Noch heute hört man von der schönen Zeineb aus dem Munde der Geschichtenerzähler auf dem berühmten „Platz der Gehenkten“, dem Djemaa El Fna. Dort, wo einst die Sultane die Köpfe ihrer hingerichteten Gegner haben aufspießen lassen, tobt fremd und verlockend das orientalische Leben. Allah hat die Zeit erschaffen. Von Eile hat er nichts gesagt. – Und so bleibt die Zeit stehen, wenn die Schlangenbeschwörer, Feuerschlucker, Wasserverkäufer, Trompetenbläser, Zahnzieher oder Geschichtenerzähler ihr nie enden wollendes Theaterstück aufführen. Was hier abläuft, ist einerseits Touristen-Show, andererseits feiert das Volk sich selbst. Lacht über sein Elend, berauscht sich an afrikanischen Rhythmen, freut sich des Lebens. Das Volk zeigt seine Seele. Und manchmal ist es die eines Kindes.
Von den Garküchen steigt der Duft von köstlichem Couscous in den Himmel, es riecht nach scharf gebratenem Kebab und kräftig gewürzten Gemüsesuppen. Überall gibt es Tee aus Minze, das Nationalgetränk. Als „Marokkanischer Whisky“ wird er in den Touristenhotels geführt. Die Briten brachten den grünen, unfermentierten Tee 1854 ins Land. Die Berber fanden sofort Gefallen daran. Die Feinheiten einer marokkanischen Teezeremonie aber wird ein Europäer wohl nie lernen. Das erste Glas, es ist so bitter wie das Leben, wird weg gegossen. Beim zweiten, so süß wie die Liebe, werden die Gläser mit hohem Strahl gefüllt, um den Tee mit Luft anzureichern. Das dritte Glas, sanft wie der Tod, enthält die stumme Bitte des Gastgebers nach Beendigung der Zeremonie.
An Leib und Seele gestärkt macht man sich nun auf, die Souks von Marrakesch zu erkunden, das märchenhafteste Chaos, das je von Menschenhand angerichtet wurde. Eine neue Welt tut sich auf, Läden und Werkstätten jeder Art und Gattung, der Duft von Safran, Ingwer, Muskat, Zedernholz, silberne Teekannen, handgemachte Ketten, Ringe, Ohrgehänge, Armspangen, bemalte Tiegel, Töpfe, Vasen, die Gasse der Teppichhändler, die der Pantoffelschuster, der Gewürzhändler, das Labyrinth aus engen, krummen Gassen scheint keinem Plan zu folgen, wer sich hier verläuft, ist verloren. Würde da nicht – wie ein Ausrufezeichen Gottes – das 77 Meter hohe Minarett der Koutoubia, der Almohaden-Moschee, als Wegweiser am Himmel über den engen Gassen stehen. Die Koutoubia an der südlichen Grenze des Souk ist das Wahrzeichen von Marrakesch.
Am nördlichen Rand des Marktviertels, da, wo die Lederwarengasse ihr Ende nimmt, liegt ein anderes Juwel marokkanischer Architektur, die Médersa Ben Yousseff. Die Koranschule, die Mitte des 14. Jahrhunderts vom „Schwarzen Sultan“ Abou el Hassan gegründet wurde, ist eines der wenigen sakralen Bauwerke Marokkos, das auch von innen besichtigt werden kann. 1960 wurde der Lehrbetrieb eingestellt. Die über 100 winzigen Wohnzellen im Obergeschoss künden noch heute von der Askese der Studenten. Nichts sollte ihre Konzentration stören. Die Medersa gilt mit ihrem maurischen Flächendekor als ein Bauwerk in höchster künstlerischer Vollendung. Den Eingang zu dem mit weißem Marmor ausgelegten Innenhof bildet ein prunkvolles, reich geschnitztes Zedernholzportal. Rechts davon steht ein Reinigungsbrunnen, dessen figürliches Dekor – angesichts des Koranverbotes figürlich-realistischer Abbildungen – in der maghrebinischen Kunst sehr selten ist. Es zeigt die einzigen Tierdarstellungen in einem marokkanischen Sakralbau. Und ist damit die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt.
Der Zauber des Orients ist in Marokko, drei bis vier Flugstunden von Deutschland entfernt, noch unverfälscht zu erleben. Ganz nah kommt der europäischen Gast dem Reisemärchen aus Tausendundeiner Nacht, wenn er sich über Europas größtem Reiseunternehmen, der TUI, in eine typische marokkanische Villa einmietet, in ein Riad inmitten der Altstadt. Schöner und ursprünglicher geht’s nicht.
Reise-Infos: Marokkanisches Fremdenverkehrsamt, Graf-Adolf-Straße 59, 40210 Düsseldorf; Tel: 0211/37 05 52; Fax: 0211/37 40 48; www.tourismus-in-marokko.de