Frankfurts Manager Siegfried Dietrich litt auf der Haupttribüne des Frankfurter Volksbank Stadions mit, ehe sich die ganze Anspannung im Jubel nach dem Schlusspfiff entlud. Mit dem Erreichen seiner beiden Ziele hat der DFB-Pokalsieger 2014 schon jetzt eine tolle Saison gespielt – und das Sahnehäubchen kann ja noch folgen. Im Interview blickt Siegfried Dietrich auf den Showdown in der Autostadt und lässt den Krimi in Bornheim noch einmal Revue passieren.
Herr Dietrich, können Sie Ihre Gefühle nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus in Worte fassen?
Es war einfach eine riesengroße Erleichterung, als unser Sieg unter Dach und Fach war, erst recht nach diesem unglaublichen Spielverlauf. Zehn Minuten zuvor hatte Potsdam die Möglichkeit, per Strafstoß in Führung zu gehen. Im einen Moment sieht man der drohenden Niederlage ins Auge und wenig später machen wir das entscheidende Tor und realisieren die Champions-League-Qualifikation. Das sind emotionale Extremsituationen, die sich noch potenzieren, wenn man als Mitverantwortlicher maßgeblich von Sieg und Niederlage betroffen ist.
Was bedeutet dieser Erfolg für den 1. FFC Frankfurt?
Wir sind als dreifacher UEFA-Cup-Sieger noch immer die international erfolgreichste deutsche Frauen-Vereinsmannschaft und es ist ganz einfach unser Anspruch, sich auch in der Zukunft Herausforderungen auf diesem Niveau zu stellen. Wir haben seit zwei Jahren mit aller Kraft auf das Ziel, wieder europäisch zu spielen, hingearbeitet, dabei immer positiv nach vorne geschaut und uns jetzt für unsere intensive Arbeit belohnt. 7.250 Zuschauer haben den deutschen Frauenfußball-Klassiker im Frankfurter Volksbank Stadion gesehen.
Können sich die Fans jetzt auf weitere Spiele in dieser Arena freuen?
Zunächst freuen wir uns jetzt auf die Fertigstellung der Sanierungsmaßnahmen im Stadion am Brentanobad. Unsere Heimstätte wird durch die 12 Millionen teure Maßnahme erheblich aufgewertet. So rücken die Fans deutlich näher an das Geschehen auf dem Spielfeld heran und dank der Flutlichtanlage können wir künftig auch stimmungsvolle Abendspiele, zum Beispiel in der Champions League, in Rödelheim austragen. Aber es kann ja immer mal wieder Konstellationen geben, in denen das Zuschauerinteresse die Kapazitätsgrenze des Stadions am Brentanobad übersteigt. Und in solchen Fällen würden wir die Möglichkeit eines erneuten Standortwechsels sicherlich prüfen. Denn eines ist klar: Die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen und Mitarbeitern des FSV Frankfurt hat hervorragend funktioniert. Das Highlight gegen den 1. FFC Turbine Potsdam war Werbung für den Frauenfußball und der nächste Schritt in der Entwicklung der künftigen Allianz Frauen-Bundesliga.
Vielen Journalisten ist der fast freundschaftliche Umgangston zwischen Ihnen und Turbine-Trainer Bernd Schröder während der Pressekonferenz aufgefallen. Ist die langjährige Rivalität damit vom Tisch?
Ich habe mich sehr über die respektvollen Worte von der Bernd Schröder, der uns für das ,Meisterschafts-Endspiel` in Wolfsburg alles Gute gewünscht hat, gefreut. Die Vergangenheit sollten wir gar nicht mehr thematisieren, ich lebe lieber in der Gegenwart. Fakt ist: Natürlich hatten wir hin und wieder Meinungsverschiedenheiten und es gibt sicherlich auch aktuelle Themen, bei denen jeder seine eigene Sichtweise hat. Aber wir haben auch eine große, verbindende Gemeinsamkeit: Uns beiden liegt der Frauenfußball am Herzen.
Blicken wir nun nach vorne: Am Sonntag wird im Aufeinandertreffen zwischen dem VfL Wolfsburg und dem 1. FFC Frankfurt der Deutsche Meister 2014 gekürt. Mit welchen Erwartungen fahren Sie in die Autostadt?
Ich erwarte einen großartigen, spannenden Schlusspunkt unter einer sehr interessanten Saison und ich bin sehr optimistisch, dass wir nach dem Erreichen unserer Saisonziele mit dem neunten DFB-Pokalgewinn und der Champions-League-Qualifikation auch noch das i-Tüpfelchen setzen werden. Dass dies eine ganz schwere Aufgabe ist, wissen wir. Ich habe das Champions-League-Finale der Wölfinnen gegen Tyresö FF vor Ort in Lissabon verfolgt und war sehr beeindruckt von der Moral des alten und neuen Cup-Gewinners, der einen 0:2-Pausenrückstand wettgemacht hat. Doch wir haben bereits zwei Mal in dieser Saison gegen Wolfsburg gespielt und dabei kein Gegentor hinnehmen müssen. Es waren sehr enge, intensive Begegnungen auf Augenhöhe und nichts anderes erwarte ich auch am Sonntag.Kleinigkeiten entscheiden in solchen Spielen, wohin das Pendel ausschlägt.
Ist es ein psychologischer Vorteil, den DFB-Pokal und die Champions-League-Qualifikation schon in der Tasche zu haben?
Für unseren Gegner gilt ja im Prinzip nichts anderes: Wolfsburg hat den europäischen Titel und die damit verbundene Champions-League-Qualifikation in der Tasche – in dieser Wertung steht es also unentschieden. Für uns geht es darum, nach dem dramatischen Krimi gegen Potsdam, in dem wir das Happy End dank einer starken Willensleistung erzwungen haben, noch einmal Vollgas geben, um endlich wieder die Meisterschale zu gewinnen.
Wie wichtig wäre die Deutsche Meisterschaft 2014 für den 1. FFC Frankfurt?
Schon bis zum Meisterschafts-Showdown haben wir eine erfolgreiche Saison gespielt. Aber wenn man so kurz davor steht, will man die Schale natürlich auch gewinnen. Wer nach 22 Spieltagen an der Tabellenspitze steht und sich in einem immer stärker werdenden Wettbewerb behauptet, der ist ein würdiger Champion – und das wollen wir sein!
Wagen wir zum Abschluss einen kurzen Ausblick auf die kommende Saison, in der der 1.FFC Frankfurt in drei Wettbewerben antritt. Wie ist der Stand der Planungen?
Wir verfügen bereits über einen starken Basiskader, den wir in den nächsten Wochen noch weiter verstärken wollen. Dabei stehen nicht allein die fußballerischen Qualitäten von möglichen Zugängen im Vordergrund. Wir suchen Spielerinnen, die Willensstärke und Erfolgshunger verkörpern und somit zu unserer Philosophie passen. Unsere Mannschaft hat sich im Laufe der Saison zu einer verschworenen Einheit entwickelt, in die sich jede Spielerin mit ihren individuellen Qualitäten einbringt. Mit diesem Zusammengehörigkeitsgefühl wollen und werden wir auch die anspruchsvollen Herausforderungen in der Saison 2014/15 meistern.