Gut 40 Spielminuten zuvor hatte Torsten Mattuschka seine Chance eiskalt genutzt. Schiedsrichter Sascha Thielert hatte in der 9. Minute eine Aktion im Karlsruher Strafraum als Handspiel des KSC-Verteidigers Sebastian Langkamp interpretiert. Gemeinsam war er mit seinem Gegenspieler Karim Benyamina hochgesprungen. Dabei hielt der Unioner das Handgelenk seines Gegners umklammert und führte dessen Hand zielgenau zum Ball. Das war allerdings erst in der Zeitlupenauswertung des Fernsehens zu erkennen. Da dem Schiri kein Zeitlupenblick zur Verfügung stand, gab er den Berlinern den Elfer. Glück gehabt. Mattuschka festigte seinen Ruf als Meister des ruhenden Balls und ließ sein Publikum singen: „Torsten Mattuschka, du bist der beste Mann. Torsten Mattuschka kann das, was keiner kann”¦“ Okay, vom Elfmeterpunkt können das auch andere. Aber Tusche, wie der Kunstschütze genannt wird, zeigte sein Können in der 58. Minute als er von der Seitenauslinie etwa 30 Meter vor dem Tor eine Maßflanke in den Strafraum genau auf Benyaminas Scheitel zirkelte. Pech nur, dass Miller mit einer grandiosen Parade gerade noch die Fingerspitzen an den Ball bekam und die Kugel um den Pfosten lenken konnte. Auch diese Szene hätte das Spiel entscheiden können.
Indes, was zu jenem Zeitpunkt niemand wusste und glauben wollte, die Entscheidung war längst gefallen. Nämlich in der 15. Minute als Anton Fink blitzschnell seinem Bewacher Michael Kohlmann entwischte und den Ball durch die Beine des Unionkeepers Jan Glinker einschob. Alles, was sich danach auf dem frischen Osterrasen abspielte, war vom Schicksal bestimmt, dass die Spiele der Kicker aus Köpenick derzeitig begleitet. Irgendwie ahnte es wohl jeder: Der Siegtreffer würde nicht mehr fallen. Selbst beste Gelegenheiten vor Millers Tor wurden verstolpert, verstochert oder verpasst.
Und es hätte sogar schlimmer kommen können. Die Balltreter aus der eigentlichen Geburtsstadt des deutschen Fußballs – immerhin hatte vor 121 Jahren Walther Bensemann einen Lederball aus der Schweiz nach Karlsruhe eingeführt und später die ersten Fußball-Länderspiele organisiert – waren stets gefährlich. Schnelle Konter noch in den letzten Spielminuten brachten immer wieder Gefahr für das Tor der eisernen Hausherren. Das spürte auch deren Trainer Uwe Neuhaus: „Jeder war bemüht, das Spiel für uns zu entscheiden. Doch je länger das Spiel lief, desto größer wurde die Angst um einen weiteren Gegentreffer.“ Karlsruhes Trainer Markus Schupp sah das ähnlich: „Union besaß gute Gelegenheiten zum 2:1. Wir hätten unsere Konterchancen besser ausspielen müssen. Ich denke, dass es ein leistungsgerechtes Unentschieden war.“
Mit dem Remis haben die Unioner zumindest den Abstand von zwei Punkten gegenüber dem KSC gewahrt. Und der eine Punkt ist noch ein kleiner Schritt in Richtung Klassenerhalt. Während sich die Berliner in der Hinrunde ein ordentliches Punktepolster geschaffen haben, scheinen sie nun weiter mit einer Eichhörnchentaktik den Klassenerhalt zu sichern. Das Restprogramm von Union ist nicht leicht. Da warten Lautern, Pauli, Bielefeld, Cottbus und 1860 München auf den Zweitliganeuling. Aber vielleicht hilft nun die Aussenseiterrolle den Männern aus der Wuhlheide, die eine oder andere Überraschung zu liefern.