„Klavierspielerin des Jahres“ – Agnes Krumwiede, Pianistin, Bundestagsabgeordnete und kulturpolitische Sprecherin der Grünen erhält die Auszeichnung auf der Musikmesse in Frankfurt

Agnes Krumwiede

Und daß sie so gut redet, die 1977 in Neuburg a. d. Donau geborene Fachfrau, das führen nun wiederum die Gekommenen auf ihre politische Funktion und Erfahrung in der Öffentlichkeit zurück. Denn heute läßt Agnes Krumwiede als Sprecherin für Kulturpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen keinen Zweifel daran, daß die reiche Bundesrepublik, die Bundesländer und die Kommunen zu wenig tun, um das Grundrecht auf Teilhabe an der musikalischen Kultur der Gesellschaft schon in frühen Jahren zu stabilisieren. Was heißt zu wenig. Fast gar nicht. Denn trotz der Musikschulen gelingt es immer noch nicht, auch den Kindern, die – wie es heißt – aus bildungsfernen Schichten stammen, Möglichkeiten zum Selberspielen durch Erlernen eines Instruments zu geben, ganz abgesehen davon, daß es an den Schulen zu wenig Fachpersonal gibt und es der Musikunterricht ist, der als erster ausfällt, wenn Lehrer fehlen. Wo auch immer in deutschen Landen, es herrscht ein Desaster, was um so widersprüchlicher ist, als die Bundesrepublik Deutschland im Ausland noch immer als Musiknation und Hort der Musik angesehen wird, einfach, weil so viel hervorragende Komponisten diesen Ruf legten, den Solisten festigten und der einhergeht mit ausgezeichneten Musikhochschulen, die aus aller Welt die Musikstudenten anzieht, während das Fundament hierzulande austrocknet.

Wie schwer die Position von Agnes Krumwiede als Motivator für musikalische Erziehung und kreative Beherrschung von Instrumenten ist, kann man schon im Allgemeinen ermessen, wie schwer es allerdings erst recht ist, solche Positionen im Bereich der Grünen durchzusetzen, bedarf einer eigenen Erklärung. Denn so negativ ist unsere Erfahrung, wann auch immer wir seit Jahrzehnten im damaligen Alternativbereich für Kultur unterwegs waren, ja für diese warben. Die nun Ausgezeichnete ist ein wundervolles Gegenbeispiel. Sie hatte schon mit zwei Jahren ihren ersten Musikunterricht erhalten und mit 5-6 Jahren ihre erste Klavierstunde. Die war prägend und sie übte und übte, spielte und spielte, bis die den ersten Preis bei „Jugend musiziert“ erhielt, dem weitere folgten. Konsequent also, daß sie schon mit 16 Jahren ihre ersten Klavierschüler unterrichtete, was sie auch persönlich weiterbrachte, denn jeder Lehrende weiß, daß er kaum so viel lernt wie beim Lehren.

Folgerichtig auch, daß sie nach dem Abitur Klavier studierte, bei Professor Erich Appel an der Musikhochschule Würzburg, wo sie im Jahr 2005 ihr „Konzertdiplom“ erhielt, also ausgebildete Konzertpianistin ist. Im Jahr 2008 gründete sie dann ihre eigene Klavierschule in Ingolstadt. Damals war sie, Grüne seit 2001, schon längst als Gründungsmitglied der „Grünen Jugend“ in Ingolstadt politisch hervorgetreten, dort 2002 Kandidatin für den Stadtrat Ingolstadt und 2003 ebenso für den Bayerischen Landtag. Seit der letzen Wahl 2009 ist sie nunmehr Mitglied des deutschen Bundestages und kulturpolitische Sprecherin der Grünen. „Als solche setzt sie sich massiv dafür ein, daß gerade junge Menschen einen Zugang zur Kultur bekommen, denen dies durch ihr Elternhaus nicht ermöglicht ist.“

An dieser Stelle treffen sich die Interessen des Klavierverbandes und der von ihm nun ausgezeichneten Klavierspielerin des Jahres. Denn dieser äußert: „Daß sich das Musizieren positiv auf das Sozialverhalten und die Intelligenz von Menschen auswirkt haben inzwischen einschlägige Langzeitstudien bewiesen. Der BVK bietet mit dieser Auszeichnung Persönlichkeiten, die das Klavierspiel propagieren, ein Podium, damit sich der Gedanke des aktiven Musizierens weiter ausbreitet. Gerade in Zeiten knapper Haushaltsmittel und damit zurückgehendem Musikunterricht an allgemeinbildenden Schulen ist es wichtig, daß Menschen, die in der Öffentlichkeit stehen, sich für das Erlernen und Spielen von Instrumenten stark machen. Dabei übernehmen diese Persönlichkeiten häufig Vorbildfunktion für junge Menschen.“

Bei Agnes Krumwiede ist dies bestimmt der Fall, denn sie tritt politisch so unverbraucht auf, daß ihr einfach mehr Menschen zuhören und wenn sie dann noch die Tasten bedient, hat jedes gesprochene Wort eine noch höhere Berechtigung. Ihr Preisgeld in Höhe von 2 500 Euro wird sie an den vor ihr initiierten Verein „Künstler an die Schulen e.V.“ in Ingolstadt weitergeben. Dieser Verein will regelmäßig Kulturveranstaltungen an Schulen organisieren, zu denen auch Öffentlichkeit und Presse geladen werden. Dies nun wiederum soll der Anregungen und der Verbreitung schulinterner künstlerischer Aktivitäten dienen. Eigentlich liegt dies genau im Zentrum gegenwärtiger Bildungsziele, die nicht allein dem kognitiven Wissenserwerb gelten, sondern den Menschen allgemein bilden wollen. Das ’eigentlich` bezieht sich darauf, daß dies schon seit Jahrzehnten, ja Jahrhunderten als Zielsetzung gilt, ohne daß Politik und Gesellschaft dies konsequent betreiben.

Da diese humanistische Forderung inzwischen aus dem Schattendasein, daß Kultur nachgewiesenermaßen einen positiven Einfluß auf das Selbstbewußtsein und die Persönlichkeitsentwicklung habe, herausgetreten ist und sogar Hirnforscher bestätigen, daß über die Teilnahme an künstlerischen Aktivitäten bei Kindern und Jugendlichen sich auch deren geistige Fähigkeiten – sprich kognitive Leitungen – verbessern lassen, ist ein erneuter Appell durchaus angebracht, den Agnes Krumwiede vorbrachte: „Emotionale Erlebniswelten jenseits des Computers müssen erhalten werden! An den Schulen muß es mehr kulturelle Bildung geben!“

Den Fachbesuchern und denen am Publikumstag sei dringend empfohlen, im Forum die Klavierhersteller zu besuchen. Dort reizt nicht nur die Schönheit der ausgestellten Instrumente, die in Deutschland hergestellt, immer noch führend in der Welt sind, wobei die Flügel immer den ersten Platz in unseren Sehnerven einnehmen. Geradezu anrührend ist es dann, zu hören und zu sehen, wie sich Klavierenthusiasten an die Instrumente setzen, den von ihnen erzeugten Klängen hinterherlauschen, eine derartige Konzentration entwickeln, daß sie fast autistisch wirken, wäre da nicht die Verbundenheit mit dem Instrument, eine außerordentlich sinnliche Erfahrung, die der Betrachter mit dem verschiedenartigen, aber nicht dissonanten Klavierspielen machen kann und sicher zum Nachmachen anregend.

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