Was der erfolglose Geschichtenschreiber Sun-Woo und mit ihm der Zuschauer erleidet, nennt sich populär-psychologisch Midlife-Crisis. Mit seinen neunundzwanzig Jahren ist Sun-Woo zwar eher jung dafür, doch da die Pubertät bei Kindern auch immer früher beginnt, passt es, dass die Midlife-Crisis einen schon nach dem ersten Drittel des Lebens heimsucht. „Ich hätte im Bett bleiben sollen!“, denkt der Geplagte laut vor sich hin. Wer kennt solch gewichtige Reuegefühle nicht, wenn er sich morgens zur Arbeit schleppt? Zum Glück hat Sun-Woos Kumpel Verständnis für das Leid seines Freundes: „Ich weiß, du fühlst dich nicht wie ein Sonnenschein.“ In der Tat, daher lässt der Endzwanziger sich ziellos durch sein ereignisloses Leben treiben. Seine Freundin Yuna kann das kaum noch ertragen: „Du bist nicht mehr der Mann, den ich geliebt habe.“ Solche Klischeesätze lassen auch betont lockere Komödie wie „I ´m in Trouble“ verkrampft wirken. Wenn er nicht isst oder schläft, besäuft Sun-woo sich planlos. In diesem Zustand schimpft er auf all diese Idioten, die täglich zur Arbeit gehen und taumelt schon mal nackt aus dem Schwimmbad. Zum Spott der anderen Badegäste: „Guckt euch den Psycho an! Der muss total betrunken sein.“ Das ist er. Aber wieso gucken? So aufregend sind betrunkene junge Kerle nicht. Sun-Woos Erlebnisse enden meist peinlich. Interessanter werden sie dadurch nicht.
Da einer der Badegäste den Nacktauftritt mit der Handykamera filmt, steht am nächsten Tag sicher alles bei YouTube. Apropos YouTube: Wie ein überlanger Clip auf der Internetplattform nimmt sich „I ´m in Trouble“ visuell aus. Das begrenzte Budget sieht man der lauen Komödie schmerzlich an. Seine eingeschränkten finanziellen Mittel für einen authentischen, ungefilterten Blick auf die Probleme junger Erwachsener zu nutzen, vermag der Regisseur nicht. Selbst ein unaufgeräumter Couchtisch sieht in „I ´m in Trouble“ wie ein Requisit aus einem Amateurfilmprojekt aus. Erniedrigend ist die sich mit leidlich witzigen Dialogen in die Länge ziehende Komödie im doppelten Sinne: für den Hauptprotagonisten und den Filmemacher. „I ´m in Trouble“ fühlt sich an wie eine jener typischen Teenie-Klamotten, nur dass So Sang-mins Werk statt in den USA oder Deutschland in Japan spielt. Hat man das Spielfilmdebüt des Regisseurs gesehen, denkt man über ihn ähnlich, wie Sun-Woos Freundin Yuna über ihren Noch-Partner: „Ich habe keine Erwartungen mehr an dich.“ – „Dann kannst du ja nicht enttäuscht werden.“, entgegnet ihr der Möchtegern-Schriftsteller. Alles immer schön positiv sehen. Angesichts der Unreife ihres Freundes fasst sich nicht nur Yuna genervt an den Kopf. „Hast du etwas gegen mich?“, fragt Sun-Woo begriffsstutzig. Ja, verdammt. Der vermeintliche Held ist ein großes Kind, der sich aus Gier nach Aufmerksamkeit in eine Identitätskrise steigert. Seine permanenten Entschuldigen sind Ausdruck seiner Bequemlichkeit: so viel einfacher, ständig „Tut mir Leid“ vor sich her zu beten, als dauerhaft sein Verhalten zu ändern.
Mit jener Verhaltensänderung, welche im Zentrum der Handlung stehen soll, lässt sich „I ´m in Trouble“ so lange Zeit, dass man darüber das Interesse an den Figuren verliert. Zu Anteilnahme gegenüber seinen Mitmenschen ist Sun-Woo unfähig: „Ich möchte weinen, aber die Tränen wollen nicht fließen.“ Ähnlich fühlt auch der Zuschauer. Womöglich versteht sich „I ´m in Trouble“ daher als Komödie: Lach doch, wenn ´s nicht zum Heulen reicht. „Kann ich jetzt gehen?“, fragt Yuna, als sie ihren kindischen Freund nicht mehr erträgt. Die meisten Zuschauer haben das schon längst getan.
Originaltitel: Na-neun gon-kyeung-e cheo-haet-da!
Englischer Titel: I ´m in Trouble
Berlinale Forum
Land/Jahr: Republik Korea 2009
Genre: Komödie
Regie und Drehbuch: So Sang-min
Darsteller: Min Sung-woook, Lee Seung-jun, Jeong Ji-yeon
Laufzeit: 98 Minuten
Bewertung: *