„Swexit“ fand nicht statt

Flagge der Schweiz.
Flagge der Schweizer Eidgenossenschaft. Quelle: Pixabay

Berlin, Deutschland (Weltexpress). Es war natürlich eine englische Zeitung – der „Independent“ – der im Vorfeld zur schweizerischen Volksabstimmung vom letzten Sonntag den Begriff „Swexit“, analog zum Brexit prägte. Nun, die Schweiz war, im Gegensatz zu Großbritannien, nie EU-Mitglied und deshalb stand am letzten Wochenende auch kein Austritt aus diesem Verein zur Diskussion. Allerdings doch fast: Hätten die Schweizer Wähler die „Begrenzungsinitiative“ (BGI) der Schweizerischen Volkspartei SVP angenommen und die Personenfreizügigkeit gegenüber der EU beendet, so hätte dies für das Verhältnis Schweiz-EU dramatische Folgen gehabt. Die sogenannte Guillotine hätte zugleich die während 20 Jahren zwischen Bern und Brüssel mühevoll ausgehandelten Bilateralen Abkommen über Handel, Verkehr und Forschung gekappt. Kein Wunder bemerkte die Schweizer Justizministerin Karin Keller-Sutter, eine Annahme der Initiative wäre für ihr Land „schlimmer als Brexit“ gewesen.

Das war den Wählern offenbar sehr bewusst – sie verwarfen die SVP-Initiative „wuchtig“, wie man hier zu sagen pflegt: Mit deutlichen 61,7 Prozent. Nur in vier der 26 Kantone fand sich eine Mehrheit für die Vorlage. Die Wähler haben der SVP, immerhin größte Partei des Landes, die schwerste Niederlage seit der Abwahl ihres „Volkstribuns“ Christoph Blocher aus der Regierung im Jahr 2007 zugefügt – und dies bei den Kernthemen der SVP: Zuwanderung und Verhältnis zur EU. Die Schweiz, stellen Analytiker fest, befinde sich in einem gesellschaftspolitischen Aufbruch. Nach dominierenden Rechtstendenzen zeige sich jetzt zunehmend ein linksliberaler Trend.

Die Eidgenossen haben zum fünften Mal an der Urne für Personenfreizügigkeit votiert und damit ein markantes Zeichen der Verbundenheit mit Europa gesetzt. Gerade in diesen Covid-Krisenzeiten wollten sie nicht die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner gefährden: 60 Prozent der Exporte gehen in die EU, mehr als eine halbe Million Schweizer lebt und arbeitet in der EU, 1,4 Millionen EU-Bürger umgekehrt in der Schweiz – viele von ihnen im Gesundheitswesen. Die Schweizer Stimmbürger haben mehrheitlich auf Vernunft und nicht Emotionen gehört – welche die SVP-Propaganda zu schüren versuchte: Diese sprach von unkontrollierter und maßloser Einwanderung, welche die Wohnungspreise in die Höhe treibe, die öffentlichen Verkehrsmittel überlaste und die Sozialeinrichtungen überfordere. SVP-Plakate zeigten eine beleibte Person mit blauer Hose und EU-Sternchengurt, die es sich auf einem Relief der Schweiz bequem macht, welches unter dem Gewicht zerspringt: „Zu viel ist zu viel!“ lautete der Slogan. Tatsache ist: Zwar sind rund ein Viertel der 8,6 Einwohner Ausländer, doch die Netto-Einwanderung in die Schweiz ist seit Jahren rückläufig.

Anmerkung:

Das Zitat lautet: „Die Schweizer haben ein Zeichen der Verbundenheit mit Europa gesetzt.“

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