Die Hauptstädter gewannen den Münzwurf und entschieden sich, den Ball zu empfangen. Die Adler begannen ihre erste Angriffssequenz mit einem unvollständigen Pass und einer Auszeit. Schon in diesem 1.Viertel war zu sehen, wie gut sich die Kieler auf dieses Spiel eingestellt hatten. Die Verteidigung der Norddeutschen zwang den Berliner Spielführer mehrfach zur Improvisation, das Laufspiel der Adler kam nicht richtig in Schwung – Folge dessen war ein Punt in die Hälfte der Canes. Aber auch der Kieler Angriff musste sich schnell vom Ball trennen. Die Hauptstädter wiederum waren den Ball nach vier Versuchen auch wieder los und die in grün gekleideten Wirbelwinde begannen an ihrer eigenen 36-Yard-Line mit dem Drive, der ihnen letztlich die ersten Punkte des Spiels einbrachte. Die D-Line der Adler hatte während des gesamten Spiels arge Probleme und der quirlige RB Simon Sommerfeld, der insgesamt 114 Yard erlaufen konnte, schloss die zweite Angriffsserie der Kieler mit einem TD-Lauf über 40 Yard ab. Somit führte der selbsternannte Außenseiter kurz vor Ende des 1.Viertels mit 7:0. Dank eines guten Kickoff-Returns von David McCants und einem tiefen, vollständigen Pass von Jon Grant auf Pascal Heck waren die Hauptstädter in Fieldgoal-Reichweite und die Entfernung von 36 Yard stellte für den besten Kicker der Liga nicht unbedingt ein Problem dar. Mittlerweile waren das erste Mal die Seiten gewechselt. Die Adler verkürzten auf 3:7 und schickten den folgenden Kieler Angriff nach 4 Versuchen wieder vom Platz.
Nun zeigte sich, dass die Adler auch noch etwas anderes können als mit dem Ball in der Hand zu laufen. Der QB der Berliner bediente seine Receiver erfolgreich. Am Ende dieser Angriffsserie stand ein TD-Pass, der zu reichlich Diskussionen unter den Fans der Canes führte. Kent Anderson, der Kieler Headcoach beendete diese in der Halbzeitpause, indem er die Entscheidung der Schiedsrichtercrew ohne „wenn und aber“ akzeptierte. Bis zur Pause wechselte das Angriffsrecht aufgrund der starken Leistungen der jeweiligen Verteidigungsreihen mehrfach. Hervorzuheben wäre noch die Balleroberung mit anschließendem Return vom Kieler Verteidiger Christian Mohr nach einem Fumble des Adler-QB und danach die Interception des Berliner DB Mario Schmidt. Mit 10:7 aus Berliner Sicht trennte man sich in die Pause und bei den schwarz/gelben war es eigentlich wie fast immer: Es dauert etwas länger, bis man im Spiel ist und dann geht’s richtig los ”¦
Die Statistiken zur Halbzeit bestätigten den subjektiven Eindruck, den der interessierte Zuschauer von der abgelaufenen Spielzeit schon gewonnen hatte. Beide Mannschaften zeigten an diesem Tag, dass sie auch das beherrschen, was sie normalerweise nicht spielten – die Adler beförderten den Ball durch die Luft und die Canes erzielen Raumgewinn mit dem Ball in der Hand.
Nach der Pause bekamen beide Angriffsformationen den Ball, bevor die nächsten Punkten auf das Scoreboard kamen. Erst Mitte des 3.Viertels gingen die Kieler erneut in Führung. US-Import Brandon Langston sorgte mit einem 37-Yard-Lauf für den erneuten Wechsel. Nach dem PAT von Florian Dannehl stand es 14:10 für Kiel. Der direkt folgende Kickoff-Return-TD wurde den Berlinern aufgrund eines illegalen Blocks aberkannt – auch diese Entscheidung der Schiedsrichter führte zu Diskussionen, diesmal unter den Berliner Fans. Kiel konnte die Führung bis in das 4.Viertel behaupten, die Adler verwandelten immerhin noch ein Fieldgoal aus 43 Yard zum 13:14.
