Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der Gedanke, dass private Unternehmen eines Tages im Weltraum beispiel- und tonangebend sein könnten, wäre noch vor wenigen Jahren als spinnerte Vision verworfen worden. Welch ein geradezu gigantischer Irrtum! Denn zumindest zwei amerikanische Konzerne, beide von Milliardären ins Leben gerufen und geleitet, machen staatlichen Institutionen wie NASA (US-Raumfahrtbehörde) und ESA (europäisches Gegenstück) nicht nur Konkurrenz, sondern beweisen auch, dass das Weltall außergewöhnlich profitabel sein kann.
Die Schweizer Großbank UBS schätzt, dass es schnell zu einem Weltraumtourismus kommt, der spätestens im Jahr 2030 ein Volumen von drei Milliarden Dollar haben wird – „mit rapide steigender Tendenz“, sagt dazu ein kalifornischer Raumfahrtfinanzier.
Wahrscheinlich ist diese Summe nicht realistisch genug, denn alles deutet daraufhin, dass viel höhere Ergebnisse erzielt werden. Für eine solche rasante Entwicklung spricht das Beispiel Jeff Bezos, einer der beiden US-Milliardäre mit den privaten Raumfahrtambitionen: Sein Unternehmen Blue Origin will schon im Juli diesen Jahres – also in wenigen Wochen! -einen Kurztrip ins All anbieten. An Bord der sechssitzigen Kapsel auf der Spitze der Rakete „New Shepard“: Bezos und sein Bruder Mark sowie ein zahlender Passagier. Dessen Sitz ist versteigert worden. Das Mindestangebot von 2,5 Millionen Dollar wurde weit übertroffen . Es lag zuletzt bei 28 Millionen Dollar.
Das will ein bisher unbekannter Passagier für eine Mission zahlen, die nur insgesamt elf Minuten dauert. Zwei Minuten nach dem Start in Texas erreicht das Gefährt eine Geschwindigkeit von 3 700 Stundenkilometer. Binnen kürzester Zeit ist die Schwerelosigkeit in etwa 100 Kilometer Höhe erreicht – und der Rückflug beginnt. Große Fallschirme bremsen die Kapsel vor der Landung in Texas ab.
Übrigens gibt es eine vierte Person an Bord, die nichts bezahlen muss. Deren Biografie aber sensationell ist: Mit 82 Jahren wird Wally Funk der älteste Astronaut. Die Amerikanerin ist Pilotin, Pilotenausbilderin und flugbegeistert seit ihrer Kindheit. Mit 16 machte sie ihren Pilotenschein, ihre Astronautenprüfung bestand sie mit Bravour – einen Flug ins Weltall aber bekommt sie erst jetzt.
Der 57jährige Jeff Bezos, der diesen Premierenflug organisiert, ist durch den Internethandelsriesen Amazon, den er gründete, zum Milliardär geworden. Er wird auch als geschäftliches und finanzielles Unikum bezeichnet, nachdem er die angesehene Tageszeitung „Washington Post“ gekauft hatte. Aus dem Amazon-Tagesgeschäft hat er sich zurückgezogen, um sich vorwiegend seinem Raumfahrtunternehmen Blue Origin zu widmen. Schon als Fünfjähriger soll er den Wunsch geäußert haben, einmal in den Weltraum zu fliegen.
Während dieser Jeff Bezos „kleckert“, indem er „nur“ Kurztrips in den Weltraum anbietet, „klotzt“ sein Konkurrent Elon Musk (49) bei seinen Planungen. Denn er will „schon in sechs Jahren Menschen auf dem Mars“ landen lassen. „Wenn wir Glück haben, schon in vier Jahren“, sagte er bei der Entgegennahme des „Axel Springer Award“ in Berlin. Für seine vielfältigen Technologie-Ambitionen wurde er mit diesem Preis im Berliner Springer-Haus geehrt.
Er, Chef des welteinmaligen Autokonzerns Tesla, ist Filou und Hansdampf in allen Gassen zugleich. Allein bei Tesla sind weltweit 70 000 Menschen beschäftigt. Vor den Toren Berlins baut er gerade ein großes neues Tesla-Werk. Die Teslas werden ausnahmslos elektrisch betrieben. Der von 2008 bis 2012 gebaute Roadster war der Welt erstes elektrisches Serienauto – inzwischen gibt es mehrere Tesla-Modelle, darunter ein luxuriöses. Allein im vergangenen Jahr wurden rund eine halbe Million Teslas gekauft.
Dieser Tausendsassa Elon Musk hat die Nase weit vor NASA, ESA und auch den Russen, denn er hat eine Rakete entwickelt, die mehrfach verwendet werden kann. Ihre erste Stufe – der Hauptantrieb dieser Falcon9 – landet auf einer Plattform vor der Florida-Küste. Die Wiederverwendung hat schon viele Male funktioniert. Eine dieser Raketen ist schon achtmal verwendet worden. Musks Starship-Rakete aber wird die wahre Sensation: Sie ist 50 Meter hoch und übertrifft damit alles, auch die Mondrakete Saturn 5. Ihre ebenfalls von Musk entwickelten Raptortriebwerke sollen eines Tages Weltraumtouristen zu Mond und Mars bringen. Eine Weiterentwicklung dieser Rakete soll 120 Meter lang sein – und in der Kapsel auf deren Spitze finden 100 Passagiere Platz.
Diese beiden Milliardäre – Bezos und Musk – wetteifern miteinander – besser: sie wettspielen. Jeder von ihnen ist bereit, alles aufs Spiel zu setzen. Neuerdings mischt ein dritter Milliardär sehr zielstrebig mit, der Brite Richard Branson. Sein Unternehmen Virgin Galactic ist zwar börsennotiert, hat aber bisher mehr „gerummelt“ als Praxis gezeigt.
Aber – der Weltraum ist voller Überraschungen…