Wien, Österreich (Weltexpress). Atemberaubend schnell verändert sich alles – und doch ändert sich gar nichts. Als ich im Jahr 1984 meinen ersten Korrespondentenposten in Israel antrat, war alles noch ganz anders. Und erst recht bei meiner ersten Israel-Reise, als Gymnasiast damals, 1968, genau ein Jahr nach dem Sechstagekrieg, der die politische Geographie des Nahen Ostens so radikal änderte. Damals herrschte Euphorie über den glanzvollen Sieg, die Beseitigung der tödlichen Einkreisung durch feindliche arabische Nachbarn. Es herrschte blinde Hybris – Auftrieb für die fanatischen Siedlerbewegungen, Auslöser der aktuellen Konfrontationen in Jerusalem.
Und als Israel-Korrespondent hatte ich über die Besetzung Südlibanons und über die ersten Siedlungen in den besetzten Gebieten zu berichten. Gaza war selten ein Thema und Iran war weit weg. Aber es gab damals noch eine Arbeitspartei, die „Land gegen Frieden“ propagierte, es gab eine Friedensbewegung „Schalom Achschaw!“ („Frieden Jetzt!“), es gab die friedensbewegten Kibbuzim, die politische Elite Israels, sowie die „Women in Black“ („Frauen in Schwarz“), die gegen die Besetzung protestierten – und es gab gemäßigte Palästinenser, die den Dialog mit gleichgesinnten Israeli suchten. Alles weg, vorbei. Heute gibt es nur noch den Dauerpremier Netanyahu und seine rechtsextremen Koalitionspartner. Und im Hintergrund, immer bedrohlicher, die potenzielle Nuklearmacht Iran. In Südlibanon sind Zehntausende von Hisbollah-Raketen auf Nordisrael gerichtet: Wehe, wenn sie losgelassen.
Die Palästinenser, die leider ziemlich wenig für den Frieden unternommen haben, fühlen sich durch die Friedensavancen der Araber am Golf und im Maghreb ins Abseits gestellt, während Israel, in den 80ern quasi noch ein Entwicklungsland, wirtschaftlich, kulturell und technologisch von Erfolg zu Erfolg eilt. Alles ist anders und bleibt doch gleich: die Militärtechnologie entwickelt sich rasch, doch jede israelische Generation kämpft weiterhin um ihre Existenz, in Kriegen und im Kampf gegen Terrorismus. Der symbolträchtige Gruß „Schalom“ (Friede), einst Wahrzeichen Israels, scheint inzwischen aus der Mode gekommen zu sein – Friede bleibt ein ferner Traum, Fanatismus herrscht weiter.