Politiker sprach bei MDR Aktuell von einer ‹in hohem Maße friedensgefährdenden Aktivität›, die London nicht zum ersten Mal in der Europäischen Union oder Nato starte. Wer mit derartigen Vorwürfen daher komme wie Großbritannien im Fall Skripal, müsse auch die entsprechenden Beweise auf den Tisch legen. Aber aus London komme da nichts. Stattdessen eskaliere die britische Regierung in Nato und EU alle Vorwürfe gegen Moskau. Und das Entsetzliche sei, dass die Hälfte der Europäischen Union und die Bundesregierung da auch noch mitmachen würden.
Mit Blick auf die Aussage des neuen Bundesaußenministers Heiko Maas (SPD), der davon gesprochen hatte, dass die Fakten und Indizien im Fall Skripal nach Russland weisen würden, sagte Wimmer: ‹Und wenn dann so ein Jungspund wie Herr Maas da hingeht und sagt, hinreichende oder interessante oder Gott weiß welche Beweise, da kann ich nur sagen: Das wäre seinem Vorgänger, Herrn Gabriel, nicht über die Lippen gekommen.›
Auf die Fragen, ob wir gerade eine Vorstufe zu einem neuen Kalten Krieg erleben und wie Russland diplomatisch auf die Vorstöße des Westens reagieren werde, sagte Wimmer: ‹Also man hängt ja schon seit der Ost-Erweiterung der Nato eigentlich davon ab, dass in Moskau jemand Präsident ist, der rational und nicht eskalierend mit diesen Dingen umgeht. Ich will jetzt aus meiner Sicht der Dinge keine Empfehlungen in die eine oder andere Richtung aussprechen. Nur, wenn wir Putin nicht haben würden, bei der Kriegslust, die im Westen herrscht, sähe Europa schon ganz anders aus.›»

Anmerkungen:

(1) https://www.welt.de/politik/video174931406/Platzeck-zur-Skripal-Affaere-Wir-erschiessen-erst-den-Verdaechtigen-und-schauen-dann-nach-Beweisen.html

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Karl-Jürgen Müller
Karl-Jürgen Müller ist Lehrer in Deutschland. Er unterrichtet die Fächer Deutsch, Geschichte und Gemeinschaftskunde. Er lebt in der Schweizerischen Eidgenossenschaft und schätzt die direkte Demokratie und politische Kultur in der Schweiz sehr.