Berlin, Deutschland (Weltexpress). Vor wenigen Monaten noch lief bei „Arte“ ein interessanter Beitrag über die Entwicklung der Bank HSBC. In dem Beitrag wurde für die größte Bank der Welt auf die Spitze getrieben, wie der Einfluss Beijings über die Bank auf die britische Politik zu bewerten sei. Das klang alles unerschütterlich.
Wenn man vor diesem Hintergrund die „Eiertanz-Politik“ des britischen Premiers Boris Johnson in diesem Jahr in Sachen Huawei betrachtet, dann bekommt man eine vage Vorstellung davon, was ein Erdbeben und der folgende Tsunami so alles verschieben und in Bewegung setzen können. Wenn man dazu die Mustervorlagen für amerikanische Kriege oder Drohung mit denselben in den Jahren seit dem Jugoslawienkrieg 1999 oder gar seit dem Maine-Vorfall im Hafen von Havanna 1898 vor Augen hält, kann man eines sagen: die Welt war zunehmend ungemütlich, jetzt wird es noch schlimmer. Die Five-Eyes-Kohorte aus USA, England, Kanada, Australien und Neuseeland zieht gegen China erkennbar blank.
Dabei hat London die Unverfrorenheit, die EU-Europäer mit der Überlegung anzubaggern, sich der britischen Haltung gegen China anzuschließen. Eines muss man allerdings sagen: Was Nordstream 2 für die Deutschen ist Huawei für die Briten. So sehen Staaten aus, die am Nasenring aus Washington durch die weltpolitische Arena gezogen werden.
Die kriegstreibenden Medienhäuser werden uns schon im Sommer mit den Meldungen aus dem Riesenreich China kommen, die die üblichen Verdächtigen aus dem Deutschen Bundestag (und nicht nur die) zu baldigen Aktionen gegen China die Trommeln werden schlagen lassen. Das eingespielte Team anti-russischer Hetze wird sich bestimmt gegen China ebenfalls in Bewegung setzen lassen. Das sollte niemanden überraschen.
Als mit Fanfaren die weltverändernden Planungen zu „one road, one belt“ im Billionen-Bereich umgesetzt wurden, war das eine Herausforderung der Luxusklasse für bestehende globale Machverhältnisse. Anschläge in Schlüsselregionen für die „Seidenstraße“ ließen deutlich werden, was da auf uns zukommen sollte. Gigantische Explosionsunglücke in China, die plötzliche Sorge um eine Bevölkerungsgruppe in China und letztlich die Unruhen in Hongkong machten deutlich, auf was wir uns global zubewegen. Jetzt kann man bis hin zum Südchinesischen Meer hingehen, diese Krisenfälle bis zur Ursachen- und Lösungsforschung durchzudeklinieren. Das bringt alles nichts und lenkt nur vom Spaziergang mit dem Hund ab.
Die Kampflage war klar, als nach der deutschen Einheit und dem Zerfall der Sowjetunion der kasachische Staatspräsident Naserbajev hinging, die Spannungsregion Asien mit einem für Europa entlehnten Konferenzmodell einer „Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Asien“ zu befrieden. Die USA, die den Erfolg von Helsinki 1975 wesentlich für sich reklamieren können, unternahmen alles, den Plan von Präsident Naserbajev scheitern zu lassen. Das gelang nicht, wie heute die „Shanghai-Gruppe“ zeigt.
Fraglich dürfte allerdings sein, ob bei der deutlichen Konfrontationslage zwischen der angelsächsischen Welt und China die „Shanghai-Gruppe“ eine Überlebenschance hat. Für uns Europäer liegen die Konsequenzen auf der Hand: der Zusammenbruch der Sowjetunion und das Ende des Kalten Krieges verliefen friedlich, trotz unglaublicher Probleme. Wenn der Prozess, der in Europa ablief, konfrontativ das westliche China ergreift, wird an friedlicher Konfliktlösung nicht zu denken sein. Jüngst noch wies ein ehemaliger hoher Offizier der Bundeswehr und exzellenter Kenner der Großregion Zentralasien/westliches China darauf hin, dass die Uiguren eben nicht nur durch hohe Gebirge von ihren Brüdern und Schwestern in Zentralasien getrennt sein würden.
In sowjetischen Zeiten war der Name der Eisenbahn-Grenzstation China/heutiges Kasachstan „Friede“. Das dürfte das Letzte sein, an was wir denken sollten. Es spricht vieles dafür, bei der „Seidenstraße“ zwischen Shanghai und Duisburg die Erfahrung mit der Burmastraße aus dem Weltkrieg in Asien heranzuziehen. Es scheint nicht ohne Grund gewesen zu sein, dass der russische Präsident Putin auf den 3. September 2020 die Erinnerung an das eigentliche Kriegsende im Zweiten Weltkrieg besonders hingewiesen hat.