West-Östliche Divas – Sarah Jessica Parker und ihre Freundinnen genießen vor exotischer Kulisse „Sex & The City 2“

 

„Sex & The City 2“ ist der Film zur Rezession. Angesichts der nicht enden wollenden Krise hilft nur doch die Flucht in eine sorgenfreie Fantasiewelt, ein zeitgenössische Pendant zum „Denver Clan“ und oberflächliches modernes Gegenstück der „Golddiggers of 1933“. Abu Dhabi liefert dazu die angemessen paradiesische Kulisse, vor der Carrie und Co. in jeder Szene ein neues Kostüm paradieren. Hinter der extravaganten Mode verblasst der primitive Plot. Eine tief gehende Handlung war schon die Stärke der Serie nicht. Im Vergleich zu der non-existenten Handlung von „Sex & The City 2“ jedoch besitzt jene die Komplexität eines Dostojewski-Romans. Mit einem Hauch Selbstironie schwelgen die Hautdarstellerinnen in kleinen (femininen) Sünden: Designerkleidung, Markenartikel und bergeweise kulinarische Delikatessen. Dass sie trotz Völlerei ihre Figur halten, ist so selbstverständlich wie das laut verkündete „All expenses paid.“, welches die Geldfrage klärt.

Die meisten Kostüme könnten dabei ebenso der Altkleidersammlung wie einer Haute-Couture-Boutique entstammen. Erlaubt ist, was gefällt. Dass die konservativen Arabischen Emirate für diese Lebensphilosophie, besonders modisch und sexuell und ganz besonders von Frauen vertreten, nicht der optimale Ort sind, nimmt die Komödie lediglich als Anlass für naive Situationskomik. Den einzigen unverzeihlichen Fehltritt begeht „Sex & The City 2“ nicht in der Mode, sondern dort, wo diese denkbar fern scheint: in einer Gruppe Burka tragender Frauen. Carries Frage, ob sie in New York waren, verneinen die verschleierten Damen zwar, doch wenn sie nicht in „The City“ kommen, muss „The City“ eben zu ihnen. Auf der Leinwand repräsentiert diese angebliche heimliche Befreiung der arabischen Frau die neueste Kollektion von New Yorks Laufstegen. Die ungenierte Leichtfertigkeit, welche das oberflächliche Mode-Märchen erst erträglich macht, schlägt hier in Geschmacklosigkeit um. Den meist amüsanten schiefen Blick auf Alltagsprobleme verdankt die Komödie keinem ironischen Augenzwinkern, sondern Scheuklappen. Der Ruf der Dekadenz verhallt ungehört: „Sex“ gibt es in „The City“ nur ausnahmsweise. Einzig Samantha darf ihn haben und das nur zweimal, hastig und verschämt abgehandelt. Carrie hingegen beichtet ihrem Ehemann ein harmloses Fremdknutschen reumütig.

Stets perfekt gestylt glänzen die Freundinnen als Karrierefrau, Mutter und Gattin, stehen in Stöckelschuhen in der Küche und setzen auf einen Muffin nach dem anderen das rosa Sahnehäubchen. Zu Recht zitiert die Komödie da schwarz-weiß Klassiker vergangener Dekaden. Nur erinnert das schicke Ensemble nicht an die unkonventionellen Heldinnen der Screwball Comedy, sondern die bedrohliche Perfektion einer Betty Crocker. Dass Liza Minnelli sich für die verkappte Biederkeit hergibt, überrascht selbst die Hauptfiguren: „Warum sollte Liz zu so was ‚Ja‘ sagen?“ Und warum sollte es sonst irgendwer?

Titel: Sex & The City 2

Land/ Jahr: USA 2010

Genre: Komödie

Kinostart: 27. Mai 2010

Regie und Drehbuch: Michael Patrick King

Darsteller: Sarah Jessica Parker, Kim Cattrall, Cynthia Nixon, Kristin Davis, Chris Noth, John Corbett

Laufzeit: 146 Minuten

Verleih: Warner Bros.

www.sexandthecitymovie.com

www.warnerbros.de

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