Berlin, Deutschland (Weltexpress). Der gute alte Sachsenring! Was spielte sich auf dem Asphalt bei Hohenstein-Ernstthal in den 93 Jahren des Bestehens der Rennstrecke schon alles für spektakuläre Szenen im Motor- und im Radsport ab?!
Erinnert sei nur an den WM-Triumph des leider schon verstorbenen, zähen Bernhard Eckstein, der in Zusammenarbeit mit Titelverteidiger Gustav-Adolf „Täve“ Schur vor genau 60 Jahren den Belgier Willy Vandenberghen verlud und so den Titel für die DDR sicherten. Auf dem alten 8,7 Kilometer langen Rundkurs hechelte der Geraer Jens Heppner (55) 1990 zum letzten DDR- Meistertitel der Straßen-Bolzer.
Als im vergangenen Jahr Not am Mann war und sich kein Veranstalter für die Deutsche Straßenradmeisterschaft fand, sprang Organisator Dietmar Lohr (61) mit seinen Helfern ein und rettete die Meisterschaft. Mit dem Sieg des Berliners Maximilian Schachmann (26) vom Team Bora-hansgrohe festigte der Profi auf dem jetzt 3,6 Kilometer langen Ring seinen Ruf als Mann der Zukunft.
Erneut für Aufsehen sorgten die Radsport-Organisatoren vom Sachsenring am vergangenen Pfingstsonntag. Zum ersten Mal nach dem 14. März wagten Dietmar Lohr und seine Helfer, ein Radrennen in der Corona-Krise zu veranstalten. „Wir hatten alles mit den Behörden und dem BDR genau abgestimmt. 130 Fahrer hatten gemeldet, 52 erfüllten die Hygiene-Anforderungen und 40 Fahrer durften am Ende starten. Zuschauer hatten keinen Zutritt“, erklärte Dietmar Lohr. Am Ende gewann der Epstorfer Tobias Nolde vom Thüringer Continental-Team „P und S Metalltechnik“ vor seinem Team-Kameraden Immanuel Stark (Ismaningen) und Henrik Pakalski vom Rad-Net-Rose-Team. Richard Banusch vom LKT Team Brandenburg verpasste als Vierter knapp das Podest.
Aber das Ergebnis ist fast unwichtig, viel interessanter ist das Rennen an sich. LKT-Team-Leiter Paul Voss zeigte sich jedenfalls äußerst zufrieden, denn nach langen Wochen Pause fand endlich wieder einmal ein Rennen statt. Da atmete auch Günter Schabel, Rennsport-Verantwortlicher im BDR, auf: „Das erste Radrennen in Deutschland, ein kleiner Hoffnungsschimmer. Ob schon bald weitere Veranstaltungen folgen werden, steht aber noch längst nicht fest. Wir sind in regem Austausch mit verschiedenen Gremien.“
„Auf dem abgeschlossenen Privatgelände am Sachsenring lassen sich Rennen ohne Zuschauer gut durchführen. Zuschauer wären zwar besser, aber wenn das im Moment nicht geht, muss man andere Wege finden wie dieses Rennen am Pfingstsonntag. Meine Rennfahrer und ich haben uns sehr gefreut, dass wir endlich wieder loslegen konnten. Unser letztes Rennen bestritten wir am 11. März in Kroatien“, meint Lars Wackernagel (44) Manager beim Team „P und S Metalltechnik“. Der Ex-Profi vom Team Wiesenhof bemüht sich seit Jahren immer wieder Profiteams ins Rollen zu bringen.
Mit einiger Genugtuung verfolgte auch Straßenrad-U23-Bundestrainer Ralf Grabsch (47) das Rennen auf dem Traditionskurs. „Wir benötigen Rennen, auch wenn es keine optimalen Voraussetzungen gibt, so sind dennoch Rennen wichtig, denn wenn ab 1. August wieder Veranstaltungen möglich sind, soll auch die WM stattfinden und dort wollen wir nicht nur bei den Profis sondern auch bei der U23 mit einem starken Team antreten“, gibt Grabsch Auskunft.
Dietmar Lohr ist übrigens bereits wieder am Planen, denn am 30. August soll auf dem Sachsenring der nächste Renntag steigen, „dann aber nicht nur für die Männer sondern für die Altersklassen von der U13 bis zur U19 und auch für die Frauen“, hofft Lohr.
Wie die Radsportfans im radverrückten Deutschland nach Rennen lechzen, lässt sich aus den Zuschauerzahlen beim MDR ablesen, denn immerhin verfolgten 1,4 Millionen Zuschauer den Radsport-Beitrag. Außerdem übernahmen zahlreichen Ländern Europas Video-Ausschnitte vom Sachsenring. „Mehr geht nicht für einen Rennen mit lediglich Continental-Team“, freut sich Lohr.
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