Ganz weit im Osten

Am 16. Mai 2019 fand eine Pressekonferenz zum Thema Mindestpension statt. In der Mitte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ). Quelle: BKA, Foto: Dragan Tatic

Berlin, Deutschland (Weltexpress). An der vorarlbergisch-liechtensteinischen Grenze verschwand der Schweizer Grenzbeamte auffällig lange mit meinen Papieren. Als er dann endlich zurückkam und mich, Schweizer mit Wiener Kennzeichen, zur Weiterfahrt aufforderte, fragte ich ihn höflich, weshalb denn die Überprüfung meiner Dokumente so auffällig lange gedauert habe. Der Mann räusperte sich etwas verlegen: Wien liege eben „weit im Osten“, lautete die Begründung – und da er eher von der humorloseren Sorte war, musste ich dies als ernsthafte Antwort gelten lassen.

Besucher aus fernen Ländern vermögen zwischen der Schweiz und Österreich kaum zu unterscheiden: Kühe bimmeln auf saftigen Alpweiden, über blauen Seen, unter majestätischen Gipfeln herrscht Ruh, die Städte sind schön, das Essen gut, die Eisenbahnen sauber und pünktlich. Doch für den seit zwei Jahrzehnten in Wien lebenden Schweizer sind die Unterschiede unübersehbar: Wien liegt tatsächlich ziemlich weit im Osten und das barocke Österreich tickt ganz anders als die nüchterne Schweiz. Dort ist ein Ja ein Ja und ein Nein ein Nein – hier ist ein Ja „vielleicht“ und ein Nein „schaumamal“. Hier richtet sich’s jeder irgendwie und immer gibt’s irgendeine Hintertür. Dass man in Wien die Vorarlberger nicht versteht, hat nicht nur sprachliche Gründe: Der alemannische Westen mit seinen unverrückbaren Klarheiten endet am Arlberg, dann folgt die knorrig-felsige Zwischenwelt des Tirol, dann Salzburg, das offenbar immer noch Mühe hat, sich aufrecht der NS-Vergangenheit zu stellen, dann kommt der Osten: Ein bisserl Balkan und viel Operette. Langweilig wird’s hier nie: Man verfolgt aus seiner mit rotem Samt ausgekleideten, von goldschimmernden Karyatiden flankierten Loge als stets staunender, oft amüsierter und bisweilen schockierter Zuschauer das groteske Geschehen.

Der sanfte Kurz und der verschlagene Strache sind die gegensätzlichen Hauptdarsteller der Tragikomödie Österreich: Protagonist eines klassischen Burgtheaterdramas um Macht der Eine, Hanswurst in einer peinlichen Farce der Andere. Lord Acton bekommt einmal mehr Recht mit seiner Sentenz, dass Macht korrumpiere und absolute Macht absolut korrumpiere. Mit knabenhafter Unschuldsmiene und knallharten Methoden schuf sich Kurz absolute Macht – und ließ sich dadurch anscheinend absolut korrumpieren. Straches Machtspiele blieben in jämmerlicher Großmanssucht stecken, seine Korrumpiertheit in kläglichem Dilettantismus.

Anmerkung:

Vorstehender Beitrag von Dr. Charles E. Ritterband wurde am 14.10.2021 in „Voralberger Nachrichten“ erstveröffentlicht.

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