Aus unserer Filmkritik bringen wir die Einführungspassagen, weil dieser Film tatsächlich einige Besonderheiten hat, die Deutschland mehr als andere Hollywoodfilme tangieren.
„Tarantino spielt Hitler das Lied vom Tod
Ein heißer Danse Macabre zwischen Brad Pitt und Christoph Waltz: Inglourious Basterds
Nicht vorzustellen, diesen Film hätte ein Deutscher gedreht. Ein Protestschrei wäre durch die ganze Welt gegangen, erst recht durch Deutschland. Mit recht. Ein Ami dagegen darf das. Auch zu recht. Quentin Tarantino hat einen so ungewöhnlichen wie skandalösen, einen so lustigen wie traurigen, einen so scharfen wie sanften, einen so geschichtslosen wie im Kern wahren Film gedreht, den keiner vergessen wird, der „Inglourious Basterds“ gesehen hat. Und am Schluß schickt Tarantino uns auf dem Heimweg mit der Erkenntnis, es ist das Kino, das siegt und als Gewinner des 2. Weltkrieges in die Geschichte eingeht, das Kino siegt, besiegt die Nazis wie auch ihre Gegner, die mit historischem Abstand – und dem in Metern vom Zuschauer zur Filmleinwand im Kino – betrachtet sowieso alle eins sind: Buben eben, böse Buben, die ihre Bubenspiele treiben, je nachdem in welchem Kriegslager sie gelandet sind. Den Männlichkeits- und Heldenwahn der Kriegsspieler im Zweiten Weltkrieg hat vor Tarantino nur einer so auf den Bubenpunkt gebracht: Jonathan Littell mit „Die Wohlgesinnten“, wo der schwule SS-Offizier Maximilian Aue die männlichen Militärrituale durchexerziert. Ein wunderbares Buch, auf Deutsch 2008 erschienen, das zwar 2006 den französischen Prix Goncourt erhielt, von der deutschen Literaturkritik aber pikiert nur mit spitzen Fingern zerrissen wurde. Das wäre interessant zu untersuchen, weshalb Tarantino hierzulande ungeschoren davonkommt? Sind deutsche Filmkritiker per se liberaler, haben sie weniger die Oberhoheit über die deutsche Geschichte gepachtet als deutsche Literaturkritiker oder trauen Sie sich nicht, einen hochgehandelten Namen aus der Filmwelt zu attackieren?
Das ist erst einmal frech gefragt, aber wir sind ja einverstanden mit den guten Filmkritiken allerorten und wären die letzten, die hier eine Attacke reiten wollten. Wir würden höchsten Tarantino geraten haben, so einen schwulen hochintelligenten SS-Offizier auch noch ins Nazi-Personal hineinzuschmuggeln, damit auch diese Seite noch bunter ist, als die Allgegenwart des Nazi-Obersten Hans Landa allein schon ist, den Christoph Waltz wortwörtlich ’verkörpert’. Nehmen wir uns selbst beim Wort, dann finden wir, daß eigentlich das Spiel des Christoph Waltz als allgegenwärtiger Verführer, der sich am Schluß noch selbst verführt, für einen sehr guten Film schon ausgereicht hätte und alles andere nur Beiwerk ist. So aber können wir konstatieren, daß Tarantino ein Film gelungen ist, der in einem Film gleich mehrere versteckt hält, die alle ihresgleichen suchen und im eigenen Kopf nach dem Filmbesuch Platz nehmen und dort ihre Geschichten weiterspinnen. Hier geht es nämlich auch ums Spinnen und das nicht wenig.“
Seit dem 14. Januar ist INGLOURIOUS BASTERDS auf DVD und Blu-ray erhältlich.