Die Canes eröffneten den letzten Spielabschnitt mit einem 9-Yard-TD-Pass von Kyle Callahan auf Phillip Heider, der seinen einzigen Catch an diesem Tag in Punkte ummünzen konnte. Nach dem erfolgreichen PAT von Florian Dannehl zum 21:13 fragten sich einige Fans, warum die Norddeutschen keine 2-Point-Conversion versucht haben, um Berlin zu zwei Scores zu zwingen. Nun waren die Adler am Zug und legten einen Drive hin, der viel Zeit von der Uhr nahm und ihnen am Ende den Ausgleich bescherte. Die Kieler Verteidigung leistete sich unterstützenderweise ein Holding und die Adler benötigten nun nur noch zwei Spielzüge, um die verbleibenden 12 Yard bis zur gegnerischen Endzone zu überwinden. David McCants, später gekürter MVP des Spiels, erzielte am rechten Tackle vorbei, seinen ersten Lauf-TD an diesem Tag und die Adler-Coaches setzten noch einen drauf: Um den Ausgleich zum 21:21 erzielen zu können, musste eine 2-Point-Conversion her. Die Adler stellten dafür zu ihrem etatmäßigen RB einen zweiten auf das Feld. Die Kieler Defense konzentrierte sich auf den vermeintlich stärkeren Anspielpunkt auf der linken Seite und musste dann zusehen, wie Adler-Urgestein Oliver Schmeling auf der rechten Seite berührungslos durchmarschierte. Ein wahrhaftig genialer Spielzug der Adler!
Mit knapp 5 Minuten verbleibender Spielzeit übernahmen nun wieder die Verteidigungsreihen das Spielgeschehen. Beide Angriffsformationen konnten sich nicht durchsetzen und mit 1:27 min. auf der Uhr fällte der Kieler Coach eine mutige, aber folgenschwere Entscheidung: Statt von der Mittellinie aus zu punten und die Berliner an der eigenen Endzone festzunageln, ließ er den 4.Versuch ausspielen – der QB der Canes rutschte aus und die Adler hatten Angriffsrecht. Ein tiefer Pass auf Hemaseh Heidary folgte und die Hauptstädter standen in der Kieler Redzone. Fast alle rechneten jetzt damit, dass die Adler die Zeit „runterlaufen“ und ihren Kicker zum Sieg antreten lassen würden. Weit gefehlt, auch der Coach der Berliner sagte einen Spielzug an, der aufgrund der verbleibenden Spielzeit nicht zu erwarten war. Dieselbe Lücke, die zuvor schon Oliver Schmeling passiert hatte, nutzte David McCants für seinen zweiten Lauf-TD des Tages. Benjamin Scharweit stellte mit seinem PAT die 28:21 Führung her. Aber es war noch nicht vorbei”¦
Die Canes hatten 53 Sekunden Zeit, um 67 Yard zu überwinden. Eine Situation, die die Kieler in ihrem Halbfinalspiel in Schwäbisch Hall schon einmal erfolgreich für sich entscheiden konnten. Aber die „Berliner Mauer“ ist doch ein etwas anderes Kaliber als die Verteidigung der Schwäbisch Hall Unicorns. Die Adler stellten viele Verteidiger in das Backfield und verhinderten auf diese Weise den tiefen Pass und großen Raumgewinn ihrer Gegner. Zudem verschenkten die Norddeutschen in dieser Situation wertvolle Sekunden durch eine nicht rechtzeitig genommene Auszeit. Florian Emslander beendete mit seinen zwei Tackles die Hoffnungen der Kieler auf eine Verlängerung. Und dann wurde gefeiert!
Der German Bowl XXXI endete mit einem verdienten 28:21 Sieg der Berlin Adler, weil die Hauptstädter rechtzeitig die Stärken des Gegners an diesem Tag erkannten und in der Lage waren, kurzfristig ihr eigenes Spiel auf die veränderten Gegebenheiten dieses Endspiels umzustellen.